WEINGARTEN – Im Jahr 2006 gründe­ten die EnBW Energie Baden-Württem­berg AG in Zusam­men­ar­beit mit der Indus­trie- und Handels­kam­mer (IHK) Boden­see-Oberschwa­ben gemein­sam mit regio­na­len Unter­neh­men das erste EnBW Netzwerk Energie­ef­fi­zi­enz Ravens­burg – mit dem Ziel, Energie effizi­en­ter zu nutzen, Kosten zu reduzie­ren und die Umwelt zu entlas­ten. Rund 40 Unter­neh­mens­ver­tre­ter und Exper­ten aus der Energie­wirt­schaft kamen Ende Septem­ber zu einem Netzwerktref­fen in die IHK nach Weingar­ten oder wurden digital zugeschal­tet, um die vergan­ge­nen 15 Jahre Revue passie­ren zu lassen und über Zukunfts­auf­ga­ben zu sprechen. 

Klima­schutz- und Energie­po­li­tik sind sehr dynami­sche Themen mit vielen Änderun­gen im recht­li­chen Bereich, beton­te IHK-Haupt­ge­schäfts­füh­re­rin Anje Gering in ihrer Begrü­ßung die Bedeu­tung des Netzwerks für die betei­lig­ten Unter­neh­men. Gemein­sam gelte es, enorme Heraus­for­de­run­gen des Klima­wan­dels mit Auswir­kun­gen in so vielen Berei­chen zu bewäl­ti­gen. Ein effek­ti­ves Manage­ment aller Betei­lig­ten sei hierbei gefor­dert. Zahlrei­che bürokra­ti­sche und gesell­schaft­li­che Hürden müssten überwun­den werden, beton­te Anje Gering und stell­te – auch mit Blick auf Trans­for­ma­ti­on und Digita­li­sie­rung – stimmi­ge Rahmen­be­din­gun­gen in den Vorder­grund: „Wir brauchen Entbü­ro­kra­ti­sie­rung, eine Verein­fa­chung und Digita­li­sie­rung der Verwal­tungs- und Geneh­mi­gungs­ver­fah­ren, Steuer­ent­las­tun­gen und nachhal­ti­ge Anrei­ze für Inves­ti­tio­nen.“ Große Sorgen machen den Unter­neh­men die aktuel­len Energie­prei­se und der Blick auf den Ausbau­stand der für die Energie­wen­de notwen­di­gen Netze. Gering bestä­tig­te deshalb, dass die IHK-Organi­sa­ti­on diesbe­züg­lich im Dialog mit der Politik bleiben werde. 

„Energie­ef­fi­zi­enz sei für einen wirksa­men Klima­schutz unver­zicht­bar“, zitier­te Veran­stal­tungs­mo­de­ra­tor Armin Schrei­jäg, EnBW, Dr. Manfred Loistl aus dem baden-württem­ber­gi­schen Minis­te­ri­um für Umwelt, Klima und Energie­wirt­schaft aus dessen Einfüh­rungs­re­de vor 15 Jahren. „Der Klima­wan­del habe spürbar einge­setzt, die Katastro­phen hätten sich verdop­pelt. Baden-Württem­berg sei davon überdurch­schnitt­lich betrof­fen“, so Schreijäg. 

Weltwei­te Netzwerkbildungen

Die renta­blen Energie­ef­fi­zi­enz-Poten­zia­le seien enorm groß, würden vielfach aber noch zu wenig erkannt, sagte Profes­sor Dr.-Ing. Eberhard Jochen, Senior Adviser am Insti­tut für Ressour­cen­ef­fi­zi­enz und Energie­stra­te­gie (IREES), der sich virtu­ell aus Essen zu dem Netzwerktref­fen dazuschal­te­te. Lernen­de Energie­ef­fi­zi­enz-Netzwer­ke seien neue Energie­dienst­leis­tun­gen. Ihre Ursprün­ge seien bereits 1987 im Zuge von drohen­den Strom­ab­schal­tun­gen in Zürich gelegen, in Deutsch­land habe die Netzwerk­ent­wick­lung 2002 mit dem ersten Energie­ef­fi­zi­enz-Netzwerk des Modells Hohen­lo­he mit Landes­för­de­rung begon­nen. „Energie­ef­fi­zi­enz wurde als Innova­ti­ons­mo­tor und Energie­kos­ten-Senker entdeckt. Die Poten­zia­le sind da“, so Profes­sor Jochem. Eine 20- bis 30 prozen­ti­ge besse­re Energie­nut­zung in Unter­neh­men binnen zehn Jahren sei sehr oft möglich – beispiels­wei­se durch Reduk­ti­on des Drucks in Druck­luft­sys­te­men, Abwär­me­nut­zung, Umstieg von Öl auf Gas und andere Maßnahmen. 

