LONDON (dpa) — Die deutschen Fußbal­le­rin­nen finden sich nach ihrem glanz­vol­len EM-Start in vielen deutschen Medien-Porta­len plötz­lich ganz oben. Das 4:0 gegen Dänemark begeis­ter­te auch die Fernsehzuschauer.

Die «La Ola» schwapp­te für die Fußbal­le­rin­nen um Kapitä­nin Svenja Huth bereits durch das Brent­ford Commu­ni­ty Stadi­on — nun soll die Welle der Begeis­te­rung auch nach Deutsch­land kommen.

Inmit­ten der Sommer­pau­se der Männer-Bundes­li­ga haben die DFB-Frauen mit ihrem sehens­wer­ten 4:0‑Sieg gegen Dänemark zum EM-Auftakt in England ein State­ment für ihren Sport gesetzt. Gegen Titel­fa­vo­rit Spani­en geht es nun am Diens­tag (21.00 Uhr/ARD und DAZN) ebenfalls im Londo­ner Westen wohl bereits um den Gruppensieg.

DFB-Frauen glänzen zum EM-Auftakt

«Natür­lich ist es jetzt ein schönes Zeichen in Europa, auch nach Deutsch­land. Ich hoffe, dass die Eupho­rie ein bisschen überge­sprun­gen ist», sagte Mittel­feld­spie­le­rin und Torschüt­zin Lina Magull, die den Pokal als beste Spiele­rin der Partie mitneh­men durfte.

Bei ihrer Galavor­stel­lung waren die DFB-Frauen schon mal die Lieblin­ge des TV-Publi­kums. 5,95 Millio­nen Menschen sahen im ZDF das erste Gruppen­spiel und sorgten nach Angaben des Senders für einen Markt­an­teil von 25,9 Prozent. Die Live-Übertra­gung war damit die erfolg­reichs­te Fernseh­sen­dung des Tages.

Auch die Dänin­nen zollten ihrem Gegner Respekt. «Die haben sehr viel Power und sind sehr überzeugt von dem, was sie tun», sagte konster­niert deren Star Pernil­le Harder, zweima­li­ge «Fußbal­le­rin des Jahres in Europa» und frühe­re Wolfsburgerin.

Die Zeitung «Jyllands-Posten» schrieb: «Überle­ge­nes Deutsch­land erteilt der dänischen Frauen-Natio­nal­mann­schaft eine Fußball­lek­ti­on.» Kurz zuvor hatte bereits Spani­en mit einem 4:1 gegen Finnland gewon­nen — und das ohne Weltfuß­bal­le­rin Alexia Putel­las (Kreuz­band­riss).

Voss-Tecklen­burg: «Uns muss man erstmal schlagen»

Als Voss-Tecklen­burg nach dem Abpfiff die strah­len­den Gesich­ter alle im Kreis versam­mel­te, sprach die Bundes­trai­ne­rin wohl das aus, was ihre Spiele­rin­nen dachten: «Uns muss erstmal einer schla­gen.» Inner­halb von 90 Minuten zerstreu­ten die DFB-Frauen erst einmal alle Zweifel, die sich in den vergan­ge­nen drei Jahren nach dem WM-Viertel­fi­nal-Aus in Frank­reich angesam­melt hatten.

Vor 15.746 Zuschau­ern strahl­te das DFB-Team im ersten Gruppen­spiel eine starke Menta­li­tät, Spiel­freu­de und takti­sche Reife aus — und schoss wunder­ba­re Tore. Magull (21. Minute) und Lea Schül­ler (57.) vom FC Bayern München sowie die beiden Wolfs­bur­ge­rin­nen Lena Lattwein (78.) und Alexan­dra Popp (86.) trafen gegen den EM-Zweiten von 2017. «Wir haben uns in einen Rausch gespielt. Unser Angriffs­pres­sing hat sehr gut funktio­niert», sagte Schül­ler. So hatte Voss-Tecklen­burg ausnahms­wei­se «nichts zu meckern», wie sie selber sagte.

«Wir haben ein überra­gen­des Spiel gemacht. Wir waren unheim­lich dominant, aggres­siv. Die Erleich­te­rung ist natür­lich groß. Das ist eine gute Basis, eine tolle Ausgangs­la­ge, aber noch ist nichts gewon­nen», sagte die 54-Jähri­ge. Sie sprach von einem «großen Geschenk».

Popp trifft nach ihrer Einwechslung

Ihre eigent­li­che Spiel­füh­re­rin Alexan­dra Popp kam erst in der 61. Minute für Schül­ler — und muss sich wohl weiter mit der Joker-Rolle abfin­den. Dies deute­te Voss-Tecklen­burg an. «Wir haben versucht, einen Weg zu finden, ihr den Glauben zu geben, dass wir sie in diesem Turnier brauchen in ihrer ganzen Art — wenn auch nicht im ersten Spiel über 90 Minuten, vielleicht auch nicht im zweiten oder dritten», erklär­te die Trainerin.

Popp hatte nach einer schwe­ren Kniever­let­zung erst im April ihr Comeback im Natio­nal­team gegeben, durch eine Corona-Erkran­kung war sie in der Vorbe­rei­tung erneut zurück­ge­wor­fen worden. Als Einwech­sel­spie­le­rin erziel­te sie das 4:0 mit einem Flugkopf­ball. Die Olympia­sie­ge­rin vom VfL Wolfs­burg bestritt in ihrem 115. Länder­spiel ihren ersten EM-Einsatz, da sie bei den beiden vergan­ge­nen Turnie­ren jeweils verletzt gefehlt hatte.

«Ich kann nur sagen, dass das einfach schön ist», sagte Voss-Tecklen­burg. «Poppi hatte keinen einfa­chen Weg.» Die Frage der Fitness habe die Stürme­rin «sehr beschäf­tigt, sehr mitge­nom­men». Die 31-Jähri­ge selbst sagte: «Natür­lich will ich von Anfang an spielen, das ist klar.»

Sie lobte aber auch ihre Bayern-Konkur­ren­tin Schül­ler: «Lea hat es, bevor ich einge­wech­selt wurde, gut gemacht. Von daher ist es ein sehr großer Mehrwert, solche zwei Stürme­rin­nen in den Reihen zu haben» erklär­te sie und fügte lachend hinzu: «Und wenn es am Ende so läuft, dass Lea erst alle müde spielt, und dann komme ich rein und darf vollstre­cken — dann bin ich damit auch völlig fein.»

Von Ulrike John, dpa