Seit Wochen ist das öffent­li­che Leben in Deutsch­land einge­schränkt. Seit einer Woche gilt der verschärf­te Lockdown. Aber das Infek­ti­ons­ge­sche­hen entspannt sich nicht, im Gegenteil.

In Deutsch­land sind nach Angaben des Robert Koch-Insti­tuts inner­halb eines Tages 962 Menschen an oder mit dem Corona­vi­rus gestor­ben. Das ist der höchs­te Wert seit Beginn der Pandemie.

Zugleich wurden 24.740 Neuin­fek­tio­nen gemel­det, wie aus den RKI-Zahlen vom Mittwoch­mor­gen hervor­geht. Vergan­ge­nen Mittwoch (16.12.) waren 27.728 Neuin­fek­tio­nen und 952 Todes­fäl­le verzeich­net worden. Den Höchst­wert mit 33.777 gemel­de­ten Infek­tio­nen hatte es am Freitag gegeben, darin waren jedoch 3500 Nachmel­dun­gen enthalten.

Die Entwick­lung kommt nicht überra­schend. Es war bereits erwar­tet worden, dass nach dem rasan­ten Anstieg der Infek­ti­ons­zah­len im Oktober und Novem­ber auch die Zahl der Todes­fäl­le deutlich nach oben gehen würde — wenn auch mit zeitli­cher Verzö­ge­rung. Bis eine Infek­ti­on nach schwe­rem Krank­heits­ver­lauf zum Tod führt, vergeht in der Regel einige Zeit. Die Gesamt­zahl der Menschen, die an oder unter Betei­li­gung einer nachge­wie­se­nen Infek­ti­on mit Sars-CoV‑2 gestor­ben sind, stieg bis Mittwoch auf 27.968.

Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesund­heits­äm­ter gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner (Sieben-Tage-Inzidenz) sank bis Mittwoch leicht auf 195,1. Tags zuvor war mit 197,6 ein Höchst­stand erreicht worden. Den mit Abstand höchs­ten Wert erreicht Sachsen: Dort liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 414,1, also mehr als doppelt so hoch wie im Bundes­durch­schnitt. Sachsen ist seit Wochen mit großem Abstand der Corona-Hostspot in Deutschland.

Wegen der hohen Todes­zah­len werden im ostsäch­si­schen Zittau inzwi­schen Leichen außer­halb des Krema­to­ri­ums zwischen­ge­la­gert. Die Toten sollten «im Bereich des Hochwas­ser­stütz­punkts» gelagert und «bei Freiga­be zur Einäsche­rung» ins Krema­to­ri­um gefah­ren werden, teilte die Stadt Zittau am Diens­tag­abend mit. Am Hochwas­ser­stütz­punkt befin­det sich eine große Halle, in der Materia­li­en gelagert werden, die im Fall eines Hochwas­sers gebraucht würden.

In Zittau sind den Angaben zufol­ge in diesem Monat bereits 115 Todes­fäl­le verzeich­net worden. Im Dezem­ber 2019 waren es 45. Die Zahl der notwen­di­gen Einäsche­run­gen überstei­ge derzeit «mitun­ter die Kapazi­tä­ten des Zittau­er Krema­to­ri­ums», hieß es. Vor einer Woche hatte ein Arzt aus Zittau mit Äußerun­gen über eine sogenann­te Triage für Aufse­hen gesorgt. Der Begriff bedeu­tet, dass Medizi­ner aufgrund von knappen Ressour­cen entschei­den müssen, wem sie zuerst helfen.

In Bayern gilt ab sofort eine stren­ge Corona-Testpflicht für alle Reise­rück­keh­rer aus Risiko­ge­bie­ten. Spätes­tens 72 Stunden nach Einrei­se muss beim Gesund­heits­amt ein Testergeb­nis vorlegt werden. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn zeigte sich mit Blick auf inter­na­tio­na­le Weihnachts­be­su­che erfreut über die bayeri­sche Regelung.

