SIGMARINGEN – An den selbst­lo­sen Dienst an den Nächs­ten und das Wirken der Barmher­zi­gen Schwes­tern vom Heili­gen Vinzenz von Paul und der Gorhei­mer Franzis­ka­ner in Sigma­rin­gen erinnern zwei Stelen auf dem Hedin­ger Fried­hof. Die Katho­li­sche Kirchen­ge­mein­de Sigma­rin­gen hat in Koope­ra­ti­on mit der Vinzenz von Paul gGmbH und der Stadt Sigma­rin­gen im Zuge der Neuge­stal­tung des Hedin­ger Fried­hofs eine Gedenk­stät­te errich­tet, die auf lange Tradi­ti­on der Schwes­tern und Ordens­brü­der in Sigma­rin­gen zurück­blickt. Vergan­ge­nen Donners­tag segne­te der Leiten­de Pfarrer Ekkehart Baumgart­ner von der Katho­li­schen Kirchen­ge­mein­de Sigma­rin­gen die Stelen bei einer kleinen Feier­stun­de mit Bürger­meis­ter Dr. Marcus Ehm, Vertre­tern der Stadt, Barba­ra Jungwirth, Regio­nal­lei­tung der Vinzenz von Paul gGmbH Sigmaringen/Tübingen, Pasto­ral­re­fe­rent Hermann Brodmann, Vinzen­ti­nerin­nen aus dem Kloster Unterm­arch­tal und dem Mutter­haus in Heppen­heim. “Wie die Menschen ihre Toten bestat­ten wirft immer ein Licht auf die Gesell­schaft, wie sie ihrer Toten geden­ken. Was ist ihnen wichtig, an Werten, die sie leben oder was möchten sie auch zum Ausdruck bringen für die Leben­den”, gab Pasto­ral­re­fe­rent Hermann Brodmann zu Beden­ken und erinner­te an die 171 Jahre selbst­lo­sen Dienst durch die Vinzen­ti­nerin­nen in Sigma­rin­gen in der Kranken- und Alten­pfle­ge und der Erzie­hung eltern­lo­ser Kinder. “Es ist eine Gedenk­stät­te für alle Vinzen­ti­nerin­nen, die je in Sigma­rin­gen gearbei­tet haben”, hob der Pasto­ral­re­fe­rent hervor. 2018 waren die letzten fünf Vinzen­ti­nerin­nen in das Mutter­haus Heppen­heim verab­schie­det worden. 

Ursprüng­lich gab es auf dem Hedin­ger Fried­hof zwei Grabstät­ten für die Vinzen­ti­nerin­nen. Die Grabfel­der wurden nun bei der Umgestal­tung des Hedin­ger Fried­hofs zusam­men­ge­legt und die Gedenk­stei­ne bewusst schlicht einge­bet­tet in das Gesamt­kon­zept, schil­der­te Bürger­meis­ter Dr. Marcus Ehm. Die Stadt habe dafür rund 9.000 Euro in die Hand genom­men. Der Bürger­meis­ter begrün­de­te: “Von 1847–2018 haben die ehrwür­di­gen Schwes­tern vom Hl. Vinzenz von Paul in Sigma­rin­gen den Kranken, Armen, Alten und Kindern gedient und dadurch einen sehr wertvol­len Teil zu unserem gesell­schaft­li­chen Zusam­men­le­ben in unserer Stadt und dem nahen Umland geleis­tet. Gleich­sam möchten wir heute auch den Franzis­ka­ner­mön­chen der Thürin­gi­schen Ordens­pro­vinz Fulda geden­ken, die von 1892 bis in das Jahr 2000 in Sigma­rin­gen, vom Kloster Gorheim ausge­hend, in vieler­lei Hinsicht ebenfalls sehr segens­reich gewirkt haben.” Man wolle mit den Gedenk­ste­len die Dankbar­keit von Seiten der Stadt für die geleis­te­te Arbeit der Ordens­schwes­tern und Ordens­brü­der sicht­bar machen. Die Vinzenz von Paul gGmbH hat die Stele zur Grabstät­te der Barmher­zi­gen Schwes­tern zum Heili­gen Vinzenz von Paul und zu deren Erinne­rung gestif­tet. Barba­ra Jungwirth, Regio­nal­lei­tung Sigmaringen/Tübingen der Vinzenz von Paul gGmbH dankte den Vinzen­ti­nerin­nen aus Unterm­arch­tal und Heppen­heim für ihre Anrei­se und freute sich, gemein­sam mit der Katho­li­schen Kirchen­ge­mein­de und der Stadt dieses gemein­sa­me Projekt durch­ge­führt zu haben. Sie unter­strich: “Es ist nicht nur eine Stele, sondern einer Symbol unserer Zusam­men­ar­beit, unseres gemein­sa­men Auftrags. Wir alle haben einen Auftrag für die Alten, Armen und die Kranken. Wir als Vinzenz von Paul gGmbH sind stolz darauf, diesen vinzen­ti­ni­schen Auftrag fortset­zen zu dürfen.” Sr. Maria Brigit­ta vom Mutter­haus der Vinzen­ti­nerin­nen in Heppen­heim zeigte sich erstaunt, erfreut und bewegt darüber, dass sich die Stadt dieser Grabstät­te anneh­me. Die Vinzen­ti­nerin überbrach­te die Grüße der Mitschwes­tern aus dem Mutter­haus, die hier in Sigma­rin­gen gelebt und ein Stück Sigma­rin­ger Geschich­te mitge­schrie­ben hätten. Sr. Maria Brigit­ta dankte: “Wir sind sehr, sehr dankbar für dieses Zeichen des Wohlwol­lens und Geden­kens der Schwestern.”

