STUTTGART (dpa/lsw) — Der Sommer war bislang nicht nur für viele Deutsch­land-Urlau­ber ein Reinfall, sondern auch für die baden-württem­ber­gi­schen Landwir­te. Die Ernte sei enttäu­schend verlau­fen, sagen die Bauern. Dabei hatte die Saison so gut angefangen.

Wirklich überra­schen dürfte die Bauern der enttäu­schen­de Blick auf die Ernte in diesem Jahr nicht mehr. Zumin­dest nicht, wenn man an den Wahrheits­ge­halt von Bauern­re­geln glaubt. «Hagelt’s im Juli und August, ist’ s aus mit des Bauern Freud und Lust», heißt es da für die Sommer­mo­na­te. Nach vielen Wetter­ka­prio­len und verreg­ne­ten Sommer­wo­chen haben die meisten Landwir­te in Baden-Württem­berg eine teils deutlich schlech­te­re Ernte einge­holt als in den vergan­ge­nen Jahren. «Die Erträ­ge sind eher enttäu­schend», sagte Joachim Rukwied, der Präsi­dent des Landes­bau­ern­ver­ban­des (LBV), am Mittwoch in Stutt­gart. «Unsere Erwar­tun­gen wurden nicht erfüllt, in Summe gehen wir von einer unter­durch­schnitt­li­chen Ernte aus.»

Dabei seien die Bauern in diesem Jahr sehr gut aus den Start­blö­cken gekom­men. Es habe ordent­lich gereg­net, die gefürch­te­te Trocken­heit des Vorsom­mers sei ausge­blie­ben, sagte der Bauern­prä­si­dent. «Ende Juni zeigten sich die Bestän­de optisch gut.» Die Witte­rungs­ver­hält­nis­se seien in den vergan­ge­nen Wochen aller­dings schwie­rig gewesen. Ende Juni hätten Stark­re­gen und Hagel in einigen Regio­nen schwe­re Schäden in den Kultu­ren angerich­tet, mehre­re Landwir­te hätten Total­aus­fall gemeldet.

Immer wieder musste die Ernte wegen der Wetter­um­schwün­ge unter­bro­chen werden. «Die Getrei­de­ern­te ist zur Zitter­par­tie gewor­den, in einigen Regio­nen Baden-Württem­bergs sind die Landwir­te daher noch mitten­drin», sagte Rukwied. «Außer­dem traten extre­me Wetter­ereig­nis­se wie Stark­re­gen und Hagel auf», hieß es. Deshalb seien Ernte­men­gen den hohen Erwar­tun­gen «nicht gerecht gewor­den», sagte Rukwied.

Vor allem beim Weizen sei die Enttäu­schung groß. Laut Verbands­bi­lanz ernte­ten die baden-württem­ber­gi­schen Bauern im Schnitt 69 Dezit­on­nen oder 6900 Kilo je Hektar, das sind 14 Prozent weniger als im Vorjahr. Beim Raps liegt das Minus bei 12 Prozent, dort holten die Landwir­te im Schnitt 37 Dezit­on­nen vom Acker. Die Sommer­gers­te erreich­te laut Verband einen Ertrag von durch­schnitt­lich 56 Dezit­on­nen je Hektar (minus 7 Prozent), während die Winter­gers­te nach dem überaus schlech­ten Vorjahr mit 74 Dezit­on­nen ein Plus von 20 Prozent verzeichnete.

Den Öko-Bauern erging es ähnlich. «Die Vorern­te­schät­zun­gen waren aufgrund des ausrei­chen­den Nieder­schlags überdurch­schnitt­lich», sagte Rukwied. Die Quali­tä­ten hätten im Hafer auch überzeu­gen können, im Weizen seien sie durch­wach­sen, Pilzkrank­hei­ten und Mutter­korn stellen­wei­se proble­ma­tisch. «Große Proble­me gibt es im
Kartof­fel- und Weinan­bau aufgrund von Pilzkrank­hei­ten», teilte der Verband mit. «Die ersten Preis­pro­gno­sen lassen auf moderat steigen­de Preise schließen.»

Zuvor hatten bereits mehre­re Obstbau­ern­ver­bän­de durch­wach­se­ne Bilan­zen gezogen. Demnach ist wegen der starken Blüten­frös­te unter anderem die Ernte der Zwetsch­ge­n­bau­ern einge­bro­chen. Bei den Äpfeln wird mit einer leicht gerin­ge­ren Ernte als im vergan­ge­nen Jahr gerech­net, es wird aber immer noch ein Wert im Bereich des Durch­schnitts der vergan­ge­nen Jahre sein. Auch die Erdbeer­an­bau­er haben schlech­te Zahlen für dieses Jahr vorher­ge­sagt. Bei einigen von ihnen sei die gesam­te Ernte vernich­tet worden, hatte der Verband Süddeut­scher Spargel- und Erdbeer­an­bau­er in Bruch­sal zum Ende der Erdbeer­sai­son mitgeteilt.

Die schlech­te Ernte ist kein rein baden-württem­ber­gi­sches Phämo­men: «In Europa und den USA wurden die Ernte­er­trä­ge ebenfalls nach unten korri­giert», sagte Rukwied. Die weltwei­te Ernte­schät­zung beim Raps liege auf dem niedrigs­ten Stand seit 22 Jahren. Entspre­chend seien auch der Weizen­preis und die Rapskur­se gestie­gen. Der Landwirt hat davon aller­dings nicht viel: Denn unter anderem stehen den gestie­ge­nen Erlösen stark erhöh­te Betriebs­kos­ten gegen­über, nicht zuletzt durch gestie­ge­ne Energie- und Treib­stoff­prei­se, erklär­te der Bauern­prä­si­dent. «Die hohen Produk­ti­ons­kos­ten fressen die gestie­ge­nen Erlöse der Acker­bau­ern auf.»

Auf die Verbrau­cher werde sich der Anstieg der Rohstoff­prei­se nicht auswir­ken, schätzt er: «Beim Brötchen macht der Weizen­preis beispiels­wei­se nur einen Cent aus.»

Der Landes­bau­ern­ver­band in Baden-Württem­berg vertritt nach eigenen Angaben rund 33.000 Landwirte.