BIBERACH – Ein kleiner Freitags­markt; Testfa­mi­li­en, die das Waren­an­ge­bot in der Stadt beurtei­len; eine Stärkung der Online­kom­pe­tenz der Biber­acher Einzel­händ­ler: Das sind konkre­te Inhal­te des neuen Stadt­mar­ke­ting­kon­zep­tes, das der Haupt­aus­schuss für gut befun­den und der Gemein­de­rat beschlos­sen hat. Das vorlie­gen­de Eckpunk­te­pa­pier soll stetig fortge­schrie­ben und der Gemein­de­rat bei der Umset­zung regel­mä­ßig einge­bun­den werden. 

Der Bereich Stadt­mar­ke­ting ist seit dem 1. Januar 2020 in das Amt für Liegen­schaf­ten und Wirtschafts­för­de­rung integriert, das wieder­um dem Dezer­nat für Wirtschaft und Bildung zugeord­net ist. Durch diesen Zusam­men­schluss können künftig Syner­gien genutzt und wirtschafts­re­le­van­te Themen aus einer Hand bedient werden. Stadt­mar­ke­ting sei ein dynami­scher Prozess, der durch vieler­lei Einflüs­se geprägt werde, sagte Erster Bürger­meis­ter Ralf Miller bei der Vorstel­lung des neuen Konzep­tes in Haupt­aus­schuss und Gemein­de­rat. Trends, techni­scher Fortschritt oder Ereig­nis­se wie die anhal­ten­de Corona-Pande­mie­la­ge wirken sich auf die Wirtschaft aus und bedeu­ten nicht selten einen spürba­ren Einschnitt in das wirtschaft­li­che Gefüge einer Innenstadt.

Bereits vor Beginn der Corona-Pande­mie habe der Bereich Stadt­mar­ke­ting deutlich an Bedeu­tung gewon­nen. Themen wie Leerstands­ma­nage­ment, Verbes­se­rung der Online­prä­senz oder Attrak­ti­vie­rung der Innen­stadt seien verstärkt in den Fokus gerückt und hätten ein aktives Stadt­mar­ke­ting unumgäng­lich gemacht. Mit der Neuauf­la­ge des Stadt­mar­ke­ting­kon­zep­tes wolle man nun schnell und zielori­en­tiert auf aktuel­le Entwick­lun­gen reagie­ren. In den nächs­ten drei Jahren werde eine Vielzahl von Maßnah­men umgesetzt, die das aktive Gesche­hen in der Stadt ergän­zen und berei­chern sollen. Gemein­sam mit lokalen Akteu­ren wie der Werbe­ge­mein­schaft, der biber­Card, der Gastro­no­mie und anderen, soll ein leben­di­ges Projekt entste­hen, das die Biber­acher Innen­stadt in ihrer Einzig­ar­tig­keit und Vielfalt erhält und weiter­ent­wi­ckelt. Bereits im Vorfeld sei das Konzept den Vorstän­den von Werbe­ge­mein­schaft, biber­Card und dem Runden Tisch der Gastro­no­men im Rahmen eines Eckpunk­te­pa­piers vorge­stellt worden, sagte Miller.

Mit der Neuauf­la­ge soll Folgen­des erreicht werden: Mehr Sicht­bar­keit und Wahrneh­mung der Stadt; Erhalt und Stärkung von Einzel­han­del und Gastro­no­mie; ein Branchen­mix bzw. Angebots­viel­falt; eine Reduzie­rung der Leerstän­de; eine Frequenz­stei­ge­rung in der Innen­stadt; noch stärke­re Vernet­zung und Zusam­men­ar­beit sowie neue Events und Impul­se. Um eine zukunfts­ori­en­tier­te Angebots­viel­falt mit gleich­zei­ti­ger Steige­rung der Attrak­ti­vi­tät zu errei­chen, sei der Erhalt bzw. die Optimie­rung des Branchen­mixes in der Biber­acher Innen­stadt unerläss­lich, so Miller. Dazu brauche es eine quali­fi­zier­te zeitna­he Marktanalyse.

