STUTTGART/MÜNCHEN (dpa) — Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder hat angekün­digt, dass seine Regie­rung in Zukunft auch Lehrer aus anderen Bundes­län­dern offen­siv abwer­ben will. Baden-Württem­bergs Bildungs­mi­nis­te­rin There­sa Schop­per ist darüber nicht erfreut. Das wieder­um wundert die Gewerkschaft.

Baden-Württem­berg reagiert verstimmt auf die Ankün­di­gung des bayeri­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Markus Söder, im Falle einer Wieder­wahl Lehrer aus anderen Bundes­län­dern abwer­ben zu wollen. «Bisher war es Konsens in der Kultus­mi­nis­ter­kon­fe­renz, dass wir einen fairen Wettbe­werb haben und uns nicht gegen­sei­tig die Lehrkräf­te abspens­tig machen oder große Abwer­bungs­kam­pa­gnen fahren», sagte Baden-Württem­bergs Kultus­mi­nis­te­rin There­sa Schop­per (Grüne) der «Südwest Presse» (Samstag).

Söder (CSU) hatte zuvor angekün­digt, dass Bayern auch Pädago­gen aus anderen Ländern abwer­ben wolle, um seinen eigenen Bedarf an Lehre­rin­nen und Lehrern zu decken. Dazu werde Bayern nicht nur deutlich machen, dass Lehrer dort zum Teil deutlich besser bezahlt würden als in anderen Ländern. Zudem kündig­te er an, ein Paket für Start- und Umzugs­hil­fe für wechsel­wil­li­ge Lehrer aufle­gen zu wollen.

Mit der Stral­sun­der Erklä­rung aus dem Jahr 2009 hatten sich die Bundes­län­der eigent­lich darauf geeinigt, auf das gegen­sei­ti­ge offen­si­ve Abwer­ben von Lehrkräf­ten zu verzich­ten. Statt­des­sen solle es unter ihnen «eine vertrau­ens­vol­le Abstim­mung vor allem bei der Rekru­tie­rung von Lehre­rin­nen und Lehrern» geben, die sich in einem «fairen Wettbe­werb» zeige.

Aus Sicht der Bildungs­ge­werk­schaft GEW ist Schop­pers Kritik an geplan­ten Abwer­be­ver­su­chen aller­dings «hilflos». «Die Kultus­mi­nis­te­rin sollte lieber dafür sorgen, dass Bildungs­po­li­tik in ihrer grün-schwar­zen Landes­re­gie­rung einen höheren Stellen­wert bekommt», bemän­gel­te die GEW-Landes­vor­sit­zen­de Monika Stein. Abwer­be­ver­su­che aus Bayern könne sie am besten verhin­dern, wenn Grund- und Haupt- oder Werkre­al­schul­lehr­kräf­te wie in zwölf anderen Bundes­län­dern nach der Besol­dungs­grup­pe A13 statt A12 bezahlt würden. «Niemand versteht, warum eine Lehrkraft in einem Klassen­zim­mer einer Grund­schu­le im Neu-Ulm demnächst 400 bis 500 Euro mehr monat­lich verdient als ihre Kolle­gin in Ulm», sagte Stein am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

Die GEW-Vorsit­zen­de rechnet damit, dass Lehren­de gerade in den vielen Grenz­re­gio­nen nach Bayern und Hessen abwan­dern werden, wenn dort eine höhere Bezah­lung garan­tiert wird. Außer­dem seien die Arbeits­be­din­gun­gen in den baden-württem­ber­gi­schen Grund­schu­len im Vergleich meist schlech­ter, sagte Stein und verwies unter anderem auf das Verhält­nis von Schülern zu Lehrkräf­ten und auf die nicht ausrei­chend ausge­stat­te­te ständi­ge Vertretungsreserve.

Unter­stüt­zung für seinen Vorschlag erhielt Minis­ter­prä­si­dent Söder vom Vorsit­zen­den des Ausschus­ses für Bildung und Kultus im bayeri­schen Landtag, Tobias Gotthardt (Freie Wähler). Jenseits aller Abspra­chen würden viele Bundes­län­der in den grenzen­los abruf­ba­ren sozia­len Medien «teils massiv» um Lehrkräf­te für ihren Stand­ort werben, sagte er. «Allen voran Mecklen­burg-Vorpom­mern seit 2014, aber auch Sachsen, NRW, Baden-Württem­berg, Thürin­gen und andere.»

Baden-Württem­berg ist gerade­zu drama­tisch auf der Suche nach Lehrkräf­ten. Die bereits angespann­te Lage wird sich in den kommen­den Jahren weiter verschär­fen. Das Land rechne­te im vergan­ge­nen Herbst mit einer Lücke von etwa 5000 fehlen­den Lehrkräf­ten bis 2035. Eine im Oktober veröf­fent­lich­te Analy­se im Auftrag der Bildungs­ge­werk­schaft GEW geht dagegen bis dahin von fast 17.000 fehlen­den Lehre­rin­nen und Lehrern aus.