Frank­reich hat sich noch nicht von dem Schock über den Mord am Lehrer Samuel Paty erholt — da schlägt schon wieder ein Angrei­fer auf bruta­le Weise zu. Drei Menschen verlie­ren in Südfrank­reich ihr Leben — Präsi­dent Macron findet deutli­che Worte.

Mehre­re weite­re wurden bei dem Angriff verletzt, der mutmaß­li­che Täter wurde festge­nom­men. Frank­reich rief die höchs­te Terror­warn­stu­fe aus,

Präsi­dent Emmanu­el Macron sprach von einem «islamis­ti­schen Terror­an­schlag». Frank­reich sei angegrif­fen worden, sagte der Staats­chef in Nizza. Es ist die dritte Attacke in Frank­reich inner­halb weniger Wochen.

Der Angriff ereig­ne­te sich laut Medien gegen 9.00 Uhr morgens in der Kirche Notre-Dame mitten in der Einkaufs­stra­ße von Nizza. Zwei Menschen seien inner­halb der Kirche «auf schreck­li­che Weise» getötet worden, sagte Nizzas Bürger­meis­ter Chris­ti­an Estro­si. Die Art und Weise erinne­re an den Tod des vor zwei Wochen ermor­de­ten Lehrers Samuel Paty, erklär­te Estro­si weiter, ohne Details zu nennen.

Paty war in der Nähe seiner Schule in einem Pariser Vorort enthaup­tet worden. Mindes­tens einem der Opfer in Nizza sei die Kehle durch­ge­schnit­ten worden, sagte Éric de Moulins-Beaufort, Vorsit­zen­der der Franzö­si­schen Bischofs­kon­fe­renz, der franzö­si­schen Nachrich­ten­agen­tur AFP. Unter den Todes­op­fern ist demnach auch der 45-jähri­ge Küster der Basili­ka. Eine Frau habe sich noch in ein nahe gelege­nes Café flüch­ten können und sei dort schließ­lich gestor­ben, sagte Bürge­meis­ter Estro­si. Premier­mi­nis­ter Jean Castex bestä­tig­te, dass drei Menschen bei der Tat getötet wurden.

Estro­si zufol­ge rief der Atten­tä­ter «Allahu akbar» («Gott ist groß»). Nach dpa-Infor­ma­tio­nen handelt es sich um einen Mann, der 1999 in Tunesi­en geboren ist. Der Pariser Abgeord­ne­te Éric Ciotti aus der Region erklär­te, der mutmaß­li­che Täter sei erst vor kurzem über die italie­ni­sche Insel Lampe­du­sa nach Europa gekom­men. Die Ermitt­ler hatten sich bis zum frühen Abend noch nicht zum Täter und zum Tather­gang geäußert.

Castex sprach von einer «nieder­träch­ti­gen» und «barba­ri­schen» Attacke und kündig­te eine entschlos­se­ne Antwort der Regie­rung an. Es sei die Stufe «Urgence Atten­tat» des Anti-Terror-Alarm­plans «Vigipi­ra­te» ausge­ru­fen worden, sagte er in der Pariser Natio­nal­ver­samm­lung. Diese Warnstu­fe ermög­licht die außer­ge­wöhn­li­che Mobili­sie­rung von Ressour­cen im Kampf gegen den Terror.

Macron kündig­te einen verstärk­ten Schutz von Kirchen und Schulen an. Der schon länger laufen­de inlän­di­sche Anti-Terror­ein­satz «Senti­nel­le» des Militärs solle von bisher 3000 auf nun 7000 Solda­ten aufge­stockt werden. «Heute steht die ganze Nation hinter unseren katho­li­schen Mitbür­gern», sagte Macron in der Nähe des Tatorts. Man dürfe nicht dem Geist der Spaltung nachgeben.

Der 42-Jähri­ge war am Nachmit­tag in die südfran­zö­si­sche Metro­po­le gereist und tausch­te sich dort unter anderem mit Sicher­kräf­ten aus. In zahlrei­chen Kirchen im Land läute­ten nach der bruta­len Attacke am Nachmit­tag um Punkt 15.00 Uhr die Glocken. Die Anti-Terror­staats­an­walt­schaft übernahm in dem Fall die Ermitt­lun­gen. Sie ermit­telt unter anderem wegen Mordes in Verbin­dung mit einem terro­ris­ti­schen Vorhaben.

Erst vor zwei Wochen hatte die bruta­le Ermor­dung des Lehrers Paty im ganzen Land riesi­ges Entset­zen ausge­löst. Das Motiv des 18-jähri­gen Angrei­fers war den Ermitt­lern zufol­ge, dass Paty in einer Unter­richts­stun­de zum Thema Meinungs­frei­heit Karika­tu­ren des Prophe­ten Moham­med gezeigt hatte.

