Die Corona-Krise trifft das Friseur­hand­werk schmerz­lich. Die Vorga­ben zwangen die Salons über Wochen zur Schlie­ßung. Nach Exper­ten­mei­nung stehen viele Inhaber vor einer folgen­schwe­ren Entscheidung.

STUTTGART (dpa/lsw) — Von den 11 500 Friseur­sa­lons im Südwes­ten wird bis Ende des Jahres nach Einschät­zung eines Exper­ten jeder fünfte in Folge der Corona­kri­se dicht gemacht haben. «Das sind vor allem Friseu­re kurz vor dem Ruhestand, die sich die pande­mie­be­ding­ten Schwie­rig­kei­ten nicht mehr antun wollen», sagt Matthi­as Moser, Geschäfts­füh­rer des Landes­ver­bands Friseur und Kosme­tik Baden-Württemberg.

Die Coiffeu­re im Land durften in der seit gut einem Jahr währen­den Krise bislang insge­samt rund 17 Wochen lang nicht ihrer Arbeit nachge­hen. Die Folgen: auf der einen Seite null Einnah­men, auf der anderen Kosten für Miete und Perso­nal. Seit Anfang März haben sie wieder geöff­net. Für die Beschäf­tig­ten war davor durch Kurzar­bei­ter­geld gesorgt, die Chefs selbst sahen zumeist in die Röhre. Einen Unter­neh­mer­lohn für sie habe es nicht gegeben, kriti­siert Moser. Das Antrags­ver­fah­ren für die Hilfen des Bundes für die Mitar­bei­ter habe viele Betrie­be überfor­dert, sagt Moser. Zuschüs­se seien zu spät geflossen.

Gegen­wär­tig würden die Vorga­ben zur Begren­zung der Kunden­zahl in den Salons die Umsät­ze drücken. Mit 947 Millio­nen Euro Umsatz erwirt­schaf­te­te die Branche 2019 im Südwes­ten ein Rekord­ergeb­nis. «Das Niveau werden wir mit Sicher­heit nicht mehr errei­chen», sagt Moser.

Der Obermeis­ter der Friseur-Innung Reutlin­gen, Rober­to Laraia, beklagt, dass Zwangs­schlie­ßun­gen Schwarz­ar­beit begüns­tig­ten. Damit werde auch die Wahrschein­lich­keit erhöht, dass Hygie­ne­vor­ga­ben wie zum Beispiel Desin­fek­ti­on ignoriert werden. «Man kann sich das Virus ins Haus holen», warnt der Inhaber zweier Salons. Im Ernst­fall könnten Infek­ti­ons­ket­ten nicht erstellt werden. Im Betrieb hinge­gen sei die Nachver­fol­gung wegen Online-Termin­ver­ga­ben gesichert.

Das Tübin­ger Insti­tut für Angewand­te Wirtschafts­for­schung hat keine Erkennt­nis­se zum Umfang der Schwarz­ar­beit in der Corona-Krise, macht aber auf ein Verhal­tens­mus­ter aufmerk­sam. Direk­tor Bernhard Boock­mann sagt: «Generell gibt es eine Flucht in die Schat­ten­wirt­schaft, um unlieb­sa­men politi­schen Vorga­ben und Regulie­run­gen auszuweichen.»