BERLIN (dpa) — An empfind­li­chen Stellen haben Unbekann­te am Wochen­en­de die Bahn-Infra­struk­tur zerstört. Die Tat zeigt: Das Schie­nen­netz ist verwund­bar. Aber im Notfall greifen wichti­ge Mechanismen.

Aus Sicht der Deutschen Bahn haben die Notfall­kon­zep­te des Konzerns nach den Sabota­ge­ak­ten am Samstag «optimal gegriffen».

«Unsere Teams haben den Funkver­kehr bereits drei Stunden nach dem Ausfall wieder herge­stellt», sagte Fernver­kehrs­vor­stand Micha­el Peter­son am Montag in Berlin. «Das ist wirklich sehr, sehr gut, und ihnen gebührt ein großes Danke­schön dafür.»

Bereits am Samstag­vor­mit­tag hätten die Züge wieder fahren können. Die Auswir­kun­gen in Form von Verspä­tun­gen und Ausfäl­len waren im gesam­ten Fernver­kehrs­netz aller­dings noch deutlich länger zu spüren.

Neue Erkennt­nis­se oder Details zu dem Angriff nannte Peter­son am Montag nicht. Der Staats­schutz des Berli­ner Landes­kri­mi­nal­amts hat mittler­wei­le die Ermitt­lun­gen übernommen.

Die Tat setzt Insider­wis­sen voraus

Nach Angaben eines Sprechers der Bundes­po­li­zei­di­rek­ti­on Berlin vom Wochen­en­de gab es einen Tatort in der Bundes­haupt­stadt und einen weite­ren in Nordrhein-Westfa­len. Aus Sicher­heits­krei­sen hieß es, es seien in beiden Fällen vorsätz­lich sogenann­te Licht­wel­len­lei­ter­ka­bel beschä­digt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.

Das Vorge­hen setzt nach Einschät­zun­gen aus Sicher­heits­krei­sen Insider­wis­sen über die Bahn voraus. Dass bislang kein Beken­ner­schrei­ben bekannt wurde, spricht gegen Täter aus der links­extre­mis­ti­schen Szene, denen in der Vergan­gen­heit Anschlä­ge gegen die Bahn zugeschrie­ben wurden. Die «Bild»-Zeitung hatte am Sonntag berich­tet, das Bundes­kri­mi­nal­amt (BKA) halte in einer inter­nen Einschät­zung auch staat­li­che Sabota­ge für denkbar. BKA und Bundes­in­nen­mi­nis­te­ri­um kommen­tier­ten den Bericht auf Nachfra­ge nicht.

Der Sicher­heits­exper­te Peter Neumann hält auch einen Angriff Russlands für möglich. «Russland hat schon ein Inter­es­se daran, in Europa Panik zu verur­sa­chen und zu signa­li­sie­ren, dass es ganz heftig das Leben lahmle­gen kann», sagte der Wissen­schaft­ler dem Sender RTL. Aller­dings gebe es natür­lich keine eindeu­ti­gen Bewei­se. «Momen­tan ist es noch eine Theorie.»

Die Täter hatten am Samstag wichti­ge Kommu­ni­ka­ti­ons­ka­bel der Deutschen Bahn zerstört. Darauf­hin stand der Bahnver­kehr in Norddeutsch­land über mehre­re Stunden größten­teils still, weil die Kommu­ni­ka­ti­on zwischen den Leitstel­len, die den Zugver­kehr steuern, und den Zügen nicht mehr möglich war.

Die Bundes­po­li­zei soll mehr Befug­nis­se erhalten

Unzäh­li­ge Fahrgäs­te stran­de­ten an den großen Bahnhö­fen. An Auskunfts­schal­tern bilde­ten sich lange Warte­schlan­gen. Nach Angaben der Deutschen Bahn norma­li­sier­te sich der Zugver­kehr am Sonntag wieder.

In der SPD gibt es einem Bericht zufol­ge Überle­gun­gen, der Bundes­po­li­zei mehr Befug­nis­se zu verschaf­fen. «Die Bedro­hungs­la­ge ist hoch. Dies haben die Sabota­ge­ak­te auf unsere Infra­struk­tur nochmal sehr deutlich gemacht», sagte Frakti­ons­vi­ze Dirk Wiese der «Rheini­schen Post». Wichtig sei daher, «dass unsere Sicher­heits­be­hör­den die erfor­der­li­chen Ermitt­lungs­be­fug­nis­se zur Verfü­gung haben. Insbe­son­de­re müssen wir jetzt sehr schnell ein moder­nes Bundes­po­li­zei­ge­setz im Bundes­tag auf den Weg bringen.» Die letzte Reform sei aus dem Jahr 1994, seitdem habe sich viel geändert. 2021 schei­ter­te eine Reform des Bundes­po­li­zei­ge­set­zes im Bundesrat.