LONDON (dpa) — Weniger Gäste, weniger Pomp: König Charles III. will angeb­lich einen deutlich kleine­ren Rahmen für seine Krönung als noch für seine Mutter vor 70 Jahren.Doch es gibt auch Kriti­ker dieser Entscheidung.

Solda­ten in Galauni­form und Salut­schüs­se, Gold und Glanz: Bei royalen Zeremo­nien ist das Verei­nig­te König­reich ganz bei sich. Präch­ti­ge Roben und jahrhun­der­te­al­te Tradi­tio­nen übertün­chen dann tagelang auch die Alltags­sor­gen. So war es beim Staats­be­gräb­nis für Queen Eliza­beth II., so wird es — wie viele Britin­nen und Briten hoffen — auch bei der Krönung von König Charles III. sein. Viele haben, zumin­dest von Fernseh­bil­dern, die Thron­be­stei­gung von Eliza­beth 1953 vor Augen. Doch wie briti­sche Medien überein­stim­mend berich­ten, dürfte das Fest für Charles deutlich kleiner ausfal­len: Der König schrumpft die Krönung.

Keine Frage: Auch Charles’ «corona­ti­on» — die mögli­cher­wei­se am 2. Juni 2023 statt­fin­den könnte, was auf den Tag genau 70 Jahre nach der Krönung der Queen wäre — wird nicht im kleinen Kreis statt­fin­den. Wie zur Trauer­fei­er für seine Mutter werden etwa 2000 gelade­ne Gäste in London erwar­tet, wie die Zeitung «Daily Mail» berich­tet. Doch das wären 6000 weniger als 1953. Statt der damali­gen drei Stunden dürfte die Zeremo­nie nur 60 Minuten dauern. Dem Herzog von Norfolk als Zustän­di­gem sei aufge­tra­gen worden, eine einfa­che­re, kürze­re und diver­se­re Zeremo­nie zu organi­sie­ren, schrieb die Zeitung «Telegraph».

Der König, so streut es der Palast, will das angestaub­te Zeremo­ni­ell moder­ni­sie­ren und den Hofstaat verschlan­ken. Dutzen­de Mitar­bei­ter wurden entlas­sen oder auf andere Posten versetzt, wie Medien bereits kurz nach Charles’ Amtsan­tritt berich­tet hatten. Die Verschlan­kung gilt auch für die Royal Family: Außer Charles und seiner Königs­ge­mah­lin Camil­la treten nun weniger Mitglie­der öffent­lich im Namen des Palasts auf.

Wie wurde die Queen gekrönt?

Viele Tradi­tio­nen passen zudem nicht mehr so recht ins 21. Jahrhun­dert — und mit ihrem Prunk auch nicht in die Zeit stark steigen­der Lebens­kos­ten. Wie sollen norma­le Menschen Verständ­nis dafür haben, dass vor ihren Augen golde­ne Gewän­der und wertvol­le Juwelen getra­gen werden, wenn sie selbst nicht wissen, wie sie ihre nächs­te Mahlzeit bezah­len, heißt es zur Begrün­dung in London. Das war 1953 noch anders. Die Krönung von Eliza­beth wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg fiel in eine Zeit des Stolzes und Selbst­be­wusst­seins. Das Empire umfass­te viele Kolonien. Hier hat sich viel geändert.

Nicht alles aber soll anders werden, zumal Charles als Verfech­ter der Tradi­tio­nen gilt. Kernele­men­te wie die Salbung mit geweih­tem Öl, die Krönung selbst und der Eid bleiben ohnehin, wie der «Telegraph» betont. Doch statt der eigens für Eliza­beths Krönung herge­stell­ten Samtsit­ze wird es wohl einfa­che Stühle geben. Und auch bei der Kleidung dürfte es Unter­schie­de zu 1953 geben. Damals trug die Queen eine kaiser­li­che Robe, die 18 Arten von Goldfä­den beinhal­te­te und an der zwölf Sticke­rin­nen mehr als 3500 Stunden gearbei­tet hatten. Männli­che Gäste werden zudem eher Anzug tragen anstel­le einer Krönungs­ro­be. Die Sprache soll «für ein moder­nes Publi­kum verständ­lich» sein.

Wie wird der Plan interpretiert?

Doch nicht allen passt diese Vorstel­lung. «Eine derart archai­sche Zeremo­nie umzuschrei­ben, die älter ist als die Westmins­ter Abbey, ist ein riskan­tes Unter­fan­gen», kommen­tier­te die konser­va­ti­ve «Daily Mail». Vielmehr solle Charles sich ein Beispiel am Staats­be­gräb­nis für die Queen nehmen, einem «feier­li­chen, bewegen­den und doch großar­ti­gen Spekta­kel», das unver­gess­li­che Momen­te beschert habe.

Der Histo­ri­ker Andrew Roberts sagte dem Blatt, eine verschlank­te Zeremo­nie könne eine verpass­te Gelegen­heit bedeu­ten, die «Soft Power» der Monar­chie zu nutzen. Statt­des­sen sollten Pomp und Prunk den Blick auf Großbri­tan­ni­en lenken. «Dies ist eine Chance, die Menschen und die Nation auf einer globa­len Bühne zu präsen­tie­ren», sagte Roberts.

Andere Exper­ten zeigen sich gelas­se­ner. «König Charles nimmt die öffent­li­che Stimmung sehr richtig wahr», sagte die Autorin Ingrid Seward, die mehre­re Bücher über die Royals geschrie­ben hat. Die Krönung werde sicher­lich wunder­bar, sagte Seward. «Sie wird in unsere Zeit passen.»

Von Benedikt von Imhoff, dpa