Ende Septem­ber hatte ein junger Mann vor den ehema­li­gen Redak­ti­ons­räu­men des Satire­blatts «Charlie Hebdo» zwei Menschen mit einem Messer verletzt. Das Magazin hatte zu Beginn des Prozes­ses rund um die bruta­le Terror­se­rie 2015, bei der auch zahlrei­che Zeich­ner des Blattes ermor­det wurden, erneut Moham­med-Karika­tu­ren veröf­fent­licht. Auch hier gab der Angrei­fer die Karika­tu­ren als Motiv an.

Macron hatte nach der Attacke gegen Paty die Meinungs­frei­heit und die Veröf­fent­li­chung auch religi­ons­kri­ti­scher Karika­tu­ren vertei­digt. Der türki­sche Präsi­dent Recep Tayyip Erdogan sprach darauf­hin von einer «Lynch­kam­pa­gne» gegen Musli­me in Europa und rief zum Boykott franzö­si­scher Waren auf.

In Frank­reich kam es noch zu weite­ren Vorfäl­len, ein Zusam­men­hang zur Attacke in Nizza konnte aber zunächst nicht bestä­tigt werden. Die Polizei tötete im südfran­zö­si­schen Avignon einen mutmaß­li­chen Angrei­fer, der Passan­ten mit einer Waffe bedroht haben soll. Es gab Polizei­krei­sen zufol­ge vorerst keine Hinwei­se auf einen Terror­hin­ter­grund. AFP berich­te­te, dass der Mann psychi­sche Proble­me gehabt haben solle. In Lyon wurde ein mit einem Messer bewaff­ne­ter Mann festge­nom­men. Niemand wurde verletzt, der Mann sei Sicher­heits­krei­sen bekannt gewesen.

Am franzö­si­schen Konsu­lat in Dschid­da in Saudi-Arabi­en wurde außer­dem ein Sicher­heits­be­am­ter angegrif­fen und leicht verletzt. Der Täter wurde festge­nom­men. Die genau­en Hinter­grün­de der Tat blieben zunächst unklar. Die franzö­si­sche Botschaft in Riad sprach in einer Mittei­lung von einer «Messer­at­ta­cke». Franzo­sen in Saudi-Arabi­en wurden zugleich zu «höchs­ter Wachsam­keit» aufgerufen.

Weltweit war die Anteil­nah­me nach der mörde­ri­schen Attacke groß. Saudi-Arabi­en verur­teil­te den Angriff der staat­li­chen Nachrich­ten­agen­tur SPA zufol­ge mit klaren Worten. «Solche extre­mis­ti­schen Taten stehen im Wider­spruch zu allen Religio­nen und allem mensch­li­chen Glauben», teilte das Außen­mi­nis­te­ri­um demnach mit. Zugleich sei wichtig, solche «Verhal­tens­wei­sen» abzuleh­nen, die zu Hass, Gewalt und Extre­mis­mus führen, teilte das Minis­te­ri­um mit, ohne konkre­ter zu werden. Auch der Iran fand deutli­che Worte: «Terror­an­schlag» in Nizza reflek­tie­re den eskalie­ren­den Teufels­kreis von Hassre­den, Provo­ka­tio­nen und Gewalt, twitter­te Außen­mi­nis­ter Moham­med Dscha­wad Sarif am Donners­tag. Diese Spira­le der Gewalt sollte endlich durch Vernunft und Verstand ersetzt werden, so der irani­sche Chefdiplomat.

Die Staats- und Regie­rungs­chefs der EU stell­ten sich geschlos­sen an die Seite Frank­reichs. «Wir verur­tei­len diese Attacken, die einen Angriff auf unsere gemein­sa­men Werte darstel­len, aufs Schärfs­te», heißt es in einer gemein­sa­men Erklä­rung. Die Staats- und Regie­rungs­chefs betonen darin, geschockt und betrübt von den terro­ris­ti­schen Anschlä­gen zu sein. «Wir stehen geschlos­sen und fest in unserer Solida­ri­tät mit Frank­reich, mit dem franzö­si­schen Volk und der franzö­si­schen Regie­rung — in unserem gemein­sa­men und andau­ern­den Kampf gegen Terro­ris­mus und gewalt­tä­ti­gen Extremismus.»

Auch Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin brach­te sein «tiefes Mitge­fühl» zum Ausdruck. Papst Franzis­kus bekun­de­te seine Nähe und sein Mitge­fühl mit den Trauern­den. UN-General­se­kre­tär António Guter­res nannte die Attacke «abscheu­lich». US-Präsi­dent Trump schrieb auf Twitter, die USA stünden Frank­reich «in diesem Kampf» zur Seite. Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er verur­teil­te die Tat als einen «Akt abscheu­li­cher Gewalt» und beton­te: «Der Gewalt und den islamis­ti­schen Motiven, die offen­bar hinter ihr stehen, müssen wir mit aller Entschie­den­heit entgegentreten.»

Nizza wurde bereits 2016 von einem Terror­an­schlag erschüt­tert, dabei starben 86 Menschen. Frank­reich wird seit Jahren von einer islamis­ti­schen Terror­wel­le heimgesucht.