BERLIN (dpa) — Der Frühling ist da. Und mit ihm die Mücken. Sie sind klein und nerven, können aber auch poten­zi­ell tödli­che Krank­hei­ten übertra­gen. Wie gefähr­lich sind die Insek­ten wirklich — jetzt und in Zukunft?

Sie wachsen in Wasser­re­ser­voirs in Garten­ko­lo­nien, in alten Autorei­fen, auf Fried­hö­fen und auch im Garten­teich heran: Stech­mü­cken. Weltweit gibt es etwa 3500 Arten, hierzu­lan­de rund 50.

Meist werden die Insek­ten vor allem als lästig empfun­den. Wegen der von ihnen übertra­ge­nen Krank­hei­ten gelten sie aber auch als gefähr­lichs­te Tiere der Welt.

Wie bedroh­lich sind Stech­mü­cken weltweit?

Schon lange sind Stech­mü­cken als Überträ­ger poten­zi­ell tödli­cher Krank­hei­ten bekannt. Exper­ten zufol­ge kosten sie im Zuge der übertra­ge­nen Infek­tio­nen jährlich rund 750.000 Menschen auf der Erde das Leben. Sie sind nicht per se mit gefähr­li­chen Erregern infiziert, sondern nehmen diese während des Blutsaugens bei infizier­ten Tieren oder Menschen auf und geben sie weiter.

Wie sieht es in Deutsch­land aus?

Derzeit ist das Risiko, hierzu­lan­de von einer Mücke mit einem gefähr­li­chen Virus infiziert zu werden, noch sehr gering. Im Jahr 2019 erfass­te das Robert Koch-Insti­tut (RKI) erstmals fünf Infek­tio­nen mit dem ursprüng­lich aus Afrika stammen­den West-Nil-Virus bei Menschen in Deutsch­land, die auf eine Übertra­gung durch hier heimi­sche Mücken zurück­gin­gen. Im vergan­ge­nen Jahr regis­trier­te das RKI 20 solche Erkran­kun­gen, darun­ter einen Todes­fall. Da nur etwa ein Prozent der Infek­tio­nen zu solchen schwe­ren neuro­in­va­si­ven Erkran­kun­gen führen, ist aller­dings von Hunder­ten weite­ren, wegen ihres leich­ten Verlaufs nicht erkann­ten und damit auch nicht erfass­ten Infek­tio­nen auszugehen.

Bei in Deutsch­land heimi­schen Mücken wurden den Exper­ten zufol­ge auch schon Erreger wie Usutu‑, Sindbis- und Batai-Virus gefun­den. Diese verur­sa­chen bei Menschen aller­dings nur milde Symptome.

Welche Entwick­lung ist künftig zu erwarten?

Im Zuge der Klima-Krise drohen auch Deutsch­land ganz neue Erkran­kungs­wel­len. Heimi­sche Arten werden immer häufi­ger gefähr­li­che Erreger wie das West-Nil-Virus übertra­gen, erwar­ten Exper­ten. Die Erder­wär­mung begüns­tigt diese Entwick­lung, weil sich solche tropi­schen Erreger umso schnel­ler in der Mücke vermeh­ren, je wärmer es ist — die Gefahr einer Übertra­gung wächst also. Das West-Nil-Virus etwa könnte schon recht bald auch in Deutsch­land größe­re saiso­na­le Erkran­kungs­wel­len verur­sa­chen. Bei einem heißen Sommer könne die Zahl erfass­ter Fälle von West-Nil-Fieber schon in diesem Jahr erheb­lich sein, befürch­ten Experten.

Fälle von Krank­hei­ten wie Chikun­gu­nya, Dengue und Malaria traten zuletzt vermehrt in Südeu­ro­pa auf, auch Zika-Fälle gab es schon mehrfach — franzö­si­sche Behör­den etwa hatten im Oktober 2019 zwei erste durch Mücken in Europa übertra­ge­ne Zika-Virus-Infek­tio­nen gemel­det. Diese Krank­hei­ten werden von nicht hier heimi­schen Arten übertra­gen, die sich im Zuge des Klima­wan­dels aber verstärkt in Europa und auch in Deutsch­land ausbreiten.

