BERLIN (dpa) — Die Delta-Varian­te des Corona­vi­rus macht der Politik und Exper­tin­nen und Exper­ten zuneh­mend Sorgen. Minis­ter Spahn und RKI-Chef Wieler riefen nun erneut zur Vorsicht auf.

Das Robert Koch-Insti­tut (RKI) geht in der Corona­vi­rus-Pande­mie von einem Wieder­an­stieg der Inziden­zen hierzu­lan­de durch die Delta-Varian­te aus.

Delta sei noch anste­cken­der als Alpha, sagt RKI-Präsi­dent Lothar Wieler. «Delta verbrei­tet sich also noch schnel­ler, vor allem natür­lich in der ungeimpf­ten Bevöl­ke­rung. Daher müssen wir damit rechnen, dass künftig auch die Fallzah­len wieder steigen werden.»

Im Moment lägen die bundes­wei­ten 7‑Tage-Inziden­zen mit 6,2 Prozent erfreu­lich niedrig. Grund dafür sei auch das verant­wor­tungs­be­wuss­te Handeln der Bevöl­ke­rung. «Lassen Sie uns diese niedri­gen Inziden­zen vertei­di­gen!», appel­liert Wieler.

In der zweiten Juni-Woche lag der Delta-Anteil nach den jüngs­ten RKI-Zahlen in Deutsch­land schon bei 15 Prozent. «Wir gehen davon aus, dass er heute schon höher sein wird», sagt Wieler. Es sei nur eine Frage der Zeit, wann diese Varian­te die Hoheit überneh­men werde.

Durch vollstän­di­ges Impfen, behut­sa­mes Öffnen, Masket­ra­gen in Innen­räu­men, Abstand­hal­ten und Hygie­ne seien auch dieje­ni­gen besser geschützt, die noch nicht geimpft seien oder noch nicht geimpft werden könnten — darun­ter auch viele Kinder, ergänzt der RKI-Chef. Betrof­fen von der Delta-Varian­te seien im Moment vor allem Menschen unter 60 Jahren. Die meisten Anste­ckun­gen passier­ten gerade in priva­ten Haushalt. Daneben gebe es zurzeit wenige größe­re Ausbrüche.

«Wir wissen, dass Menschen, die vollstän­dig geimpft sind, vor schwe­ren Erkran­kun­gen durch Delta geschützt sind», sagt Wieler. Erst einmal Geimpf­te seien nicht nur schlech­ter geschützt, sondern könnten das Virus auch weitergeben.

Spahn warnt vor Sorglosigkeit

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn rief erneut zu Vorsicht im Sommer aufge­ru­fen. Aus einem zu sorglo­sen Sommer dürfe kein «Sorgen­herbst» werden, sagt der CDU-Politi­ker. Die Delta-Varian­te werde über den Sommer auch in Deutsch­land die Oberhand gewin­nen, dies sei eher eine Frage von Wochen als von Monaten. Es mache bei der Ausbrei­tung aber einen Unter­schied, wie hoch die gesam­te Zahl der Anste­ckun­gen und die Impfquo­te seien.

Reisen sei möglich. Bei der Rückkehr aus dem Urlaub sollten Famili­en aber kosten­lo­se Testan­ge­bo­te nutzen, auch mit Blick auf den Schul­be­ginn nach den Ferien. Der Minis­ter appel­lier­te an alle Bürger, Impfan­ge­bo­te zu nutzen — auch für wichti­ge Zweit­imp­fun­gen als vollen Schutz gegen Virus-Varianten.

Wieler sprach sich zudem für Schutz­maß­nah­men in Schulen bis zum kommen­den Frühjahr aus. «Wir empfeh­len, dass in Schulen weiter getes­tet und Mund-Nasen-Schutz getra­gen wird. Aus heuti­ger Sicht würde ich sagen, das sollte bis zum nächs­ten Frühjahr so sein», sagte Wieler der «Rheini­schen Post». «Zum einen wollen wir ja das Infek­ti­ons­ge­sche­hen niedrig halten, weil auch Kinder schwer erkran­ken können. Und zum anderen haben wir natür­lich das Ziel, dass die Schulen offen bleiben.»

Nach eigener Aussa­ge rechnet er mit einem steigen­den Infek­ti­ons­ge­sche­hen an Schulen. «Es werden vermehrt Fälle bei Kindern auftre­ten, schon jetzt sehen wir größe­re Ausbrü­che der Delta-Varian­te in Schulen.»

Wieler erwar­tet Anstieg Ende des Jahres

Der weite­re Verlauf der Pande­mie hänge von unser aller Verhal­ten ab. «Vor allem in Innen­räu­men sollten wir weiter­hin Mund-Nasen-Schutz tragen, die Kontak­te reduzie­ren und Testan­ge­bo­te nutzen. Auch vom Impffort­schritt hängt es ab, wann es wieder zu einem Anstieg der Zahlen kommt», so Wieler. «Deshalb ist der Zeitpunkt schwer vorher­zu­sa­gen. Sicher ist aller­dings, dass es im Herbst und Winter wieder zu steigen­den Zahlen kommt.»

Wieder schär­fe­re Maßnah­men könne niemand seriös ausschlie­ßen. «Aber was ich sicher weiß: Wenn wir jetzt vorsich­tig bleiben, wenn wir jetzt in geschlos­se­nen Räumen weiter Masken tragen, wenn wir weiter Abstand halten und die Impfun­gra­ten weiter nach oben gehen, dann können wir das vermei­den. Davon bin ich überzeugt. Ich kann nur meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass das gemein­sam gelingt.»