STRALSUND (dpa) — Endlich wieder Profi-Radsport in Deutsch­land! Fast zwei Jahre gab es in Deutsch­land wegen der Corona-Pande­mie keine Rennen. Entspre­chend groß ist die Vorfreu­de auf die Deutsch­land Tour, fast alle deutschen Radstars sind dabei. Für Greipel gibt es gar ein Heimspiel.

André Greipel läutet mit einem Heimspiel seine Abschieds­tour­nee ein, Tour-Etappen­sie­ger Nils Politt plant den nächs­ten Coup: Wenn am Donners­tag mit der Deutsch­land Tour das erste Profi­ren­nen im Lande nach 693 Tagen in Stral­sund losrollt, stehen die deutschen Radstars im Fokus.

Auch Kletter­spe­zia­list Emanu­el Buchmann, Sprin­ter Pascal Acker­mann oder Klassi­ker­jä­ger John Degen­kolb lassen sich die Chance nicht nehmen, mal wieder auf deutschen Landstra­ßen um Siege zu kämpfen. Denn — ausge­nom­men von den deutschen Meister­schaf­ten — war Corona-bedingt fast zwei Jahre Still­stand, was Politt als großen Nachteil empfin­det. «Die Deutschen waren extrem streng in Sachen Veran­stal­tun­gen im Gegen­satz zu den anderen Ländern. Man muss sagen, dass der Sport darun­ter gelit­ten hat», sagte der Kölner Radpro­fi der Deutschen Presse-Agentur.

Die Hambur­ger Cyclas­sics wurden zweimal abgesagt, der Klassi­ker in Frank­furt fiel einmal der Pande­mie zum Opfer und wurde dieses Jahr auf den Septem­ber verscho­ben. Auch bei der Deutsch­land Tour standen 2020 die Räder still, während Tour, Giro und Vuelta wie auch fast alle anderen inter­na­tio­na­len Klassi­ker Lösun­gen fanden. «Wir müssen froh sein, dass die Rennen überhaupt statt­fin­den», äußer­te sich Greipel diplomatisch.

Altstar feiert Abschied in der Heimat

Der Routi­nier freut sich vielmehr, dass er sich in seiner alten Heimat von den Fans verab­schie­den kann. «Das gab es ja noch nie, dass in meiner Heimat ein profes­sio­nel­les Rennen statt­fin­det. Ich kenne hier jede Straße», sagte der gebür­ti­ge Rosto­cker der dpa. Nach 17 Jahren als Radpro­fi ist für Greipel zum Saison­ende Schluss. «Das Leben besteht nicht nur aus Radsport und Rennen fahren», sagte der 39-Jähri­ge und fügte hinzu: «Ich habe den Radsport gelebt, geliebt und manch­mal auch gehasst. Es ist eine Lebens­ein­stel­lung gewesen.»

Und eine Erfolgs­ge­schich­te: 22 Etappen gewann er bei großen Rundfahr­ten, davon elf bei der Tour de France. Greipel wurde WM-Dritter und dreimal deutscher Meister. Gemes­sen an der Anzahl seiner 158 Siege, ist er der erfolg­reichs­te deutsche Radpro­fi — noch vor Erik Zabel. Und vielleicht kommt ein weite­rer Erfolg hinzu: Die erste Etappe nach Schwe­rin ist teller­flach. Ganz nach dem Geschmack von Greipel. Aller­dings trifft das auch auf dessen ewigen und wieder­erstark­ten briti­schen Rivalen Mark Caven­dish, Acker­mann und Alexan­der Kristoff aus Norwe­gen zu.

Hervor­ra­gen­des Teilnehmerfeld

Das Feld ist für die nur viertä­gi­ge Rundfahrt stark besetzt. Auch der vierma­li­ge Tour-Champi­on Chris Froome ist dabei. Für den Gesamt­sieg kommt der Brite aber kaum in Betracht. «Die Deutsch­land Tour bleibt ihrem Erfolgs­re­zept als Klassi­ker-Rundfahrt treu», erklär­te Fabian Wegmann als Sport­li­cher Leiter der Rundfahrt. Schwe­re Berge fehlen im Programm, das könnte die Chance für Degen­kolb oder Politt sein. «Die Beine werden von Tag zu Tag besser. Ich bin auf dem richti­gen Weg», unter­strich Politt, der mit seinem Etappen­sieg bei der Tour für das Sommer-Highlight gesorgt hatte.

«Man denkt schon das ein oder andere Mal zurück. So richtig reali­siert habe ich es aber noch nicht», beton­te Politt, der mit einer Solofahrt nach Nimes sein Können gezeigt hatte. Das könnte der Kölner auf der zweiten Etappe nach Ilmen­au wieder­ho­len, wenn es über welli­ges Terrain geht. Schon 2018 hatte er mit einem Etappen­sieg und dem zweiten Gesamt­rang gezeigt, dass ihm das Profil der Deutsch­land Tour liegt.

Bereits am Sonntag steht der Gesamt­sie­ger nach vier Etappen und 720,5 Kilome­tern in Nürnberg fest. Die Hoffnung ist groß, dass die Rundfahrt bald wie in frühe­ren Jahren auf eine Woche ausge­baut wird. «Das wird es auch in Zukunft geben. Es ist die Vision einer Deutsch­land Tour, die über eine Woche geht», sagte Greipel. Der Sprint­star ist dann aber nicht mehr dabei.

Der Etappen­plan der Deutsch­land Tour:

Do., 26.08.: 1. Etappe, Stral­sund — Schwe­rin (191,4 km)
Fr., 27.08.: 2. Etappe, Sangerhau­sen — Ilmen­au (180,8 km)
Sa., 28.08.: 3. Etappe, Ilmen­au — Erlan­gen (193,9 km)
So., 29.08.: 4. Etappe, Erlan­gen — Nürnberg (154,4 km)

Von Stefan Tabel­ing, dpa