BRÜSSEL (dpa) — Seit Wochen disku­tiert man in der EU, ob ein Ölembar­go gegen Russland verkraft­bar wäre. Die EU-Kommis­si­on von Ursula von der Leyen gibt jetzt eine klare Antwort. Nun sind die Mitglied­staa­ten am Zug.

Unter­neh­men aus Deutsch­land und den anderen EU-Staaten sollen in Zukunft kein russi­sches Öl mehr impor­tie­ren dürfen.

Das sieht der Vorschlag der EU-Kommis­si­on und des Europäi­schen Auswär­ti­gen Diens­tes für ein neues Paket mit Russland-Sanktio­nen vor, wie die Deutsche Presse-Agentur in Brüssel in der Nacht zum Mittwoch von mehre­ren Beamten erfuhr. Um den Ländern Zeit für die Umstel­lung geben, soll es Übergangs­fris­ten geben.

Konkret ist den Angaben zufol­ge geplant, dass nach einer Auslauf­pha­se von sechs Monaten ein Einfuhr­ver­bot für Rohöl gelten soll und nach einer Auslauf­pha­se von acht Monaten dann auch ein Einfuhr­ver­bot für Ölpro­duk­te. Eine Rolle soll zudem spielen, ob Liefe­run­gen per Pipeline oder per Schiff erfol­gen. Weitrei­chen­de Ausnah­me­re­ge­lun­gen sind den Infor­ma­tio­nen zufol­ge nur für Ungarn und die Slowa­kei geplant.

Diese beiden EU-Länder bezie­hen derzeit noch einen Großteil ihres Ölbedarfs aus Russland und sehen sich auch wegen eines fehlen­den Meeres­zu­gangs nicht in der Lage, so schnell wie andere alter­na­ti­ve Liefer­quel­len zu erschließen.

Auch Straf­maß­nah­men vorgesehen

Neben dem Öl-Embar­go umfasst der Vorschlag der zustän­di­gen EU-Insti­tu­tio­nen nach dpa-Infor­ma­tio­nen auch neue Straf­maß­nah­men gegen Unter­neh­men. Unter letzte­ren sind demnach die größte russi­sche Bank, die Sberbank, sowie zwei andere Banken und TV-Sender, die gezielt Falsch­in­for­ma­tio­nen zum Ukrai­ne-Krieg verbrei­ten. Die Banken sollen nicht mehr das inter­na­tio­na­le Finanz­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem Swift nutzen können.

Auf die EU-Liste derje­ni­gen Perso­nen und Organi­sa­tio­nen, deren Vermö­gens­wer­te einge­fro­ren werden, sollen neu unter anderem Akteu­re kommen, die für die russi­schen Gräuel­ta­ten in ukrai­ni­schen Städten wie Butscha und Mariu­pol verant­wort­lich waren.

Damit die geplan­ten Sanktio­nen in Kraft treten können, braucht es nun noch die Zustim­mung der Regie­run­gen aller 27 EU-Staaten. Bereits an diesem Mittwoch wollen deswe­gen deren ständi­ge Vertre­ter in Brüssel mit den Beratun­gen über die in der Nacht verschick­ten Vorschlä­ge begin­nen. Wenn aus den Haupt­städ­ten keine großen Einwän­de mehr kommen, könnten sie dann bereits in den kommen­den Tagen beschlos­sen werden.

Höhere Kosten erwartet

Auf die EU-Bürger könnten vor allem durch das Öl-Embar­go erheb­li­che Zusatz­kos­ten zukom­men. So erwar­tet Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) hohe «Preis­sprün­ge». Grund ist unter anderem, dass russi­sches Öl durch wahrschein­lich teure­re Alter­na­ti­ven aus anderen Ländern ersetzt werden muss. Zudem bedeu­tet die Umstel­lung von Raffi­ne­rien und Liefer­we­gen Aufwand und Kosten. Aber wann und wie stark das Tanken oder Heizen teurer werden, wagt kaum jemand vorherzusagen.

Das neue Sankti­ons­pa­ket ist bereits das sechs­te, das die EU-Kommis­si­on und der Europäi­sche Auswär­ti­ge Dienst (EAD) auf den Weg bringt. Die wirtschaft­li­chen Straf­maß­nah­men sollen vor allem dazu beitra­gen, Russland die finan­zi­el­len Ressour­cen für eine Fortfüh­rung des Angriffs­krie­ges gegen die Ukrai­ne zu nehmen.

Der EU-Außen­be­auf­trag­te Josep Borrell sagte zuletzt zum Thema: «Ziel unserer Sanktio­nen ist es, das rücksichts­lo­se, unmensch­li­che und aggres­si­ve Verhal­ten der russi­schen Truppen zu stoppen und den Entschei­dungs­trä­gern im Kreml klar zu machen, dass ihre illega­le Aggres­si­on einen hohen Preis hat.» EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen erklär­te, auf den russi­schen Präsi­den­ten Wladi­mir Putin und die russi­sche Regie­rung müsse der größt­mög­li­che Druck aufrecht­erhal­ten werden. Die deutsche Spitzen­po­li­ti­ke­rin will das sechs­te Sankti­ons­pa­ket heute im Europa­par­la­ment öffent­lich vorstellen.