In einigen Wochen könnten erste Impfstof­fe gegen das Corona­vi­rus da sein — aber noch nicht genug für alle Inter­es­sier­ten. Die zustän­di­ge Kommis­si­on legt nun genaue­re Vorschlä­ge für eine Reihen­fol­ge vor.

Insge­samt handelt es sich dabei um rund 8,6 Millio­nen Menschen, wie aus einem am Montag verschick­ten Entwurf der Ständi­gen Impfkom­mis­si­on (Stiko) hervor­geht. Dazu können Länder und medizi­ni­sche Fachge­sell­schaf­ten nun noch Stellung nehmen — wegen beson­de­rer Eilbe­dürf­tig­keit bis diesen Donners­tag. Grund für eine Priori­tä­ten­set­zung ist, dass zum mögli­chen Auftakt von Impfun­gen zu Beginn des neuen Jahres nur kleine­re Impfstoff­men­gen erwar­tet werden.

Die beim bundes­ei­ge­nen Robert Koch-Insti­tut (RKI) angesie­del­te Stiko schlägt vor, Impfun­gen zunächst Perso­nen­grup­pen mit beson­ders hohem Risiko für schwe­re oder tödli­che Krank­heits­ver­läu­fe anzubie­ten — sowie Gruppen, die beruf­lich beson­ders exponiert sind oder engen Kontakt zu Risiko­grup­pen haben. Konkret nennt die Empfeh­lung Bewoh­ner von Senio­ren- und Alten­pfle­ge­hei­men und Menschen über 80 Jahre.

Zudem aufge­führt wird Perso­nal mit beson­ders hohem Exposi­ti­ons­ri­si­ko in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen wie Notauf­nah­men und in der Betreu­ung von Corona-Patien­ten sowie Perso­nal in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen mit engem Kontakt zu Risiko­grup­pen in der Behand­lung von Blutkrebs und der Trans­plan­ta­ti­ons­me­di­zin. Genannt werden auch Pflege­per­so­nal in der ambulan­ten und statio­nä­ren Alten­pfle­ge sowie andere Beschäf­tig­te in Senio­ren- und Pflege­hei­men mit Kontakt zu Bewohnern.

Einen Rahmen für den Vorrang beson­ders gefähr­de­ter Gruppen hatte der Bundes­tag in einem kürzlich beschlos­se­nen Gesetz abgesteckt. Es ist die Basis für die geplan­te Empfeh­lung der Stiko, die aber erst nach einer Zulas­sung des ersten Impfstoffs in Deutsch­land erfol­gen soll. Endgül­tig festle­gen soll die Impf-Priori­tä­ten dann eine Verord­nung des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums, die noch im Dezem­ber kommen soll.

Laut dem Stiko-Entwurf sollen nach der ersten Gruppe mit «sehr hoher» Priori­tät weite­re Gruppen mit beson­de­ren Risiken vorran­gig geimpft werden. «Hohe» Priori­tät sollen etwa 6,7 Millio­nen Menschen haben, darun­ter Senio­ren zwischen 75 und 80 Jahre sowie Menschen mit Demenz oder einer geisti­gen Behin­de­rung in Einrich­tun­gen sowie dort tätiges Perso­nal. Folgen sollen dann ungefähr 5,5 Millio­nen Menschen mit «modera­ter» Priori­tät — etwa Ältere zwischen 70 und 75, Vorer­krank­te mit erhöh­tem Risiko und ihre engsten Kontakt­per­so­nen, Menschen in Asylbe­wer­ber- und Obdach­lo­sen­un­ter­künf­ten, enge Kontakt­per­so­nen von Schwan­ge­ren, Perso­nal mit modera­tem Infek­ti­ons­ri­si­ko in medizi­ni­schen Einrich­tun­gen und Klini­ken sowie Perso­nal in Gesundheitsämtern.

Als nächs­tes sollten laut Entwurf rund 6,9 Millio­nen Menschen mit «erhöh­ter» Priori­tät folgen, darun­ter Menschen zwischen 65 und 70, Lehrkräf­te, Erzie­he­rin­nen und Erzie­her sowie Menschen mit prekä­ren Arbeits- oder Lebens­be­din­gun­gen wie Saison­ar­bei­ter, Beschäf­tig­te in Verteil­zen­tren oder in der fleisch­ver­ar­bei­ten­den Indus­trie. Nächs­te Stufe sind 9 Millio­nen Menschen mit «gering erhöh­ter» Priori­tät, etwa Menschen von 60 bis 65 Jahre, Perso­nal in «Schlüs­sel­po­si­tio­nen» der Landes- und Bundes­re­gie­run­gen, Beschäf­tig­te im Einzel­han­del sowie in der «kriti­schen Infra­struk­tur» wie Feuer­wehr, Bundes­wehr, Polizei, Öffent­li­cher Perso­nen­nah­ver­kehr (ÖPNV) und Abfallwirtschaft.

«Niedri­ge» Impf-Priori­tät haben demnach alle übrigen Menschen unter 65 Jahre, was etwa 45 Millio­nen entspricht. «Mittel­fris­tig ist es das Ziel, allen Menschen einen gleich­be­rech­tig­ten Zugang zu einer Impfung gegen Covid-19 anbie­ten zu können», heißt es in dem Entwurf. Die Empfeh­lung solle künftig auch nach Verfüg­bar­keit von mehr Impfstof­fen aktua­li­siert werden, dabei könnten auch Zielgrup­pen angepasst werden.

«Das zuneh­men­de Alter ist der unabhän­gi­ge Faktor, der mit Abstand die höchs­te Risiko­er­hö­hung mit sich bringt», heißt es in der Empfeh­lung. Vorer­kran­kun­gen und eine Schwan­ger­schaft spiel­ten im Vergleich dazu eine unter­ge­ord­ne­te Rolle. So war die Sterbe­ra­te bei einer Studie mit Covid-19-Patien­ten im Kranken­haus bei Betrof­fe­nen zwischen 50 und 59 Jahre 2,6‑mal höher als bei Unter-50-Jähri­gen. Zwischen 60 und 69 lag sie 5‑mal höher, bei 70- bis 79-Jähri­gen 8,5 mal höher.

Vom der Deutschen Stiftung Patien­ten­schutz kam Kritik. Mehr als acht Millio­nen Menschen schein­bar gleich­be­rech­tigt bei der Priori­tät auf Nummer eins zu setzen, könne nicht funktio­nie­ren, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. «Deshalb müssen zunächst die Pflege­be­dürf­ti­gen und Schwerst­kran­ken die Chance auf eine Impfung bekom­men. Erst danach sind Menschen an der Reihe, die in medizi­ni­schen und pflege­ri­schen Berei­chen arbei­ten. An dritter Stelle gilt es, die system­re­le­van­ten Berufe zu stellen.»