Zika zum Beispiel wird von Aedes-Mücken übertra­gen, zu denen die Asiati­sche Tiger­mü­cke (Aedes albopic­tus) und als Haupt­über­trä­ger die Gelbfie­ber­mü­cke (Aedes aegyp­ti) gehören. Gelbfie­ber­mü­cken gibt es bisher europa­weit wohl fast nur auf Madei­ra und östlich des Schwar­zen Meeres. Tiger­mü­cken hinge­gen haben einen sehr erfolg­rei­chen Zug gen Norden angetre­ten. In Itali­en gibt es sie überall, auch in Frank­reich, Griechen­land und Teilen Deutsch­lands breiten sich die weiß gestreif­ten Tiere aus.

Wie gefähr­lich sind solche zugewan­der­ten Mückenarten?

Schon ihr Name klingt bedroh­lich: Asiati­sche Tiger­mü­cke. Vor mehr als zehn Jahren wurden die ersten Exempla­re der tropi­schen Stech­mü­cke in Deutsch­land nachge­wie­sen. Der Kampf gegen eine unkon­trol­lier­te Verbrei­tung dürfte künftig zur Dauer­auf­ga­be werden. Auch die Asiati­sche und die Korea­ni­sche Busch­mü­cke werden Exper­ten zufol­ge wohl nicht mehr aus Deutsch­land zu vertrei­ben sein.

Doch werden mit der Ausbrei­tung solcher Arten auch tropi­sche Krank­hei­ten wie Zika, Chikun­gu­nya und Dengue Einzug halten? Für den Dengue-Erreger heißt es vom RKI, dass in Deutsch­land zwar regio­nal zumin­dest theore­tisch für dessen Verbrei­tung geeig­ne­te Mücken gefun­den wurden, die hiesi­gen klima­ti­schen Bedin­gun­gen seien jedoch für Übertra­gun­gen bisher wenig geeignet.

Nur bei Tempe­ra­tu­ren, die bei uns bisher selbst im Sommer eher selten erreicht werden, vermeh­ren sich solche tropi­schen Viren wirklich gut. Als Hotspots für mögli­che Ausbrü­che von Zika, Dengue und Chikun­gu­nya gelten — bisher noch — eher Itali­en, Südfrank­reich und Griechenland.

Dengue-Fälle gab es unter anderem in Südfrank­reich und Griechen­land schon, größe­re Chikun­gu­nya-Ausbrü­che in Itali­en. Dieses Virus ist Exper­ten zufol­ge wahrschein­lich auch das gefähr­lichs­te für Deutsch­land, weil es sich auch bei gemäßig­ten Tempe­ra­tu­ren gut in den Mücken vermeh­ren kann. Der Erreger verur­sacht langan­hal­ten­de Gelenk­be­schwer­den etwa in der Hand, die oft als rheuma­ti­sche Erkran­kung verkannt werden.

Was schützt am besten vor Mücken?

Exper­ten setzen auf konven­tio­nel­le Mittel: Lange, dichte Kleidung sowie Insek­ten­spray und ‑netze seien effek­ti­ve Mittel gegen die lästi­gen Plage­geis­ter. Wer im Haus oder Garten von den Insek­ten heimge­sucht wird, sollte Brutstät­ten austrock­nen oder abdecken. Dazu zählen etwa Regen­ton­nen, Vogel­trän­ken und Blumen­topf-Unter­set­zer. Einen vorbeu­gen­den medika­men­tö­sen Schutz gegen die Tiere oder die von ihnen übertra­ge­nen Krank­heits­er­re­ger gibt es nicht.

Und was hilft gegen das Jucken nach einem Mückenstich?

Bloß nicht kratzen. Das verlän­gert nicht nur den Heilungs­pro­zess, sondern kann Wissen­schaft­lern zufol­ge auch zu bakte­ri­el­len Infek­tio­nen führen. Exper­ten raten dazu, die Stich­wun­de mit einer alkoho­li­schen Lösung zu desin­fi­zie­ren. Kühlung oder punktu­el­le Hitze helfen den Juckreiz zu mindern.

Von Sebas­ti­an Kramer, dpa