STUTTGART (dpa) — Pleiten, Pech und Pannen? Immer wieder stand Gesund­heits­mi­nis­ter Lucha in den vergan­ge­nen zwei Jahren in der Kritik wegen seines Corona-Manage­ments. Nun reicht’s, finden SPD und FDP. Sie wollen Kretsch­mann im Landtag dazu drängen, seinen Minis­ter zu feuern.

FDP und SPD wollen im Landtag die Entlas­sung von Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) durch­set­zen. Die beiden Fraktio­nen wollen am Diens­tag einen entspre­chen­den Antrag beschlie­ßen. Das Papier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Der Landtag soll demnach Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) auffor­dern, seinen Gesund­heits­mi­nis­ter wegen «eklatan­ter Fehlleis­tun­gen» in der Pande­mie-Politik zu entlas­sen. SPD-Frakti­ons­chef Andre­as Stoch und FDP-Frakti­ons­chef Hans-Ulrich Rülke werden die Gründe dafür heute in Stutt­gart erläutern.

In dem Antrag, der am Donners­tag im Plenum behan­delt werden soll, werden Lucha unter anderem folgen­de Verfeh­lun­gen angekreidet:

Schutz von Alten- und Pflege­hei­men: Lucha habe beim Schutz der Alten- und Pflege­be­dürf­ti­gen in der zweiten Welle der Pande­mie versagt, etwa indem er zu spät eine Testpflicht in den Einrich­tun­gen umgesetzt habe. Der Minis­ter habe zudem die Öffent­lich­keit über die Todes­zah­len in Alten- und Pflege­hei­men falsch infor­miert und Zustän­de dort beschö­nigt. Er habe bislang auch keine erfolg­rei­che Booster­kam­pa­gne für Alten- und Pflege­hei­me auf den Weg gebracht.

Mangel­haf­te Schutz­mas­ken: Auch für die Anschaf­fung mangel­haf­ter Schutz­mas­ken macht die Opposi­ti­on Lucha verant­wort­lich. Anfang Febru­ar 2021 hätten rund 3,5 Millio­nen mangel­haf­te Masken zurück­ge­ru­fen werden müssen, da sie nicht der EU-Schutz­norm entspra­chen, heißt es im Antrag. Ende Febru­ar 2021 mussten weite­re vier Millio­nen Masken zurück­ge­ru­fen werden.

Impfkam­pa­gne: Der Gesund­heits­mi­nis­ter hat aus Sicht von SPD und FDP auch die Organi­sa­ti­on der Impfun­gen vermas­selt. Der landes­wei­te Impfstart im Dezem­ber 2020 sei etwa durch «eine chaoti­sche Termin­ver­ga­be, besetz­te Hotlines und kurzfris­tig abgesag­te Termi­ne wegen ausblei­ben­der Impfstoff­lie­fe­run­gen» gekenn­zeich­net gewesen. Impfzen­tren seien zudem zu früh geschlos­sen worden.

Außer­dem wird Lucha verant­wort­lich gemacht für eine mangel­haf­te Teststra­te­gie in Schulen und Kitas, eine schlech­te Kommu­ni­ka­ti­on und recht­li­che Fehler in den Corona-Verord­nun­gen. «Sozial­mi­nis­ter Lucha hat in den letzten beiden Jahren wieder­holt bewie­sen, dass er mit der Bekämp­fung der Corona­pan­de­mie überfor­dert ist», heißt es in dem Papier. Luchas Fehler seien weitrei­chend und schwerwiegend.

«Mit seiner Unzuver­läs­sig­keit und seiner Inkom­pe­tenz verur­sacht Minis­ter Lucha einen Vertrau­ens­ver­lust in die Politik insge­samt», sagte FDP-Frakti­ons­chef Rülke der dpa. Lucha habe die schlech­ten Impfquo­ten im Land mit seinem «unsäg­li­chen Impfma­nage­ment» zu verant­wor­ten, beton­te SPD-Frakti­ons- und Partei­chef Stoch. Er habe die Verletz­lichs­ten in den Heimen unzurei­chend geschützt und in der Bevöl­ke­rung, bei den Kommu­nen und in den Klini­ken während der Corona-Krise zu viel Vertrau­en verspielt.

SPD und FDP stören sich aber vor allem am Vorstoß Luchas zum Ende der pande­mi­schen Corona-Lage. Lucha hatte Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) vor kurzem in einem Brief aufge­for­dert, Ende April den Wechsel von der pande­mi­schen in die endemi­sche Phase einzu­läu­ten. Das hätte weitrei­chen­de Folgen gehabt. Das Corona­vi­rus würde dann wie das Grippe­vi­rus einge­stuft, es gäbe praktisch keine Tests und keine vorge­schrie­be­ne Quaran­tä­ne mehr. Nachdem sich Minis­ter­prä­si­dent Kretsch­mann von Lucha distan­ziert hatte, ruder­te der Minis­ter zurück. SPD und FDP hatten darauf­hin Luchas Rückzug verlangt. Stoch und Rülke hatten zum Thema eine Sonder­sit­zung des Parla­ments beantragt, das hatte Landtags­prä­si­den­tin Muhte­rem Aras (Grüne) aber abgelehnt.

«Wenn der Sozial­mi­nis­ter des Landes Briefe nach Berlin schreibt, die eine völli­ge Abkehr von der bishe­ri­gen Corona-Politik der Landes­re­gie­rung bedeu­ten, und der Minis­ter­prä­si­dent ihm öffent­lich wider­spricht, dann ist das Maß endgül­tig voll», sagte Stoch.

Im Unter­schied zum Bundes­tag kann der Landtag laut Landes­ver­fas­sung auch für die Entlas­sung von Mitglie­dern der Regie­rung sorgen. Wenn es zwei Drittel der Abgeord­ne­ten so wollen, muss sich der Minis­ter­prä­si­dent von einem Regie­rungs­mit­glied trennen. SPD und FDP fehlen für diese Mehrheit aber einige Mandate.