FRIEDRICHSHAFEN — In Markdorf im Bodenseekreis ist eine Alpenfledermaus aufgetaucht. Das ist deshalb bemerkenswert, da diese Art noch nie in Baden-Württemberg nachgewiesen wurde. Ihre Heimat ist eigentlich der Mittelmeerraum. Offensichtlich hat sich aber zumindest ein Exemplar im milden Bodenseeklima niedergelassen und zeugt damit von einer Verschiebung des Lebensraums wilder Tiere aufgrund des Klimawandels.
Zurzeit ist die kleine Fledermaus zu Gast bei Sylvia Koß von der Naturwerkstatt. Sie ist Naturpädagogin und nimmt immer wieder aufgefundene Wildtiere bei sich zuhause auf. Auch der Finder der Alpenfledermaus hatte sich bei ihr gemeldet, als er seiner Katze ein merkwürdiges Tier abnahm.
Die erste Frage von Sylvia Koß ist immer: “Ist die Fledermaus so groß wie eine Streichholzschachtel oder wie eine Tempopackung?” Über die Größe kann nämlich schon mal grob die Art bestimmt werden. Als der Anrufer Streichholzschachtel sagte, wurde die Naturpädagogin hellhörig.
“Ich habe dann Fotos der Fledermaus zum Fledermausexperten Christian Dietz gemailt, damit er eine Einschätzung abgeben kann.” Der Experte war elektrisiert und kam extra aus Stuttgart Haigerloch nach Friedrichshafen gefahren. Nach genauer Begutachtung konnte Dietz seine Vermutung bestätigen: Das gefundene Tier ist eine Alpenfledermaus.
Bald fliegt Arthur in die Freiheit
Bis Ende April wird Arthur, so hat Sylvia Koß den geflügelten Gast genannt, noch bei ihr im Waschraum leben und seine Verletzungen auskurieren, dann darf er wieder in die Freiheit fliegen. Im Moment verbringt er seine Tage in einer Vogeltransporttasche, in deren Netz er sich hängen kann. Draußen wäre es ihm noch zu kalt und außerdem ist das Futterangebot zu gering.
Was frisst so eine Fledermaus?
Abends holt Sylvia Koß die kleine Fledermaus aus der Tasche und füttert sie mit Mehlwürmern. “So 20 Stück vertilgt er inzwischen am Tag”, meint sie lachend. Aber nur, wenn sie geköpft sind, denn den hakligen Mehlwurmkopf findet Arthur gar nicht lecker. Nach der Mehlwurmspeise darf er ein paar Runden im gut verschlossenen Wohnzimmer fliegen, dann geht’s wieder kopfunter in die Tasche.
Tipps für Fledermaus-Finder:
Wer eine hilflose oder verletzte Fledermaus findet, sollte sich Handschuhe anziehen und das Tier vorsichtig in einen mit einem Handtuch ausgelegten Karton legen. In dem Handtuch kann sich die Fledermaus festhaken und verkriechen. Dazu ein kleines Schälchen Wasser, ein Marmeladenglasdeckel reicht völlig aus. Wichtig ist, den Karton zu verschließen. “Ich sage immer: Wo ein Finger durchpasst, passt auch eine Fledermaus durch.” Telefonnummern von Experten gibt es auf den Nabu-Seiten, beim Tierheim oder beim Tierarzt.
Merkmale der Alpenfledermaus:
Die Alpenfledermaus erreicht eine Kopf-Rumpf-Länge von 4,0 bis 5,4 Zentimetern mit einer Schwanzlänge von 3,1 bis 4,3 Zentimetern und einer Flügelspannweite von 22 Zentimetern. Ihr Gewicht beträgt 5 bis 10 Gramm. Damit gehört sie zu den kleinen Fledermausarten Europas. Ihr Fell ist relativ lang und an der Oberseite gelb- bis dunkelbraun mit schwarzbrauner Haarbasis und glänzenden Haarspitzen. Die Bauchseite ist weißgelb bis grauweiß und grenzt sich damit deutlich von der Oberseite ab. Ohren und Schnauze sind fast schwarz, die Flügel dunkelbraun. Die flugfähigen Jungtiere sind etwas dunkler als die Alttiere und haben noch kaum oder keine hellen Haarspitzen.
Naturwerkstatt von Sylvia Koß:
Die Naturwerkstatt-Bodensee bietet Veranstaltungen und Informationen für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene zum Thema Natur- und Wildnispädagogik, Landart und Kräuterwanderungen. Naturgeburtstage, Wildnisküche, Kochen mit Wildkräutern, Verwendung von Heilpflanzen und Räucherkurse gehören ebenso zum Programm wie Naturerlebnistage für Schulen, Kindergärten und private Gruppen.
Kontakt:
Syliva Koß