Denn: «Nach allem was ich sehe, finden wieder sehr viele Heimat- und auch Verwandt­schafts­be­su­che statt in Osteu­ro­pa, Balkan, Türkei», sagte der CDU-Politi­ker in einem am Diens­tag­abend ausge­strahl­ten Inter­view von RTL/ntv. Man müsse mitein­an­der sehr aufpas­sen, dass durch die Rückrei­se nicht «gleich eine neue Welle, ein neuer Impuls entsteht». «Deswe­gen bin ich dankbar, dass etwa Bayern heute auch sehr klar noch mal gesagt hat: Die Testpflicht wird auch durch- und umgesetzt.»

Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Peter Altmai­er rief die Bürger dazu auf, dem Corona­vi­rus zu Weihnach­ten möglichst wenig Angriffs­flä­che zu geben. «Das heißt: Genau überle­gen, ob man im Einzel­fall verant­wor­ten kann, liebe Menschen, die man lange nicht gesehen hat, einem beträcht­li­chen Infek­ti­ons­ri­si­ko auszu­set­zen», sagte der CDU-Politi­ker der Deutschen Presse-Agentur. «Dort, wo es nicht unmit­tel­bar geboten ist, sollte man keine langen und weiten Reisen unter­neh­men und überall dort, wo es Sinn macht, sich auch einmal telefo­nisch oder per Video­schal­te wiedersehen.»

Der Bundes­ver­band der Ärztin­nen und Ärzte im Öffent­li­chen Gesund­heits­dienst forder­te, an Weihnach­ten keine Präsenz­got­tes­diens­te zuzulas­sen. «Weil wir wissen, wie leicht sich das Virus gerade bei Gottes­diens­ten übertra­gen kann, dürfen wir zu Weihnach­ten angesichts der hohen Infek­ti­ons­zah­len kein zusätz­li­ches Risiko einge­hen», sagte die Verbands­vor­sit­zen­de Ute Teichert den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe (Mittwoch).

Am Diens­tag trat eine — bereits angekün­dig­te — Verord­nung in Kraft, die den Verkauf von Silves­ter­feu­er­werk deutsch­land­weit unter­sagt. «Das Verkaufs­ver­bot für Silves­ter­feu­er­werk schützt unsere Kranken­häu­ser vor Überlas­tung», argumen­tier­te Innen­mi­nis­ter Horst Seeho­fer (CSU). Der Präsi­dent der Kranken­haus­ge­sell­schaft, Gerald Gaß, sagte dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land dazu: «Alles, was zu Silves­ter nicht passiert, entlas­tet die Klini­ken.» Aber: «Dieje­ni­gen, die sich beim Böllern verlet­zen, machen in der Regel nicht die hohen Zahlen in den Notauf­nah­men aus. Es sorgen eher dieje­ni­gen für Kranken­haus­ein­wei­sun­gen, die zu viel Alkohol trinken und dann in Streit geraten oder sich in anderer Weise verletzen.»

Indes machen Lehrer­ver­tre­ter wenig Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem norma­len Schul­be­trieb nach den Weihnachts­fe­ri­en. «Auch wir rechnen nicht damit, dass vollstän­di­ger Präsenz­un­ter­richt ab dem 11. Januar wieder möglich ist», sagte der Präsi­dent des Deutschen Lehrer­ver­ban­des Heinz-Peter Meidin­ger der dpa. Abhän­gig vom Corona-Infek­ti­ons­ge­sche­hen werde es weiter­hin eine Phase des Wechsel­un­ter­richts mit halbier­ten Klassen, Hybrid­un­ter­richt oder auch Phasen des reinen Distanz­un­ter­richts geben müssen. Die Vorsit­zen­de der Gewerk­schaft Erzie­hung und Wissen­schaft (GEW), Marlis Tepe, geht von weiter steigen­den Infek­ti­ons­zah­len aus. «Also ist auch zu befürch­ten, dass es mit dem Wechsel­un­ter­richt länger dauern wird», sagte sie der dpa.