Canna­bis-Produk­te liegen im Trend — immer öfter wagen auch Gründer den Schritt in den exotisch anmuten­den Markt. Beim Handel mit nicht berau­schen­den Hanfer­zeug­nis­sen fehlen aller­dings noch Leitplan­ken. Anbie­ter und Kunden fordern mehr Klarheit.

«Fast jede zweite Woche errei­chen uns Anfra­gen. Das sind mitun­ter Start-ups, die überle­gen, was zu gründen», sagt der Geschäfts­füh­rer des Branchen­ver­bands Canna­bis­wirt­schaft, Jürgen Neumeyer.

Unter­schied zwischen CBD- und THC-Produkten

Unter­schei­den muss man zwischen CBD-Produk­ten, die keine berau­schen­de Wirkung entfal­ten sollen, und solchen, die — etwa für medizi­ni­sche Anwen­dun­gen wie Schmerz­lin­de­rung — höhere Gehäl­ter von Tetra­hy­dro­can­na­bi­nol (THC) haben. Ein nicht-medizi­ni­sches Hanfpro­dukt darf in Deutsch­land nach Angaben des Bundes­am­tes für Verbrau­cher­schutz und Lebens­mit­tel­si­cher­heit in Braun­schweig nicht mehr als 0,2 Prozent THC enthal­ten. Für Konsum­gü­ter müssen Firmen, die damit handeln, eine berau­schen­de Wirkung ausschlie­ßen. Es gibt zudem natür­li­che Produk­te der Hanfpflan­ze wie Hanfsa­men, die ohne größe­re Verar­bei­tung in Deutsch­land legal verkauft werden dürfen.

Beim Pforz­hei­mer Start-up Signa­tu­re Products laufen beson­ders CBD-Öle auf Kokos­öl-Basis gut, berich­tet Gründer Flori­an Pichl­mai­er. Kunden bestell­ten solche Öle etwa, um besser schla­fen zu können — Kundin­nen hätten weniger Perioden­schmer­zen. Dass die Produk­te auch Beschwer­den lindern können, nimmt Pichl­mai­er durch­aus an. Offene Werbung mit medizi­ni­schen Heilver­spre­chen sei verbo­ten. Er glaube aber, dass sie bei CBD-Produk­ten auch nicht notwen­dig sei, erzählt der Gründer. Gerade Menschen, die auf Heilprak­ti­ker schwör­ten und eher natür­li­che Heilwe­ge suchten, würden darauf zurückgreifen.

Heilwir­kung von CBD wird noch erforscht

Die Forschung zur Heilwir­kung von CBD steckt in Deutsch­land aller­dings noch in den Kinder­schu­hen. «Es ist mehr Aufklä­rung über die Produk­te notwen­dig», sagt Simone Graeff-Hönnin­ger. Die Agrar­wis­sen­schaft­le­rin beschäf­tigt sich an der Univer­si­tät Hohen­heim mit dem Anbau verschie­de­ner Nutzpflan­zen — unter anderem auch Canna­bis. «Die Konsu­men­ten hören überall, dass es gesund ist, und sind dadurch bereit, dafür mehr zu zahlen. Wie viel CBD letzten Endes in einem Produkt drin ist, um daraus auf eine mögli­che Wirkung schlie­ßen zu können, bleibt häufig im Unklaren.»

Bei der Debat­te um Regulie­run­gen gehe es nicht um Canna­bis als Droge, betont Verbands­chef Neumey­er: «Die legale Wirtschaft mit Canna­bis als Wirtschafts­gut wirft so viele Fragen auf, da ist die Legali­sie­rung was ganz anderes.» Geklärt werden müsse beispiels­wei­se die Einstu­fung eines Produk­tes, wobei Katego­rien oft nicht eindeu­tig seien. Ein medizi­ni­sches Arznei­mit­tel muss von Ärzten verschrie­ben werden. Seit der Libera­li­sie­rung 2017 können Patien­ten in Deutsch­land medizi­ni­sches Canna­bis regulär beim Arzt bekommen.

Arznei­mit­tel oder «Neuar­ti­ges Lebensmittel»

Nach Angaben des Bundes­am­tes für Verbrau­cher­schutz und Lebens­mit­tel­si­cher­heit brauchen CBD-halti­ge Erzeug­nis­se eine Zulas­sung als Arznei­mit­tel oder als «neuar­ti­ges» Lebens­mit­tel. Dabei müsse auch garan­tiert werden, dass das jewei­li­ge Produkt sicher ist. «Neuar­ti­ge Lebens­mit­tel» werden von der EU-Kommis­si­on als «Novel Food» gekenn­zeich­net. Das bedeu­tet, sie wurden vor Mai 1997 «in der Europäi­schen Union nicht in nennens­wer­tem Umfang für den mensch­li­chen Verzehr verwen­det». Eine solche Zulas­sung für ein CBD-Produkt ist dem Bundes­amt bisher nicht bekannt. Ob ein Produkt in den Markt darf, entschei­den letzten Endes aber auch die Gewer­be­auf­sich­ten der Länder.

«Es ist ein komple­xes Thema und aktuell Gegen­stand vielfäl­ti­ger Diskus­sio­nen», heißt es bei der nieder­säch­si­schen Gewer­be­auf­sicht. «Die Produk­te sind im Einzel­fall zu beurtei­len», so eine Spreche­rin. «Je nach Fallge­stal­tung können verschie­de­ne Rechts­ge­bie­te berührt sein. Hierzu zählen das Lebens‑, Arznei- und Betäu­bungs­mit­tel­recht, aber auch die Vorschrif­ten für Kosme­ti­ka oder Medizinprodukte.»

Recht­li­che Unsicher­hei­ten für Händler

Ein Verbot von recht­mä­ßig produ­zier­tem CBD darf es wieder­um nach einem Urteil des Europäi­schen Gerichts­hofs nicht geben. Im Novem­ber ging es um ein Unter­neh­men aus Frank­reich, das E‑Zigaretten mit CBD-Ölen vermark­tet. Die UN-Kommis­si­on für Suchtstof­fe hatte jüngst Canna­bis aus der Liste der gefähr­lichs­ten Drogen gestri­chen. Es liegen so verschie­de­ne Beschlüs­se auf globa­ler, europäi­scher, natio­na­ler und Landes­ebe­ne vor, die bei der Entschei­dung, ob ein Produkt verkauft werden darf oder nicht, eine Rolle spielen können.

Solche Unsicher­hei­ten kämen für Firmen in jungen Märkten oft vor, erklärt der Sprecher des Bundes­ver­bands Deutsche Start-ups, Paul Wolter. «Es gibt bei gewis­sen Teilaspek­ten des Handels mit CBD-Produk­ten immer wieder neue recht­li­che und regula­ti­ve Entwicklungen.»

Ursprüng­lich seien Hanf-Produk­te eher in Biolä­den als Natur­pro­duk­te erhält­lich gewesen. Neumey­er vergleicht den Hanf-Hype daher auch ein wenig mit dem Vegan-Trend. Auch da gehe es um ein «gesun­des und natür­li­ches» Image. Mit dem Unter­schied freilich, dass die Dosie­rung von Canna­bis eine entschei­den­de Rolle spielt.