SEWASTOPOL (dpa) — Bilder zeigen einen riesi­gen Feuer­ball, schwar­zer Rauch steigt in den Himmel. Nach einem Drohnen­an­griff steht auf der Krim ein Treib­stoff­la­ger in Flammen. Ein Vorzei­chen der ukrai­ni­schen Gegenoffensive?

Auf der von Russland annek­tier­ten Schwarz­meer-Halbin­sel Krim ist nach Behör­den­an­ga­ben ein großes Treib­stoff­la­ger infol­ge eines Drohnen­an­griffs in Brand geraten. Es handle sich um einen Brand der Alarm­stu­fe vier — «der schwers­ten von allen mögli­chen», schrieb Gouver­neur Michail Raswo­scha­jew auf seinem Telegram-Kanal.

Die Flammen in der Hafen­stadt Sewas­to­pol erfass­ten demnach zwischen­zeit­lich eine Fläche von etwa 1000 Quadrat­me­tern. Tote und Verletz­te habe es nicht gegeben. Auch zivile Objek­te seien nicht zu Schaden gekom­men. Nach Angaben des ukrai­ni­schen Militär­ge­heim­diens­tes hinge­gen wurden zehn Öltanks zerstört.

Die Explo­si­on in der Stadt Sewas­to­pol, wo sich die Basis der russi­sche Schwarz­meer­flot­te befin­det, ereig­ne­te sich am frühen Samstag­mor­gen. Laut Raswo­scha­jew wurde sie durch einen Drohnen­an­griff ausge­löst. Zur Anzahl der einge­setz­ten Drohnen gab es wider­sprüch­li­che Angaben. Russi­sche Militär­blog­ger schrie­ben von bis zu zehn Flugob­jek­ten, später war von bis zu sechs Drohnen des Typs Mugin‑5 Pro die Rede. Diese Drohnen können bei bis zu sieben Stunden Flugdau­er zwischen 20 und 25 Kilogramm Spreng­stoff transportieren.

Offen­bar Angriff auf weite­re Objekte

Paral­lel zur Attacke auf Sewas­to­pol seien auch Objek­te auf der Krim angegrif­fen worden, behaup­te­te der von Moskau einge­setz­te Statt­hal­ter der Halbin­sel, Sergej Axjonow. Zwei Drohnen seien aber von der Flugab­wehr abgefan­gen worden.

Beim Treib­stoff­re­ser­voir selbst sind nach Angaben Raswo­scha­jews die Überres­te von zwei Drohnen gefun­den worden. Doch nur eine habe das Tankla­ger erreicht, die andere sei im Anflug abgeschos­sen worden.

Erst am Nachmit­tag konnten die Flammen gelöscht werden. Wegen der Schwe­re des Brandes waren Dutzen­de Lösch­fahr­zeu­ge und selbst ein Eisen­bahn-Lösch­zug im Einsatz. Unter­schied­li­che Angaben gibt es zum Ausmaß der Schäden. Der Brand sei auf vier Zister­nen lokali­siert worden, sagte Raswo­scha­jew russi­schen Medien.

«Das ist Gottes Strafe»

Der ukrai­ni­sche Militär­ge­heim­dienst wieder­um sprach von zehn zerstör­ten Öltanks. «Ihr Gesamt­vo­lu­men beträgt etwa 40.000 Tonnen», sagte Behör­den­spre­cher Andrij Jussow. «Das ist Gottes Strafe spezi­ell für die getöte­ten Bürger in Uman, unter denen fünf Kinder sind», sagte er Bezug nehmend auf einen russi­schen Raketen­an­griff in der Nacht zuvor. Durch den Einschlag einer russi­schen Rakete in einem Wohnhaus in Uman waren 23 Menschen ums Leben gekommen.

Konkret hat Kiew die Verant­wor­tung für den Anschlag in Sewas­to­pol nicht übernom­men. Gleich­zei­tig beton­te Jussow, dass diese Explo­sio­nen weiter­gin­gen. Der Bevöl­ke­rung auf der Krim riet der Offizier, sich von Militär­ob­jek­ten fernzu­hal­ten. Das Treib­stoff­re­ser­voir diente ihm zufol­ge der russi­schen Schwarz­meer­flot­te. Das russi­sche Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um zeigte derweil Bilder, wie Schif­fe der Flotte Kalibr-Raketen auf Ziele in der Ukrai­ne abfeuerten.

Vorbe­rei­tung zur Gegenoffensive?

Angesichts der seit Wochen erwar­te­ten ukrai­ni­schen Gegen­of­fen­si­ve sahen manche Beobach­ter in dem Luftschlag eine Vorbe­rei­tung dieser Offen­si­ve. «Der Gegner sucht Lücken in unserer Flugab­wehr und nutzt dazu Drohnen», sagte der Direk­tor des Flugab­wehr­mu­se­ums, Juri Knutow, russi­schen Medien. Während der Maifei­er­ta­ge könnten solche Angrif­fe zuneh­men, um Logis­tik und russi­sche Nachschub­li­ni­en zu schädi­gen, warnte er. Mit einer ähnli­chen Taktik hatten die Ukrai­ner im vorigen Sommer ihre Offen­si­ven vorbe­rei­tet. Durch den Beschuss wichti­ger Treib­stoff­la­ger und Muniti­ons­de­pots im Hinter­land durch Himars-Raketen wurde die russi­sche Armee damals deutlich geschwächt.

Knutow forder­te als Antwort massi­ve Angrif­fe gegen die ukrai­ni­schen Städte Mykola­jiw und Otscha­kiw, wo die ukrai­ni­sche Flotte statio­niert ist. «Kiew muss erken­nen, dass unsere Vergel­tungs­schlä­ge wesent­lich schmerz­haf­ter sind als ihre Attacken», sagte der Militär­ex­per­te. Angesichts des bereits seit Herbst andau­ern­den russi­schen Raketen­ter­rors gegen ukrai­ni­sche Städte ist aber kaum anzuneh­men, dass sich Kiew dadurch von weite­rem Angrif­fen abbrin­gen ließe.

Gut 14 Monaten nach Beginn des Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne hat Russland seine strate­gi­schen Ziele nicht erreicht. Aller­dings hält Moskau einschließ­lich der bereits 2014 annek­tier­ten Krim immer noch rund 20 Prozent des ukrai­ni­schen Staats­ge­biets. Kiew will mit einer erwar­te­ten Großof­fen­si­ve nun weite­re Gebie­te zurückgewinnen.