Diesmal verspielt die Natio­nal­mann­schaft ihre Führung nicht. Das 2:1 im Risiko­ge­biet Ukrai­ne ist kein Glanz­stück, das Joachim Löw bejubeln darf. Ginter und Goretz­ka treffen vor einer stimmungs­vol­len Kulisse.

Beim am Ende noch etwas wackli­gen 2:1 (1:0) gegen die Ukrai­ne im Corona-Risiko­ge­biet Kiew waren vor 17.573 Zuschau­ern Abwehr­spie­ler Matthi­as Ginter (20. Minute) und der von einem krassen Torwart­feh­ler profi­tie­ren­de Leon Goretz­ka (49.) mit ihren Toren Löws Matchwinner.

«Ich bin zunächst mal zufrie­den, dass wir gewon­nen haben», sagte Löw in der ARD: «Wir hätten aber schon vor dem Gegen­tor 3:0 oder 4:0 führen können.» Auch der Gladba­cher Ginter sagte «geht so» zu einem Auftritt, den der Weltmeis­ter von 2014 gut analy­sier­te: «Wir wissen auch, dass wir nicht die Sterne vom Himmel gespielt haben.» Ginter beton­te aber auch: «Auf unserem Weg helfen uns nur Siege weiter.»

Nach dem Anschluss­tor von Ruslan Malinow­ski (76.) per Foulelf­me­ter war erneut die Gefahr vorhan­den, auch im vierten Länder­spiel nach der Corona-Pause gegen einen stark ersatz­ge­schwäch­ten Gegner wieder einen Vorsprung zu verspie­len. «Wir hätten das Spiel früher entschei­den können», sagte auch der persön­lich glück­lo­se Angrei­fer Serge Gnabry zur ausbau­fä­hi­gen Chancen­ver­wer­tung. Mit dem Pflicht­sieg wahrte die DFB-Auswahl mit vier Punkten aus Partien die Chance, in der Natio­nen­li­ga weiter mit Tabel­len­füh­rer Spani­en (7) um den Gruppen­sieg kämpfen zu können. Schon am Diens­tag­abend (20.45 Uhr) steht in Köln gegen die Schweiz das nächs­te Punkt­spiel auf dem Programm.

«Es ist ein Tag, wo man ablie­fern muss», sagte Ex-Natio­nal­spie­ler Basti­an Schwein­stei­ger in seiner Funkti­on als ARD-Exper­te vor dem Anpfiff. Löw schaff­te dafür die perso­nel­len Voraus­set­zun­gen. Auf neun Positio­nen verän­der­te der Bundes­trai­ner die Start­elf im Vergleich zum 3:3 im Testspiel gegen die Türkei drei Tage zuvor in Köln. Nur Julian Draxler und Antonio Rüdiger durften wieder in der Start­elf auflau­fen, die erstmals nach elf Monaten wieder von Manuel Neuer als Kapitän angeführt wurde. Die Rückkehr der fünf Münch­ner Sieger­ty­pen und auch der beiden Leipzi­ger Flügel­spie­ler Lukas Kloster­mann und Marcel Halsten­berg machte sich insge­samt positiv bemerkbar.

Niklas Süle struk­tu­rier­te die Abwehr, verschul­de­te aber mit einem ungeschick­ten Tackling den Elfme­ter gegen Mittel­stür­mer Roman Jaremt­schuk. «Der Elfme­ter warv unnötig», rüge Löw die Aktion von Süle. Der Münch­ner hätte den Gegen­spie­ler nur beglei­ten müssen. Durch das Gegen­tor geriet das DFB-Team nochmals in Bedrängnis.

Insbe­son­de­re Joshua Kimmich brach­te als zentra­le Figur im Mittel­feld Sicher­heit ins deutsche Spiel. Goretz­kas Dynamik tat ebenfalls gut — und vorne war Gnabry sehr präsent. Was bei ihm fehlte, war diesmal die gewohn­te Präzi­si­on im Abschluss. Das Publi­kum unter­stütz­te lautstark das Heimteam, das sich drei Tage nach einem 1:7 in Paris gegen Weltmeis­ter Frank­reich mit sechs neuen Akteu­ren nach Kräften wehrte. Die deutschen Spieler motivier­te die in Corona-Zeiten so vermiss­te Fußball­at­mo­sphä­re im Stadi­on aber auch.

Der Beginn war zäh, aber nach dem ersten Tor kontrol­lier­te Löws A‑Formation lange Zeit das Gesche­hen auf dem holpri­gen Rasen. Dabei waren es nach einer Ecke zwei Abwehr­spie­ler, die für die Führung sorgten. Nach energi­scher Vorar­beit von Rüdiger im Straf­raum spitzel­te der Gladba­cher Ginter den Ball mit der Fußspit­ze ins Netz.

Schon bis der Pause hätte die DFB-Auswahl nachle­gen können. Doch Ersatz­tor­wart Georgi Buscht­schan parier­te zweimal glänzend bei einem Distanz­schuss von Kimmich (31.) und einem Flugkopf­ball von Gnabry (35.). Der 26 Jahre alte Keeper von Dynamo wurde dann aber in seinem zweiten Länder­spiel kurz nach der Pause vom Retter zum Verlie­rer. Eine harmlo­se Flanke des Leipzi­gers Lukas Kloster­mann ließ er aus den Händen auf den Kopf von Goretz­ka gleiten, der das Geschenk annahm.

Die Ukrai­ner waren nun gezeich­net von den Ausfäl­len und dem Unter­gang gegen die Franzo­sen. Sie gaben sich aber nie auf. Die Gäste konnten das Spiel vor dem nächt­li­chen Heimflug weitge­hend kontrol­lie­ren. Löw vermiss­te aber wieder die letzte Konse­quenz in der Verwer­tung der Torchan­cen. Der agile Draxler hätte nach feiner Vorar­beit von Gnabry auf 3:0 erhöhen müssen, schoss aber den Torwart an (51.). Eine der wenigen Umschal­tak­tio­nen der Ukrai­ner führte zum Elfme­ter. Gnabry hätte bei einer weite­ren verge­be­nen Großchan­ce das Zittern früher beenden können. Er schei­ter­te an Unglücks­ra­be Buscht­schan (82.).