BRÜSSEL (dpa) — Teilmo­bi­li­sie­rung, Schein­re­fe­ren­den, Annexi­on — Russland eskaliert den Krieg gegen die Ukrai­ne immer weiter. Die EU reagiert mit neuen Sanktio­nen. Treffen soll es unter anderem Russlands Ölsektor.

Die EU-Staaten haben ein achtes Paket mit Sanktio­nen gegen Russland auf den Weg gebracht. Die ständi­gen Vertre­ter der Mitglied­staa­ten billig­ten am Mittwoch unter anderem die recht­li­chen Voraus­set­zun­gen für einen von den G7-Staaten unter­stütz­ten Preis­de­ckel für Ölimpor­te aus Russland. Das bestä­tig­ten mehre­re Diplo­ma­ten der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Die Einigung muss noch im schrift­li­chen Verfah­ren von den Haupt­städ­ten bestä­tigt werden. Dies soll bis Donners­tag­vor­mit­tag geschehen.

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen hatte das Paket Mitte vergan­ge­ner Woche als Reakti­on auf die jüngs­te Eskala­ti­on Russlands im Krieg gegen die Ukrai­ne vorge­schla­gen. «Wir akzep­tie­ren weder die Schein­re­fe­ren­den noch irgend­ei­ne Art von Annexi­on in der Ukrai­ne», sagte die deutsche Politi­ke­rin. Der russi­sche Präsi­dent Wladi­mir Putin erklär­te kurz darauf vier besetz­te ukrai­ni­sche Gebie­te zu russi­schem Staats­ge­biet. Inter­na­tio­nal wird dieser Schritt nicht anerkannt. Auch die Staats- und Regie­rungs­chefs der EU erklär­ten die Entschei­dung für nichtig.

Keine Posten mehr für EU-Bürger bei Staatskonzernen

Teil der Grund­satz­ei­ni­gung zu den neuen Sanktio­nen sind verschie­de­ne Export­ver­bo­te, die etwa bestimm­te Schlüs­sel­tech­no­lo­gien für die Luftfahrt betref­fen. Zudem soll es unter anderem ein Import­ver­bot für bestimm­ten Stahl aus Russland geben. Auch soll es EU-Bürgern künftig verbo­ten sein, Sitze in Führungs­gre­mi­en russi­scher Staats­un­ter­neh­men einzu­neh­men. Dafür hatte sich vor allem die Bundes­re­gie­rung einge­setzt, nachdem Ex-Kanzler Gerhard Schrö­der (SPD) lange Aufsichts­rats­chef des russi­schen Ölkon­zerns Rosneft gewesen war. Hinzu kommen etwa Straf­maß­nah­men gegen Perso­nen, die bei der Durch­füh­rung der Schein­re­fe­ren­den in den mittler­wei­le durch Russland annek­tier­ten Gebie­ten auf ukrai­ni­schem Gebiet gehol­fen haben. Sie werden mit Einrei­se­ver­bo­ten und Vermö­gens­sper­ren belegt.

Mit dem neuen Sankti­ons­pa­ket schaf­fen die EU-Staaten auch die Grund­la­ge dafür, dass Russland Öl künftig für einen deutlich niedri­ge­ren Preis an große Abneh­mer wie Indien verkau­fen muss als derzeit. So sollen die Einnah­men Moskaus reduziert werden, aus denen auch der Krieg gegen die Ukrai­ne finan­ziert wird.

G7 hatten Ölpreis­de­ckel vorangetrieben

Die EU selbst hat zwar bereits beschlos­sen, dass ab dem 5. Dezem­ber kein russi­sches Rohöl mehr über den Seeweg in die Europäi­sche Union einge­führt werden darf. Darüber hinaus verstän­dig­te sich die G7-Gruppe wirtschafts­star­ker Demokra­tien Anfang Septem­ber jedoch im Grund­satz auf eine Preis­ober­gren­ze für russi­sches Öl, die auch für Dritt­staa­ten gelten soll. Zu den G7 gehören unter anderem die drei EU-Staaten Deutsch­land, Frank­reich und Italien.

Den G7-Plänen zufol­ge soll der Seetrans­port von Erdöl­pro­duk­ten und Rohöl aus Russland weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimm­ten Preis gekauft wurde. Ein konkre­tes Limit dafür gibt es bislang nicht. Funktio­nie­ren könnte dies, indem wichti­ge Dienst­leis­tun­gen wie Versi­che­run­gen für Öltrans­por­te an die Einhal­tung der Regel geknüpft werden.

Unklar war vor allem, ob Ungarn den neuen Sanktio­nen zustim­men würde. Minis­ter­prä­si­dent Viktor Orban hatte zuletzt immer wieder gegen die bereits beschlos­se­nen Straf­maß­nah­men gewet­tert, obwohl seine Regie­rung die Beschlüs­se — zum Teil mit Ausnah­men für das eigene Land — mitge­tra­gen hatte. Länder wie Zypern und Griechen­land wieder­um hatten Beden­ken, weil sie große Tanker­flot­ten haben, die Öl transportieren.