Seit dem Start der gemein­sa­men Initia­ti­ve Energie­ef­fi­zi­enz-Netzwer­ke von Bund und Wirtschaft im Dezem­ber 2014 (seit Januar 2021 wird das erfolg­rei­che Bündnis als Initia­ti­ve Energie­ef­fi­zi­enz- und Klima­schutz-Netzwer­ke fortge­setzt) gab es bis Ende vergan­ge­nen Jahres 285 Netzwerk­an­mel­dun­gen. Der Erfolg der Netzwer­ke liege nicht nur in den Energie- und Kosten­ein­spa­run­gen der Unter­neh­men. Wichti­ge Neben­ef­fek­te seien beispiels­wei­se auch eine gleich­mä­ßi­ge­re Produkt-Quali­tät, weniger Ausschuss oder eine angeneh­me­re Arbeits­at­mo­sphä­re, beton­te Profes­sor Jochem und verwies auf Gruppen- statt Einzel-Intel­li­genz, gegen­sei­ti­ge Anerken­nung der Energie­ma­na­ger sowie mehr Beach­tung und eine höhere Motiva­ti­on in den Betrie­ben. Energie­ef­fi­zi­enz-Netzwer­ke eigne­ten sich auch für kleine und mittle­re Unter­neh­men sowie Gebiets­kör­per­schaf­ten und Branchen oder auch konzern­in­tern. 75 Prozent der Netzwerk­teil­neh­mer bewer­ten laut Profes­sor Jochen den Nutzen im Verhält­nis zum Aufwand als „ziemlich bis sehr hoch“, 60 Prozent nutzen die Kontak­te über Netzwerktref­fen hinaus. Von großer Bedeu­tung für die Netzwerk­part­ner sind vor allem der Erfah­rungs­aus­tausch und Fachvor­trä­ge. Darüber hinaus sind erneu­er­ba­re Energien – laut regel­mä­ßi­gen Abfra­gen – bereits für drei Viertel ein zentra­les Thema. 580 Betrie­be (plus die Unter­neh­men in 500 chine­si­schen Netzwer­ken) sind mittler­wei­le in fast 60 Netzwer­ken weltweit in sechs Ländern involviert. 

Energie­ef­fi­zi­enz weiter­hin im Fokus

Der Fokus der gemein­sa­men Netzwerk­in­itia­ti­ve der Bundes­re­gie­rung mit 21 Wirtschafts-Verbän­den und ‑Organi­sa­tio­nen liege weiter­hin auf der Energie­ef­fi­zi­enz, das inhalt­li­che Spektrum der Netzwer­ke sei um beispiels­wei­se Klima­schutz und Nachhal­tig­keit erwei­tert worden, berich­te­te Steffen Joest, Leiter der Geschäfts­stel­le Initia­ti­ve Energie­ef­fi­zi­enz- und Klima­schutz­netz­wer­ke, der sich gleich­falls digital zuschal­te­te. Die Netzwer­ke melden Einspar­zie­le bei der Endener­gie und können zusätz­lich ein jährli­ches Ziel in Tonnen CO2-Äquiva­len­ten benen­nen. Auch die freiwil­li­ge Meldung weite­rer Ziele ist möglich. Im laufen­den Jahr (Stand: Septem­ber 2021) seien bereits 33 neue Netzwer­ke gemel­det worden, bis 2025 sollen weite­re 300 bis 350 mit einheit­li­chen Mindest­stan­dards dazukom­men, so Joest weiter. Als Ziel nannte er die Einspa­rung von 9 bis 11 Terra­watt­stun­den Endener­gie. Im Rahmen der Netzwerk­ar­beit sollen künftig auch weite­re Maßnah­men in Sachen Energie­wen­de und Treib­haus­gas­re­du­zie­rung Berück­sich­ti­gung finden. Zudem sollen Online-Kommu­ni­ka­ti­on und Infor­ma­ti­ons­ma­te­ria­li­en weiter­ent­wi­ckelt werden. „Das Monito­ring für die neue Phase der Initia­ti­ve beginnt 2022“, so Joest.

Netzwerk­ar­beit in der Praxis

Von den ersten Schrit­ten zur Energie­ef­fi­zi­enz, der Umset­zung verschie­de­ner Maßnah­men, von Technik­pha­sen, Erfol­gen, Motiva­ti­on und Highlights berich­te­ten die Netzwerk-Gründungs­mit­glie­der Günther Hohloch und Arnold Roth (ifm electro­nic gmbh) den Teilneh­mern des Netzwerktref­fens. „Wir waren und sind immer einen Schritt voraus“, sagten die ifm-Vertre­ter und lobten vor allem die sehr gute Auswahl des Teilneh­mer­krei­ses, die Unter­stüt­zung bei der Einfüh­rung von Energie­au­dits oder auch die frühe Infor­ma­ti­on über Geset­zes­än­de­run­gen. „Wir sind weiter mit im Boot“, so Hohloch und Roth.