MOSKAU (dpa) — Einen Rückzug aus der Ukrai­ne wird es laut Dmitri Medwe­dew nicht geben — die «militä­ri­sche Spezi­al­ope­ra­ti­on» werde bis zum Sieg weiter­ge­führt. Zugleich warnt er vor einer nuklea­ren Konfrontation.

Ex-Kreml­chef Dmitri Medwe­dew hat Forde­run­gen von US-Präsi­dent Joe Biden in Warschau nach einem Rückzug russi­scher Truppen aus der Ukrai­ne zurückgewiesen.

«Wenn die USA aufhö­ren, Waffen an das Regime in Kiew zu liefern, dann endet der Krieg», schrieb der Vizechef des russi­schen natio­na­len Sicher­heits­ra­tes im Nachrich­ten­ka­nal Telegram. «Wenn Russland die militä­ri­sche Spezi­al­ope­ra­ti­on beendet ohne einen Sieg, dann wird es Russland nicht mehr geben, es wird in Teile zerris­sen», meinte Medwe­dew. Russland hatte den Krieg gegen die Ukrai­ne im vorigen Jahr am 24. Febru­ar begonnen.

Medwe­dew wirft den USA «Größen­wahn» vor

Zugleich kriti­sier­te Medwe­dew in seiner gewohnt ausfal­len­den Art, dass Biden sich am Diens­tag von Warschau aus vor polni­schen Bürgern an das russi­sche Volk wandte. «Wer ist überhaupt dieser seltsa­me Opa, der mit verlo­re­nem Blick aus Polen spricht? Warum appel­liert er an das Volk eines anderen Landes in einer Zeit, da er genügend Proble­me im eigenen Land hat?», meinte Medwe­dew. Er warf den USA, die viele Kriege in der Welt ausge­löst hätten, «Größen­wahn» vor.

Biden hatte am Diens­tag in Warschau eine Rede zum Jahres­tag des Kriegs gehal­ten. Dabei wandte er sich schließ­lich an die Menschen in Russland. «Die Verei­nig­ten Staaten und die europäi­schen Natio­nen wollen Russland nicht kontrol­lie­ren oder zerstö­ren», sagte er. Der Westen habe vor Kriegs­be­ginn nicht vorge­habt, Russland anzugrei­fen, wie Putin behaup­te. «Jeder Tag, an dem der Krieg weiter­geht, ist seine Entschei­dung. Er könnte den Krieg mit einem Wort beenden. Es ist ganz einfach.»

Warnung vor nuklea­rer Konfrontation

Hinsicht­lich der geplan­ten Ausset­zung des letzten atoma­ren Abrüs­tungs­ver­tra­ges mit den USA warnte Medwe­dew vor einer nuklea­ren Konfron­ta­ti­on mit dem Westen.

«Wenn die USA eine Nieder­la­ge Russlands wollen, dann haben wir das Recht, uns mit jeder Waffe zu vertei­di­gen — auch mit der atoma­ren», schrieb er im Nachrich­ten­ka­nal Telegram. Dann stehe die Welt am Rande eines globa­len Konflikts, warnte der Ex-Kremlchef.

Bei seiner Rede an die Nation hatte Präsi­dent Wladi­mir Putin gesagt, dass Russland nicht zu besie­gen sei. Er kündig­te dabei die Ausset­zung des «New Start»-Vertrags mit den USA über die atoma­re Rüstungs­kon­trol­le und die Begren­zung nuklea­rer Spreng­köp­fe an. Medwe­dew teilte mit, diese Entschei­dung sei eine Folge dessen, dass die USA und andere Nato-Staaten Russland den Krieg erklärt hätten. Westli­che Staaten haben Russland nicht den Krieg erklärt und betonen auch immer wieder, in der Ukrai­ne keine Kriegs­par­tei werden zu wollen. Russland war am 24. Febru­ar 2022 in das Nachbar­land einmarschiert.

«New Start»-Vertrag: Ausset­zung, kein Ausstieg

Russland hatte immer wieder vor einem neuen atoma­ren Wettrüs­ten wie im Kalten Krieg gewarnt, sollte «New Start» enden. Putin beton­te, dass es sich aktuell um eine Ausset­zung hande­le und nicht um einen Ausstieg aus dem noch bis 2026 gelten­den Vertrag. Die Entschei­dung über die Ausset­zung muss formal noch von der Staats­du­ma bestä­tigt und von Putin unter­zeich­net werden.

Ex-Präsi­dent Medwe­dew warnte nun vor weitrei­chen­den Folgen für die Welt, sollte Russland aus dem Abkom­men ausstei­gen. Zugleich sagte er, dass bei den bishe­ri­gen Abkom­men der beiden größten Atommäch­te Russland und USA nuklea­re Spreng­köp­fe der Nato-Staaten Frank­reichs und Großbri­tan­ni­en nicht berück­sich­tigt seien. Es sei aber längst Zeit, das zu tun, beton­te Medwe­dew. Auch Putin hatte das am Vortag in seiner Rede gefordert.

Der «New Start»-Vertrag begrenzt die Atomwaf­fen­ar­se­na­le beider Länder auf je 800 Träger­sys­te­me und je 1550 einsatz­be­rei­te Spreng­köp­fe. Zudem ist geregelt, dass Washing­ton und Moskau Infor­ma­tio­nen über ihre strate­gi­schen Atomwaf­fen­ar­se­na­le austau­schen und bis zu 18 Verifi­ka­ti­ons­be­su­che pro Jahr abhal­ten dürfen.