Nach langem Zögern liefert Deutsch­land Leopard-Kampf­pan­zer an die Ukrai­ne. Auch wird anderen Ländern gestat­tet, solche Panzer an Kiew abzuge­ben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Diens­tag in Berlin aus Koali­ti­ons­krei­sen. Zuvor hatten «Spiegel» und ntv darüber berichtet.

Geplant ist nach «Spiegel»-Angaben, mindes­tens eine Kompa­nie mit der Versi­on Leopard 2A6 aus Bestän­den der Bundes­wehr auszu­stat­ten. Die Ausstat­tung einer Kompa­nie bedeu­tet, 14 der Waffen­sys­te­me zu übergeben.

Die Ukrai­ne bittet seit Monaten um Kampf­pan­zer westli­cher Bauart für den Kampf gegen die russi­schen Angrei­fer. Die erste offizi­el­le Anfra­ge erfolg­te schon eine Woche nach Kriegs­be­ginn Anfang März vergan­ge­nen Jahres.

Strack-Zimmer­mann: «Erlösen­de Nachricht» für Ukraine

Die Front­li­nie in der Ostukrai­ne hat sich seit Wochen kaum noch bewegt. Mit den Kampf­pan­zern hofft die Ukrai­ne, wieder in die Offen­si­ve zu kommen und weite­res Gelän­de zurück­zu­er­obern. Gleich­zei­tig wird für das Frühjahr eine Offen­si­ve Russlands befürchtet.

Warschau hatte zuvor am Diens­tag mit einem offizi­el­len Export­an­trag die Bundes­re­gie­rung um eine Geneh­mi­gung für die Liefe­rung der in Deutsch­land herge­stell­ten Leopard-Kampf­pan­zer an die Ukrai­ne gebeten — und Berlin damit ganz konkret unter Zugzwang gesetzt.

Die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses, Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann (FDP), bilan­zier­te: «Die Entschei­dung war zäh, sie dauer­te viel zu lange, aber sie ist am Ende unaus­weich­lich. Dass Deutsch­land die Liefe­rung seines Panzers Leopard 2 durch Partner­län­der freigibt und auch selbst liefert, ist eine erlösen­de Nachricht für das geschun­de­ne und tapfe­re ukrai­ni­sche Volk.» Die Entschei­dung bedeu­te einen wichti­gen Schritt in der Zurück­drän­gung des bruta­len Angriffs Russlands auf ein unschul­di­ges Land, sagte sie am Diens­tag der dpa in Berlin.

Merz: «Bild des Getrie­be­nen bleibt»

Unions­frak­ti­ons­chef Fried­rich Merz begrüß­te die Entschei­dung, warf Kanzler Olaf Scholz (SPD) aber zugleich Zöger­lich­keit vor. «So bleibt das Bild eines Getrie­be­nen, der zu lange gezögert hat.»

Deutsch­land nimmt als Produk­ti­ons­land in der Frage um die Leopard-Liefe­rung eine Schlüs­sel­rol­le ein. Werden Rüstungs­gü­ter an andere Staaten verkauft, werden in die Verträ­ge immer sogenann­te Endver­bleib­sklau­seln einge­baut. Darin ist geregelt, dass bei einer Weiter­ga­be an dritte Länder die Bundes­re­gie­rung zustim­men muss. Ein Regie­rungs­spre­cher hatte am Diens­tag gesagt, den Antrag der polni­schen Regie­rung «mit der gebote­nen Dring­lich­keit» prüfen wollen.

Scholz stand in der Frage der Leopard-Liefe­run­gen seit Wochen in der Kritik — vorge­wor­fen wird ihm ein zu zöger­li­ches Vorge­hen. Auch in der eigenen Koali­ti­on gab es Unmut. Die Regie­rung begrün­de­te ihr Vorge­hen unter anderem mit dem Risiko einer Eskala­ti­on und der nötigen inter­na­tio­na­len Abstimmung.

Polen stell­te am Diens­tag Antrag

Polen macht in der Diskus­si­on um die Kampf­pan­zer-Liefe­run­gen schon seit länge­rem Druck auf Deutsch­land. Regie­rungs­chef Mateusz Morawi­ecki hatte am Montag gesagt, notfalls werde man auch ohne die Geneh­mi­gung Berlins handeln, womit Polen einen diplo­ma­ti­schen Eklat riskiert hätte.

Polen will eine europäi­sche Koali­ti­on zur Liefe­rung von Kampf­pan­zern bilden. Zunächst hatte nur Großbri­tan­ni­en die Liefe­rung von Challen­ger-2-Kampf­pan­zern zugesagt. Von den 14 europäi­schen Staaten, die Leopard-Panzer haben, hat neben Polen bisher nur Finnland öffent­lich Bereit­schaft signa­li­siert, einige Exempla­re abzugeben.

Deutsch­land liefert seit Kriegs­be­ginn Waffen in die Ukrai­ne. Seither wurden unter anderem schwe­re Artil­le­rie­ge­schüt­ze und Luftab­wehr­sys­te­me abgege­ben. Zugesagt hat sie auch bereits Schüt­zen­pan­zer vom Typ Marder, die deutlich weniger schlag­kräf­tig sind als der Leopard 2.