Pfarrer Ekkehard Baumgart­ner blick­te zurück: “Klingt das nicht fast wie ein Märchen in unseren Ohren heute? Vor 50 Jahren gab es in Deutsch­land noch tausen­de von Frauen – die eigent­lich für Gottes­lohn die Kranken in den Kranken­häu­sern und zuhau­se pfleg­ten, als Gemein­de­schwes­tern die Alten pfleg­ten, im Kinder­gar­ten die Kinder betreu­ten und eltern­lo­se Kinder in den Heimen. Schwes­tern, die Nähschu­len betrie­ben, und an den Schulen unter­rich­te­ten — aus christ­li­cher Nächs­ten­lie­be, um so ihrem Leben einen Sinn zu geben, in geleb­ter Barmher­zig­keit als Ordens­schwes­ter. Jetzt sind sie aus dem öffent­li­chen Bewusst­sein fast verschwun­den und es ist eigent­lich erschüt­ternd, wie schnell wir sie als Gesell­schaft zu verges­sen drohen – bei dem, was sie geleis­tet haben.” 

Nur wenige Schrit­te von der Gedenk­stät­te für die Vinzen­ti­nerin­nen entfernt, neben der Statue des Heili­gen Franzis­kus, die den Heili­gen in seiner Nähe zu den Vögeln zeigt, weist eine zweite Stele auf die Gorhei­mer Franzis­ka­ner hin, die über 110 Jahre in Sigma­rin­gen hinweg gelebt und Seelsor­ge betrie­ben haben.

1890 hatten Franzis­ka­ner aus dem Mutter­haus Frauen­berg bei Fulda das Kloster in Gorheim übernom­men. Von 1894 an war Gorheim theolo­gisch-philo­so­phi­sche Hochschu­le der thürin­gi­schen Ordens­pro­vinz. Nach dem Zweiten Weltkrieg inter­na­tio­na­li­sier­te sich die Einrich­tung. In Gorheim studier­ten Brüder aus polni­schen, spani­schen, kroati­schen und italie­ni­schen Provin­zen, aus der Japan­mis­si­on und der eigenen Provinz. Die Franzis­ka­ner leiste­ten Aushil­fe in der Seelsor­ge in und außer­halb der Stadt Sigma­rin­gen, hielten Missio­nen und Exerzi­ti­en ab und waren als Kranken­haus­seel­sor­ger am Fürst-Carl-Landes­kran­ken­haus sowie am späte­ren Kreis­kran­ken­haus Sigma­rin­gen tätig, wirkten als Seelsor­ger. Im Ersten Weltkrieg diente Gorheim als Lazarett, auch die Patres taten dort Dienst. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde das Kloster erneut als Lazarett genutzt. 1990 feier­te der Konvent sein hundert­jäh­ri­ges Bestehen, Zehn Jahre später, im Jahr 2000, endete die Geschich­te der Franzis­ka­ner in Gorheim aufgrund von Nachwuchs­man­gel und Überalterung.