STUTTGART (dpa/lsw) — Die Opposi­ti­on will den Innen­mi­nis­ter nicht vom Haken lassen. Die FDP stellt in der Polizis­ten-Affäre nun Straf­an­zei­ge gegen Strobl. Sie dringt darauf, dass die Staats­an­walt­schaft ihre Ermitt­lun­gen ausweitet.

Die FDP-Frakti­on hat Straf­an­zei­ge gegen Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl wegen Geheim­nis­ver­rats in der Affäre um sexuel­le Beläs­ti­gung durch einen rangho­hen Polizis­ten gestellt. Der CDU-Politi­ker stehe im Verdacht, mit der Weiter­ga­be eines Schrei­bens des Anwalts des Beamten an die Presse Dienst­ge­heim­nis­se verra­ten zu haben, heißt es in der Anzei­ge, die FDP-Frakti­ons­chef Hans-Ulrich Rülke auch im Namen seiner Frakti­on bei der Staats­an­walt­schaft Stutt­gart einge­reicht hat. Die Anzei­ge liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Zudem halten die Libera­len dem Minis­ter vor, frühe­re Vorer­mitt­lun­gen in der Sache unter­bun­den zu haben. Damit stehe der Verdacht der Straf­ver­ei­te­lung im Amt im Raum. Darüber hinaus habe Strobl gegen den Daten­schutz verstoßen.

Der Innen­mi­nis­ter steht wegen der Affäre massiv unter Druck. Seit Mittwoch ermit­telt die Staats­an­walt­schaft gegen den Minis­ter wegen der Weiter­ga­be des Schrei­bens an einen Journa­lis­ten. Am Freitag durch­such­te die Ankla­ge­be­hör­de das Minis­te­ri­um und stell­te Unter­la­gen sicher. Das Minis­te­ri­um erklär­te, man habe der Ankla­ge­be­hör­de «vollum­fäng­lich und unver­züg­lich alle Infor­ma­tio­nen gegeben». Man setze auf «maxima­le Koope­ra­ti­on mit der Staats­an­walt­schaft». Die Opposi­ti­on aus SPD, FDP und AfD fordert den Rücktritt des Minis­ters und Vize-Regie­rungs­chefs der grün-schwar­zen Koalition.

Der 62-jähri­ge Strobl hatte am Mittwoch einge­räumt, im Dezem­ber einem Journa­lis­ten das Anwalts­schrei­ben weiter­ge­ge­ben zu haben. Er habe damit für «maxima­le Trans­pa­renz» sorgen wollen. In dem Schrei­ben hatte der Anwalt des suspen­dier­ten Beamten dem Minis­te­ri­um ein persön­li­ches Gespräch angebo­ten, das für beide Seiten besser sei als ein juris­ti­sches Verfah­ren. Strobl erklär­te nun, dies sei ein «vergif­te­tes Angebot» gewesen.

Er habe befürch­tet, das Schrei­ben könne durch die andere Seite an die Öffent­lich­keit kommen und den Anschein erwecken, es gehe um einen Deal. Mit der Weiter­ga­be habe er klarma­chen wollen, dass er für solche Deals nicht zur Verfü­gung stehe. Aller­dings hatte das Minis­te­ri­um zunächst bestrit­ten, dass man selbst dafür gesorgt hat, dass das Anwalts­schrei­ben in der Zeitung landen konnte. Dies sei ein «Kommu­ni­ka­ti­ons­feh­ler» gewesen, sagte Strobl am Mittwoch.

Die Staats­an­walt­schaft erklär­te danach, die Ermitt­lun­gen richte­ten sich gegen den Journa­lis­ten und den Minis­ter. Der Repor­ter wird verdäch­tigt, aus amtli­chen Dokumen­ten des laufen­den Verfah­rens gegen den Polizis­ten zitiert zu haben. Strobl wieder­um soll ihn dazu angestif­tet haben.

Die FDP-Innen­ex­per­tin Julia Goll erklär­te der dpa, man begrü­ße die Ermitt­lun­gen gegen Strobl. Es gebe aber «weite­re Anhalts­punk­te für straf­ba­re Handlun­gen», die die Staats­an­walt­schaft in den Blick nehmen sollte. Vor allem müsse beleuch­tet werden, ob das Innen­mi­nis­te­ri­um auf die damali­ge Anfra­ge der Staats­an­walt­schaft, gegen Unbekannt ermit­teln zu dürfen, nicht hätte zustim­men müssen. «Statt­des­sen hat man verschlei­ert, dass man genau wusste, dass der Minis­ter selbst das Schrei­ben weiter­ge­ge­ben hat.» Die FDP halte deswe­gen «die Entlas­sung des Verfas­sungs­mi­nis­ters durch den Minis­ter­prä­si­den­ten für unausweichlich».

Die Staats­an­walt­schaft ermit­telt seit Novem­ber wegen des Verdachts der sexuel­len Beläs­ti­gung gegen einen führen­den Polizis­ten. Der Mann soll eine Haupt­kom­mis­sa­rin in einem Video­chat mit seinen Vorstel­lun­gen sexuel­ler Prakti­ken beläs­tigt haben. Aus Kreisen des Innen­aus­schus­ses hieß es, aus der Abschrift des Video­ge­sprächs, die den Abgeord­ne­ten vorliegt, gehe deutlich hervor, dass der Mann der Polizis­tin angebo­ten habe, ihr bei der Karrie­re zu helfen, wenn sie ihm sexuell zu Diens­ten sei.