COLMAR (dpa) — Mehre­re erwach­se­ne Menschen mit Behin­de­rung sind in einem abgele­ge­nen Ort im Elsass im Urlaub. Dann bricht in ihrer Unter­kunft etwa 50 Kilome­ter von Freiburg ein Feuer aus. Für viele kommt jede Hilfe zu spät.

Zehn Stunden nach dem verhee­ren­den Feuer steigt immer noch Rauch über dem tradi­tio­nel­len Haus im Elsass auf. In der ersten Etage stehen noch verkohl­te Holzbal­ken und Mauern. Zwischen dem Schutt sichern Feuer­wehr­leu­te in weißen Ganzkör­per­an­zü­gen Spuren.

Sie spannen weiße Tücher auf, um den Ort abzuschot­ten, an dem am frühen Mittwoch­mor­gen elf Menschen ums Leben kamen. Bei den meisten Opfern dürfte es sich um Menschen mit Behin­de­rung handeln. Laut örtli­cher Präfek­tur waren nach dem Feuer zunächst zehn behin­der­te Menschen und ein Betreu­er vermisst worden.

Um 6.33 Uhr, so berich­tet es Feuer­wehr-Oberst­leut­nant Philip­pe Hauwil­ler, wurden die Rettungs­kräf­te alarmiert. Weniger als eine Viertel­stun­de später seien die ersten Feuer­wehr­leu­te in dem beschau­li­chen Ortsteil La Forge von Wintzen­heim vor Ort gewesen. Doch zu diesem Zeitpunkt habe das Haus schon in Vollbrand gestan­den. Noch bevor die ersten Retter eingrei­fen konnten, brach­ten sich 17 Leute selbst in Sicher­heit, wie Hauwil­ler sagte. Leider längst nicht alle. Stunden später identi­fi­zier­ten die Retter auch mit einer Drohne leblo­se Körper in der Brandruine.

Das schlimms­te Unglück seit Menschengedenken

Wintzen­heim liegt nahe Colmar, einer bei Touris­ten sehr belieb­ten Stadt unweit der deutschen Grenze und Freiburg. Im abgeschie­de­nen Ortsteil La Forge steht der 76 Jahre alte Pierre auf einer Straße, er ist sicht­lich unter Schock. Gesehen habe er das Feuer am Morgen nicht. Aber: Es sei in der Region das schlimms­te Unglück, an das er sich erinnern kann.

Als das Feuer in der Morgen­däm­me­rung ausbrach, waren 28 Menschen in dem Haus unter­ge­bracht. Die örtli­che Präfek­tur schrieb von zwei Erwach­se­nen­grup­pen mit Menschen mit Behin­de­rung. Es wurde auch ein Mensch verletzt, ein weite­rer stehe unter Schock, hieß es weiter. 300 von 500 Quadrat­me­tern des Hauses fingen Feuer.

Das Haus war renoviert und in «perfek­tem Zustand»

Ermitt­lun­gen sollen nun klären, wie es zu dem Brand kam. Die Justiz vermu­tet einen Schwel­brand. Das sagte die Vizestaats­an­wäl­tin von Colmar, Natha­lie Kielwas­ser, in Wintzen­heim. Das Haus bestehe zum Teil aus Fachwerk. Das Holz habe wohl erst nach einigen Stunden wirklich Feuer gefangen.

Daniel Leroy, stell­ver­tre­ten­der Bürger­meis­ter von Wintzen­heim, sagte: «Wir kennen diese Herber­ge. Diese Unter­kunft hat sehr gut funktio­niert und keine Proble­me gemacht.» Vertre­ter der Gemein­de hätten das Haus von innen gesehen. Alles sei renoviert und in «perfek­tem Zustand» gewesen.

Leroy zufol­ge brann­te das Gewöl­be des Hauses, die Bedachung sei einge­stürzt. Der gesam­te obere Bereich sei zerstört worden. Nur das Erdge­schoss, in dem sich die Gemein­schafts­räu­me befan­den, sei intakt geblieben.

Am Nachmit­tag reiste Frank­reichs Premier­mi­nis­te­rin Élisa­beth Borne in den kleinen elsäs­si­schen Ort. Vor Ort nannte sie den Vorfall entsetz­lich und sicher­te den Famili­en der Opfer ihre Unter­stüt­zung zu. «Das ist ein Drama, das uns mitten im Sommer alle trifft.»

Frank­reichs Präsi­dent Emmanu­el Macron schrieb am Morgen zu dem Brand auf Twitter: «Angesichts dieser Tragö­die denke ich an die Opfer, an die Verletz­ten, an die Menschen, die ihnen naheste­hen.» Innen­mi­nis­ter Gérald Darma­nin dankte der Feuer­wehr für ihren schnel­len Einsatz.

Einige Ferien­gäs­te waren offen­bar aus Nancy ins rund zwei Autostun­den entfern­te Wintzen­heim gereist. Der Bürger­meis­ter von Nancy, Mathieu Klein, kondo­lier­te bei Twitter, er sei in Gedan­ken bei den Opfern und ihren Famili­en. Auch die Erste Bürger­meis­te­rin von Nancys Partner­stadt Karls­ru­he, Gabrie­le Luczak-Schwarz (CDU), zeigte sich betrof­fen. «Die Nachricht vom tödli­chen Feuer in Wintzen­heim erschüt­tert und geht sehr nah.» Karls­ru­he fühle sich in diesem Moment Nancy beson­ders eng verbunden.

Von Rachel Boßmey­er (Paris) und Chris­ti­an Böhmer (Wintzen­heim), dpa