STOCKHOLM (dpa) — Die Vogel­grip­pe erreicht in diesem Jahr ein bisher noch nicht gekann­tes Niveau. Die Krank­heit tritt auch nicht mehr nur saiso­nal, sondern ganzjäh­rig auf. Forscher sprechen bereits von einer Pandemie.

Nach Daten der EU-Gesund­heits­be­hör­de ECDC ist der jüngs­te Seuchen­zug der Vogel­grip­pe die schwers­te jemals regis­trier­te derar­ti­ge Epide­mie in Europa. Einem am Montag veröf­fent­lich­ten Bericht zufol­ge wurden während der Saison 2021/2022 fast 2500 Ausbrü­che in Geflü­gel­hal­tun­gen festge­stellt. 48 Millio­nen Tiere seien in den Haltun­gen gekeult worden.

Bei Wildvö­geln seien mehr als 3500 Fälle festge­stellt worden. Auch die geogra­fi­sche Ausdeh­nung des Ausbruchs sei einma­lig und erstre­cke sich von Spitz­ber­gen bis Portu­gal sowie bis in die Ukrai­ne. 37 europäi­sche Länder seien betrof­fen. Bei ander­wei­tig gehal­te­nen Tieren, etwa in Zoos, seien fast 190 Fälle regis­triert worden.

Schwe­re Erkran­kun­gen auch bei Menschen

Tier-Grippe­vi­ren können laut ECDC spora­disch zu Infek­tio­nen beim Menschen und zu milden bis hin zu schwe­ren Erkran­kun­gen führen. Die Viren hätten das Poten­zi­al, sich stark auf die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung auszu­wir­ken, wie Beispie­le aus der Vergan­gen­heit zeigten. Trotz der starken Ausbrei­tung und trotz Vogel­grip­pe-Infek­tio­nen bei Säuge­tie­ren habe es in den vergan­ge­nen Jahren im Europäi­schen Wirtschafts­raum jedoch keine Übertra­gung auf den Menschen gegeben.

Weltweit habe es nur eine kleine Anzahl ohne Sympto­me oder mit milden Verläu­fen gegeben. Deshalb befin­de sich das Risiko für die Bevöl­ke­rung auf niedri­gem Niveau, wenn auch etwas höher für Menschen, die berufs­be­dingt infizier­ten Vögeln ausge­setzt seien.

Die EU-Behör­de verwies auf die Bedeu­tung von Tests von Menschen mit Atemwegs­er­kran­kun­gen und kürzli­chem Kontakt mit mögli­cher­wei­se infizier­ten Tieren oder ungeklär­tem Ursprung. Es sei von größter Wichtig­keit, etwaige Übertra­gun­gen früh zu erkennen.

Kürzlich hatte der Leiter des Natio­na­len Referenz­la­bors für Aviäre Influ­en­za am Fried­rich-Loeff­ler-Insti­tut (FLI) bei Greifs­wald mit Blick auf die Vogel­grip­pe von einer ganz neuen Quali­tät gespro­chen. Ein Infek­ti­ons­ge­sche­hen mit dem Ausmaß wie im aktuel­len Sommer beobach­te man zum ersten Mal, sagte Timm Harder. Seien die Ausbrü­che in frühe­ren Jahren bedingt durch den Vogel­zug vor allem saiso­nal gewesen, träten sie jetzt ganzjäh­rig auf. Zudem sei auch ganz Nordame­ri­ka betrof­fen. Man könne von einer echten Pande­mie bei Wildvö­geln sprechen, sagte der Experte.