WIESBADEN (dpa) — Die hohe Infla­ti­on dämpft die Konsum­lau­ne der Menschen. Stark gestie­ge­ne Energie­prei­se belas­ten auch Unter­neh­men. Dennoch wächst die deutsche Wirtschaft im Sommer — anders als erwartet.

Trotz Energie­kri­se und hoher Infla­ti­on ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überra­schend gewach­sen. Das Brutto­in­lands­pro­dukt (BIP) stieg gegen­über dem Vorquar­tal um 0,3 Prozent, wie das Statis­ti­sche Bundes­amt am Freitag in einer ersten Schät­zung mitteil­te. Ökono­men hatten angesichts der wirtschaft­li­chen Folgen des Ukrai­ne-Krieges im Schnitt dagegen mit einem Rückgang der Wirtschafts­leis­tung gerech­net. Sie erwar­ten, dass Europas größte Volks­wirt­schaft in den kommen­den Quarta­len schrumpft und damit in eine Rezes­si­on rutscht.

Nach dem leich­ten Anstieg im zweiten Quartal um 0,1 Prozent habe sich die deutsche Wirtschaft trotz schwie­ri­ger weltwirt­schaft­li­cher Rahmen­be­din­gun­gen mit anhal­ten­der Corona-Pande­mie, gestör­ten Liefer­ket­ten, steigen­den Preisen und dem Krieg in der Ukrai­ne behaup­tet, erläu­ter­te die Wiesba­de­ner Behör­de. Die Wirtschafts­leis­tung sei vor allem von den priva­ten Konsum­aus­ga­ben getra­gen worden.

Im Vorjah­res­ver­gleich übertraf das BIP preis‑, saison- und kalen­der­be­rei­nigt sogar erstmals das Niveau vor der Corona-Krise.

Exper­ten erwar­ten harten Winter

Ökono­men gehen davon aus, dass der deutschen Wirtschaft ein harter Winter bevor­steht. Zwar stabi­li­sier­te sich die Stimmung der Verbrau­cher zuletzt etwas. Die Situa­ti­on bleibt nach Einschät­zung der GfK-Konsum­for­scher aber angespannt. «Solan­ge die Infla­ti­on hoch bleibt und Zweifel an einer unein­ge­schränk­ten Energie­ver­sor­gung bestehen, wird sich das Konsum­kli­ma nicht spürbar und nachhal­tig erholen können», sagte GfK-Konsum­ex­per­te Rolf Bürkl.

Die hohen Energie­prei­se belas­ten auch viele Unter­neh­men in Deutsch­land in wachsen­dem Maß. Die Stimmung in der Wirtschaft verschlech­ter­te sich im Oktober erneut. Der Ifo-Geschäfts­kli­ma­in­dex fiel zum Vormo­nat gering­fü­gig um 0,1 Punkte auf 84,3 Punkte. «Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bleibt düster», kommen­tier­te Ifo-Präsi­dent Clemens Fuest.

Für das Gesamt­jahr 2022 sagen Progno­sen noch ein Wachs­tum für die deutsche Wirtschaft voraus. Fürs kommen­de Jahr insge­samt rechnen Volks­wir­te mit einem Rückgang der Wirtschafts­leis­tung. Zwar dürfte der sich abzeich­nen­de Konjunk­tur­ein­bruch nach Einschät­zung etlicher Ökono­men hefti­ger ausfal­len als in vielen anderen Ländern Europas, aber bei weitem nicht so schlimm werden wie im Corona-Krisen­jahr 2020. Damals war das Brutto­in­lands­pro­dukt in Europas größter Volks­wirt­schaft um mehr als vier Prozent geschrumpft.

Die Bundes­re­gie­rung erwar­tet für dieses Jahr noch ein Wirtschafts­wachs­tum von 1,4 Prozent, im kommen­den Jahr wird mit einem Rückgang um 0,4 Prozent gerech­net. Der Arbeits­markt sei aber nach wie vor robust. Die Ampel-Koali­ti­on will Verbrau­cher und Unter­neh­men wegen der hohen Energie­prei­se mit einem «Abwehr­schirm» in Höhe von bis zu 200 Milli­ar­den Euro unterstützen.