Idee von Testfamilien

Ralf Miller nannte einige konkre­te Vorschlä­ge, die er gemein­sam mit seinem Team (Irene Emmel und Tanja Volk) erarbei­tet hat und die bis 2023 umgesetzt werden sollen. Zum Beispiel die Idee von Biber­acher „Testfa­mi­li­en“ mit unter­schied­li­chen (Alters-) Struk­tu­ren, die während eines festge­leg­ten Zeitraums, beispiels­wei­se zwei Monate, ausschließ­lich in Biber­ach konsu­mie­ren. Alle Einkäu­fe und Anschaf­fun­gen, quasi von A wie Auto bis Z wie Zwieback erfol­gen bei Biber­acher Unter­neh­men. Dies könne im statio­nä­ren Handel vor Ort, aber auch online erfol­gen. Selbst­ver­ständ­lich erhal­ten die Famili­en einen Anreiz und über die Erfah­run­gen wird dann auch berich­tet. Oder: Wirtschafts­för­de­rung und Stadt­mar­ke­ting möchten zusam­men mit dem Digita­li­sie­rungs­zen­trum „Ulm Alb-Donau Biber­ach“ die Online­kom­pe­ten­zen der Biber­acher Einzel­händ­ler stärken. Außer­dem will man weite­ren Leerstän­den entge­gen­wir­ken, indem man zum Beispiel in leer stehen­den Geschäf­ten künst­li­che Schau­fens­ter­ku­lis­sen nachstellt, wie in England erfolg­reich gesche­hen, die beispiel­haft und in 3D zeigen, welche Geschäf­te in einer bestimm­ten Straße sinnvoll sind.

Was die Märkte betrifft, könnte der Wochen­markt in den Nachmit­tag hinein verlän­gert und ein neuer Markt etabliert werden: „Unser kleiner Freitags­markt“. Abwei­chend zu den bestehen­den Markt­ta­gen, könnte dieser neue Markt in der Mittags­zeit begin­nen und bis in den Abend gehen. Er soll keine Konkur­renz für die bestehen­den Wochen­markt­ta­ge darstel­len, sondern vielmehr als ergän­zen­des Angebot dienen. Vorstell­bar sei, Waren anzubie­ten, die an den anderen Markt­ta­gen nicht erhält­lich sind. Zum Beispiel: Stände mit veganen Produk­ten oder inter­na­tio­na­le Spezia­li­tä­ten. Entspre­chen­de Imbiss­stän­de könnten zur kulina­ri­schen Vielfalt beitragen.

Chris­toph Funk (FDP) lobte die hervor­ra­gen­de Vorla­ge. Das, was die Verwal­tung selber erledi­gen könne, müsse jetzt mit Nachdruck auch gemacht werden. Um erfolg­reich zu sein, müsse man Wohnen, Dienst­leis­tung, Handel und Gastro­no­mie zusam­men­brin­gen. Auch Johan­nes Walter (CDU) sprach von einer lang ersehn­ten, ausge­zeich­ne­ten Vorla­ge. Die Ideen zu den Märkten hätten ihm sehr gut gefal­len, man müsse aber auch die Event­kul­tur stärken, was das Konzept ja auch berück­sich­ti­ge. Für die CDU sei eine wichti­ge Frage, ob so viel Arbeit nicht eine Perso­nal­stel­le mehr erfor­dert. Das sieht auch Peter Schmid (Grüne) so: „Das Einzi­ge, was fehlt, ist eine Stelle mehr; und die sollte man so bald wie möglich schaf­fen.“ Die neue Konzep­ti­on gehe weit über das hinaus, was man gewöhn­lich unter Stadt­mar­ke­ting verste­he, lobte Ulrich Heinke­le (Freie Wähler). Die Idee des kleinen Freitag­mark­tes findet er „richtig gut“. Lob kam auch von der SPD, aller­dings erschließt sich Rudolf Metzger die Idee der Testfa­mi­lie „nicht so richtig“. Er würde statt­des­sen die Leute direkt befra­gen, warum sie bevor­zugt in Ravens­burg und Ulm einkauf­ten und nicht in Biber­ach. Beim kleinen Freitags­markt müsse man sich unbedingt mit der Gastro­no­mie abspre­chen wegen mögli­cher Konkur­renz. Zur Steige­rung der Aufent­halts­qua­li­tät in der Innen­stadt gehört für die SPD wesent­lich, dass insge­samt mehr Außen­gas­tro­no­mie möglich wird. Für Ralf Heiden­reich (Die Linke) ist der Schlüs­sel für einen erfolg­rei­chen Biber­acher Einzel­han­del die digita­le Fortbil­dung. Nur derje­ni­ge Händler, der zusätz­lich ein Inter­net­an­ge­bot hat, wird bleiben, ist er überzeugt.