KIEL (dpa) — In der Energie­po­li­tik ziehen der Norden und der Bund an einem Strang. Bundes­mi­nis­ter Habeck lobt den Ausbau der erneu­er­ba­ren Energien. Im Land bahnt sich ein milli­ar­den­schwe­res Wasser­stoff­pro­jekt an.

Der Bund und Schles­wig-Holstein wollen den Bau eines LNG-Termi­nals in Bruns­büt­tel für verflüs­sig­tes Erdgas und Wasser­stoff so schnell wie möglich vorantreiben.

Darauf verstän­dig­ten sich Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) und Minis­ter­prä­si­dent Daniel Günther (CDU) in Kiel. Der Bau müsse maximal beschleu­nigt werden, sagte Günther. Norma­ler­wei­se brauche man für ein solches Termi­nal fünf bis fünfein­halb Jahre, sagte Habeck. «Es muss schnel­ler gehen.»

Mit Blick auf die oft langwie­ri­gen Planungs- und Geneh­mi­gungs­pro­zes­se bei Großpro­jek­ten sagte Habeck in Bruns­büt­tel: «Uns ist einiges einge­fal­len, es schnel­ler zu machen.» Beschrän­ken­der Faktor solle allein die Bauka­pa­zi­tät sein, und die Verfah­ren sollten so beschleu­nigt werden, dass sie das Vorha­ben nicht aufhal­ten. «Es sind eben außer­ge­wöhn­li­che Zeiten, entspre­chend muss auch außer­ge­wöhn­lich politisch agiert werden.»

Alte Winkraft­an­la­gen durch neue ersetzen

Habeck und Günther stimm­ten auch darin überein, die Windener­gie an Land verstärkt dadurch auszu­bau­en, dass bestehen­de alte Anlagen durch leistungs­fä­hi­ge­re neue ersetzt würden. Die schles­wig-holstei­ni­sche Westküs­te entwick­le sich zu einem Vorbild-Cluster für CO2-freie Indus­trie in Deutsch­land, sagte Habeck. Erneu­er­ba­re Energien seien zu einem Stand­ort­vor­teil gewor­den: Unter­neh­men machten Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen zuneh­mend davon abhän­gig, wo sie grüne Energie bekom­men könnten.

Deutsch­land werde zügig Schritt für Schritt seine Abhän­gig­keit von Energie­im­por­ten aus Russland verrin­gern, sagte Habeck. Mit Blick auf die Werften zeigte er sich bereit, mit ihnen über verstärk­te Koope­ra­tio­nen zu sprechen. Zum Beispiel stelle sich die Frage, wer das erste klima­neu­tra­le Schiff bauen werde.

Neue Entlas­tungs­maß­nah­men?

Mit Blick auf die drastisch gestie­ge­nen Energie­prei­se sagte Habeck, die Bundes­re­gie­rung schaue sich das sehr genau an und sei jeder­zeit in der Lage, noch einmal Finanz­pa­ke­te zur Entlas­tung zu schnü­ren. Man müsse sehen, wohin die Reise bei den Preisen weiter gehe. Diese seien explo­diert, obwohl sich die Energie­men­ge nicht verknappt habe. «Es gibt ja genug Energie, es fließt russi­sches Gas, Öl und Kohle, andere Länder erhöhen die Förder­men­gen, es gibt also kein Unter­an­ge­bot.» Speku­la­ti­ons­ge­win­ne, Gier, Ängste und Hamster­käu­fe von Unter­neh­men spiel­ten eine Rolle. Ursache der hohen Preise sei der Krieg in der Ukraine.

Der Bund habe bereits ein Entlas­tungs­pa­ket geschnürt, das aber nicht reichen werde, sollten die Preise lange so hoch bleiben, sagte Habeck. Bei weite­ren Maßnah­men gebe es eine starke Sozial­kom­po­nen­te, um jene zu entlas­ten, die beson­ders gebeu­telt seien.

«Wir kommen durch diesen Winter»

Die deutsche Energie­ver­sor­gung sehe es für die nächs­te Zeit gesichert. «Die Vorrä­te sind da», sagte Habeck. «Wir kommen durch diesen Winter durch, und zwar, weil wir seit Dezem­ber angefan­gen haben, politisch zu handeln.» Die Bundes­re­gie­rung habe mit staat­li­chen Geldern und mit polit­schen Gesprä­chen dafür Sorge getra­gen, dass die Gasspei­cher, die auf niedri­gem Stand waren, nicht komplett leerlau­fen. «Die Kohle­vor­rä­te an den Kraft­wer­ken reichen ebenfalls bis in den Sommer.»

Auf die Frage, wie er die Aussa­ge von Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock (Grüne) bewer­te, dass ein Stop jegli­cher Energie­im­por­te aus Russland von heute auf morgen bedeu­ten würde, «dass wir keinen Strom und keine Wärme in ein paar Wochen mehr haben würden», ging Habeck nicht direkt ein.

Das Wirtschafts­mi­nis­te­ri­um sei in engem Austausch mit den Unter­neh­men, sagte Habeck. «Wir wissen also genau, dass sie gerade dabei sind, Liefer­ver­trä­ge neu zu schlie­ßen, und insofern würde ich sagen, sinkt meine Sorge mit jedem Tag der politi­schen Arbeit.» Natür­lich sei Deutsch­land derzeit sehr abhän­gig von Energie aus Russland. «Aber meine Sorge ist auf die Langfrist­per­spek­ti­ve gerich­tet und auf den nächs­ten Winter», sagte Habeck. «Aber jeder Tag, der verstreicht, macht uns ein Stück unabhän­gi­ger von russi­schen Impor­ten von Öl und Kohle, und auch bei Gas sind wir dabei, die Liefer­ver­trä­ge zu beglei­ten, so dass wir über LNG mehr Gas reinbekommen.»