Die nächs­te Meister­schaft ist Bayern München nach dem Sieg in Leipzig kaum noch zu nehmen. Dabei zeigte der Rekord­meis­ter im Spitzen­spiel ein anderes Gesicht, setzte auf Effizi­enz statt Dominanz.

LEIPZIG (dpa) — Als Hansi Flicks müde Titel­jä­ger Verfol­ger RB Leipzig endgül­tig abgehängt hatten, offen­bar­te der Trainer des FC Bayern München seinen Psycho­t­rick für das Finale um die Schale.

«Wir haben uns gesagt, es ist ein Endspiel. Und da haben wir in den letzten neun Monaten bewie­sen, dass wir das können», sagte der 56-Jähri­ge und sende­te gleich noch ein paar Grüße an die aufstre­ben­den Leipzi­ger: «Wir wollten mit dem Sieg ein Zeichen setzen.»

Das Zeichen: Freude für die Bayern-Fans, Lange­wei­le für den Rest der Republik. Denn auch ohne ihren verletz­ten Weltfuß­bal­ler Robert Lewan­dow­ski sind die Bayern auf natio­na­ler Ebene nicht zu knacken. Fehlt der Super­star, hilft eben wie beim 1:0 in Leipzig Siegtor­schüt­ze Leon Goretz­ka aus. Sieben Punkte Vorsprung vor RB sind es nun sieben Spiel­ta­ge vor Schluss. In der Geschich­te der Bundes­li­ga hat sich das bisher kein Tabel­len­füh­rer mehr nehmen lassen.

Der Gegner erkann­te das neidlos an. «Grund­sätz­lich brauchen wir nicht drumher­um reden. Das Thema hat sich erledigt», sagte Leipzigs Coach Julian Nagels­mann. Glück­wün­sche gab es aller­dings nur zum Sieg, nicht zur Meister­schaft. Vorerst. «Da gratu­lie­re ich erst, wenn es passiert ist. Das gehört sich so.» Vielleicht geht ja doch noch was.

Die Bayern mühten sich redlich, dass ihnen nichts rausrutscht zum eigent­lich entschie­de­nen Titel­kampf. Manuel Neuer sprach von einem wichti­gen Schritt, und dass man sich das jetzt nicht mehr nehmen lassen wolle. Goretz­ka verwies auf den Spiel­plan. «Es sind noch 21 Punkte zu verge­ben. Es war ein großer Schritt, aber noch nicht der entschei­den­de», sagte der Mittel­feld­spie­ler. Nach 38 Minuten war der 26-Jähri­ge im Rücken der RB-Abwehr wunder­bar von Thomas Müller bedient worden und hatte den Ball ins Tor gewuchtet.

Goretz­ka musste liefern, schließ­lich hatte Müller seine freie Zeit in der Länder­spiel­pau­se genutzt und ihm den Spitz­na­men «Scoretz­ka» verpasst. «Er hat wohl ein bisschen Lange­wei­le gehabt», sagte Goretz­ka und thema­ti­sier­te zugleich die keines­wegs überra­gen­de Vorstel­lung der Bayern: «Man hat gesehen, dass uns zum Ende die Kräfte gefehlt haben. Da muss man es verste­hen, in der eigenen Hälfte zu verteidigen.»

Regel­recht einge­schnürt wurde der Rekord­meis­ter über weite Strecken der zweiten Halbzeit von Leipzig. Und deshalb ließ es die Nagels­män­ner ziemlich ernüch­tert zurück, dass in diesem Bundes­li­ga-Gipfel viel mehr möglich gewesen wäre. Hätte RB nur die Effizi­enz der Bayern gehabt. «Es war der kleine Unter­schied, dass die aus einer Chance das Tor machen», sagte Kapitän Marcel Sabit­zer. Man habe dominant gespielt und sei richtig gut gewesen. «Wenn du dann kein Tor machst, dann tut das richtig weh. Man muss einfach in so einem Spiel einen machen.»

Mehr Torab­schlüs­se, mehr Pässe, mehr Ballbe­sitz, mehr Ecken, mehr gelau­fe­ne Kilome­ter. Bis auf eine entschei­den­de Stelle lesen sich die Statis­ti­ken wunder­bar für Leipzig. «Am Ende des Tages müssen wir halt ein Tor machen», beton­te Nagels­mann. Der 33-Jähri­ge hat nun die Aufga­be, die Spannung in der Mannschaft hoch zu halten. Schließ­lich hat man noch die Chance auf das Pokalfinale.

Da bei den Bayern das Thema Meister­schaft durch ist und Paris Saint-Germain in der Champi­ons League am Mittwoch als schlag­bar gilt, gibt es an der Säbener Straße andere Themen. Hansi Flicks mögli­che Zukunft als Bundes­trai­ner ist eines davon. Flick selbst äußer­te sich nicht, gab aller­dings auch kein klares State­ment zu der Zeit über die Saison hinaus ab.

Auch der designier­te Bayern-Chef Oliver Kahn behielt den Blick auf der aktuel­len Saison. «Ich habe in den vergan­ge­nen Wochen das eine oder andere Gespräch mit Hansi gehabt und konnte in diesen Gesprä­chen nicht feststel­len, dass er da große Tenden­zen hat, was die Natio­nal­mann­schaft anbelangt», sagte der frühe­re Natio­nal­tor­wart. Flick wolle sich auf die laufen­de Saison konzen­trie­ren. So räumt man ein Thema nicht ab.

Über Müller redete Flick dagegen gern. Die erneut starke Vorstel­lung bestä­tig­te die, die eine Rückkehr des Rio-Weltmeis­ters in die Natio­nal­mann­schaft fordern. «Thomas Müller spielt eine sensa­tio­nel­le Saison. Er ist wichtig für uns, kann wichtig für andere Mannschaf­ten sein, aber das muss Joachim Löw entschei­den, er hat seine Vorstel­lung», sagte Flick.