WIESBADEN (dpa) — Die Konsum­lust der Verbrau­cher bringt die Wirtschaft nach dem Ende des Corona-Lockdowns wieder in Schwung. Im Staats­haus­halt macht sich die Konjunk­tur­er­ho­lung aller­dings noch nicht bemerkbar.

Die deutsche Wirtschaft gewinnt nach dem Einbruch im Corona-Lockdown zu Jahres­be­ginn im zweiten Quartal wieder an Tempo. Das Brutto­in­lands­pro­dukt stieg im Zeitraum April bis Juni um 1,6 Prozent im Vergleich zum Vorquar­tal, wie das Statis­ti­sche Bundes­amt mitteilte.

In einer ersten Schät­zung war die Wiesba­de­ner Behör­de von einem Wachs­tum von 1,5 Prozent ausge­gan­gen. Vergli­chen mit dem vierten Quartal 2019, dem Viertel­jahr vor Beginn der Corona-Krise, war die Wirtschafts­leis­tung aber noch 3,3 Prozent geringer.

Vor allem die Konsum­lust der Verbrau­cher nach dem Ende des Corona-Lockdowns und staat­li­che Konsum­aus­ga­ben schoben die Konjunk­tur an. Die Einschrän­kun­gen zur Bekämp­fung des Corona­vi­rus waren ab Mai schritt­wei­se gelockert worden.

Milli­ar­den­schwe­re staat­li­che Ausga­ben in der Corona-Pande­mie haben den deutschen Staats­haus­halt im ersten Halbjahr hinge­gen tiefer ins Minus geris­sen. Bund, Länder, Gemein­den und Sozial­ver­si­che­run­gen gaben insge­samt 80,9 Milli­ar­den Euro mehr aus als sie einnah­men, wie das Bundes­amt anhand vorläu­fi­ger Daten mitteil­te. Bezogen auf die gesam­te Wirtschafts­leis­tung lag das Defizit bei 4,7 Prozent. Es war das zweit­höchs­te Minus in einer ersten Jahres­hälf­te seit der Wieder­ver­ei­ni­gung. Im ersten Halbjahr 2020 hatte das Defizit noch 47,8 Milli­ar­den Euro betragen.

Kosten der Pande­mie belas­ten öffent­li­che Kassen

Im Corona-Krisen­jahr 2020 hatte der deutsche Staat erstmals seit 2011 wieder ein Defizit ausge­wie­sen, sowohl in den ersten sechs Monaten als auch im Gesamt­jahr. Nach Beginn der Pande­mie im März 2020 stütz­te der Staat die Wirtschaft mit milli­ar­den­schwe­re Konjunk­tur­hil­fen. Bund und Länder haben erst jüngst beschlos­sen, die bisher bis Ende Septem­ber laufen­den Wirtschafts­hil­fen (Überbrü­ckungs­hil­fe III Plus) und die Erleich­te­run­gen zum Zugang für das Kurzar­bei­ter­geld zu verlängern.

Im ersten Halbjahr 2021 wiesen alle staat­li­chen Ebenen ein Finan­zie­rungs­de­fi­zit auf. Zum Anstieg der Staats­aus­ga­ben trugen den Angaben zufol­ge maßgeb­lich die Ausga­ben für Corona-Überbrü­ckungs­hil­fen, für Ausgleichs­zah­lun­gen an Kranken­häu­ser, für Impfstof­fe und Schutz­aus­rüs­tung sowie für Kurzar­bei­ter­geld und Kinder­bo­nus bei.

Nach Einschät­zung der Deutschen Bundes­bank könnte sich das Defizit trotz des erwar­te­ten kräfti­gen Wirtschafts­wachs­tum im Gesamt­jahr vergrö­ßern. Es dürfte über 5 Prozent des BIP hinaus­ge­hen (Vorjahr: 4,5 Prozent), schrieb die Noten­bank in ihrem jüngs­ten Monats­be­richt. «Ausschlag­ge­bend für den Anstieg sind jedoch vor allem Maßnah­men, die nicht durch die Corona­kri­se begrün­det sind — wie etwa die Teilab­schaf­fung des Solida­ri­täts­zu­schlags», hieß es.

Ärger aus Brüssel droht Deutsch­land wegen des Defizits nicht. Die EU-Staaten hatten wegen der Corona-Krise erstmals die Regeln des Stabi­li­täts- und Wachs­tums­pakts vorerst ausge­setzt, wonach das Haushalts­de­fi­zit nicht über drei Prozent und die Gesamt­ver­schul­dung nicht über 60 Prozent des Brutto­in­lands­pro­dukts steigen darf.