Tokio (dpa) — Emanu­el Buchmann und Maximi­li­an Schach­mann wollen die mehr als zwei Jahrzehn­te Warte­zeit auf eine Medail­le im Straßen­rad­ren­nen am Samstag in Tokio beenden. Als Favorit gilt der Tour-Sieger.

Domina­tor Tadej Pogacar will nach seinem Tour-Triumph als Olympia­sie­ger Geschich­te schrei­ben, Maximi­li­an Schach­mann die deutsche Durst­stre­cke mit seinem «Rennin­stinkt» beenden.

21 Jahre nach der Gold-Fahrt von Jan Ullrich in Sydney träumt der Berli­ner von einem ähnli­chen Coup am Fuße des Mount Fuji. «Wenn ich im Finale dabei bin, muss ich meinem Rennin­stinkt folgen», sagte Schach­mann. Dass der insbe­son­de­re bei schwe­ren Einta­ges­ren­nen intakt ist, bewei­sen seine dritten Plätze beim Amstel Gold Race, Lüttich-Basto­gne-Lüttich und der Strade Bianche.

Wenn am Samstag­mor­gen im Musashi­no­no­m­ori Park der Start­schuss fällt, liegen knüppel­har­te 234 Kilome­ter und fast 5000 Höhen­me­ter vor den Fahrern. Dass die Natio­nen nur mit maximal fünf Fahrern vertre­ten sind, macht die Sache noch kniff­li­ger. «Wir sind auf jeden Fall ein besse­res Team als in Rio, damals stand ein Bahnsprin­ter am Start», sagte Simon Geschke. Neben ihm und Schach­mann tragen außer­dem Emanu­el Buchmann und Nikias Arndt das Trikot des Bundes Deutscher Radfahrer.

Klare Rollen­ver­tei­lung

Die Rollen sind — fast — klar verteilt. Geschke und Arndt erledi­gen die Helfer­diens­te, Schach­mann ist Kapitän. Und Buchmann ist als freies Element irgend­wo dazwi­schen. «Ich rechne mir eine gewis­se Chance aus. Wenn man offen­siv fährt, ist etwas möglich», sagte Buchmann. Taktisch ist ein zweiter starker Bergfah­rer auf jeden Fall sinnvoll. Zumal eine Vorent­schei­dung wohl am enorm steilen Mikuni Pass 33 Kilome­ter vor dem Ziel fallen wird und es dann mit massi­vem Druck auf dem Pedal zum Ziel auf dem Fuji Inter­na­tio­nal Speed­way gehen wird.

Neben Schach­mann rechnen sich vor allem die Stars der Szene Chancen auf Edelme­tall aus. Slowe­ni­en wird mit Pogacar und Primoz Roglic dabei sein, die Kolum­bia­ner mit Rigober­to Uran, die Belgi­er haben in Wunder­kind Remco Evene­p­oel und Alles­kön­ner Wout van Aert ebenfalls zwei Trümp­fe dabei. «Ich bin super motiviert, für mein Land zu fahren. Olympia gibt es nur alle vier Jahre, das will ich mir nicht entge­hen lassen», sagte Pogacar.

Keine Tour-Atmosphä­re

Auf eine Atmosphä­re wie jüngst bei der Tour werden die Radpro­fis dabei verzich­ten müssen. Während am Col du Portet Zehntau­sen­de Menschen an der Straße standen, ist man in Japan aufgrund der Corona-Beschrän­kun­gen zurück im Geister­land. «Es ist ganz komisch. Man hat das Gefühl, man fährt ein Trainings­ren­nen, aber eigent­lich ist es ein riesen Event. Für den Kopf ist das nicht so schön», sagte Geschke.

Auch für Buchmann springt der Olympia-Funke nicht wirklich über. «Wir sind nicht im olympi­schen Dorf unter­ge­bracht, von daher wird es eine ganz andere Stimmung als sonst», sagte der 28-Jähri­ge, der bereits in Rio de Janei­ro am Start gestan­den hatte. «Im Prinzip fährt man da sein Radren­nen und dann fliegt man wieder nach Hause. Olympia-Flair kommt da nicht auf.» Mit einer Medail­le im Gepäck dürfte es dennoch ein angeneh­mer Rückflug werden.

Von Tom Bachmann, dpa