Berlin (AFP) — Streit um die Reform der Lebens­mit­tel­über­wa­chung: Die Verbrau­cher­schutz­or­ga­ni­sa­ti­on Foodwatch, die Amtstier­ärz­te und Lebens­mit­tel­kon­trol­leu­re haben den Bundes­rat aufge­for­dert, die von der Bundes­re­gie­rung geplan­ten Änderun­gen zu stoppen. Sie würden auf eine “deutli­che Schwä­chung der Lebens­mit­tel­si­cher­heit” hinaus­lau­fen, erklär­te Foodwatch am Freitag. Der Verbrau­cher­zen­tra­le Bundes­ver­band (vzbv) stell­te sich hinter den Appell. Das Bundes­land­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um wider­sprach der Kritik.

Foodwatch-Geschäfts­füh­rer Martin Rücker warnte, dem Entwurf von Landwirt­schafts­mi­nis­te­rin Julia Klöck­ner (CDU) zufol­ge würden “sogar Skandal­be­trie­be aus der Katego­rie des Wurst­her­stel­lers Wilke deutlich selte­ner kontrol­liert werden” als bislang. Mit der Reform wolle die Minis­te­rin die Vorga­ben für die Kontrol­len absen­ken, um den “notori­schen Perso­nal­man­gel” bei den Kontrol­leu­ren zu “kaschie­ren”. Rücker forder­te statt­des­sen “unabhän­gi­ge Struk­tu­ren, Trans­pa­renz, einen konse­quen­ten Vollzug und endlich die nötigen Stellen” in den Kontrollinstanzen.

Der Präsi­dent des Bundes­ver­bands der beamte­ten Tierärz­te, Holger Vogel, warnte vor einem “Rückschritt beim vorbeu­gen­den gesund­heit­li­chen Verbrau­cher­schutz” durch die geplan­te Reform. Die Fokus­sie­rung auf anlass­be­zo­ge­ne Kontrol­len bedeu­te, “den Lebens­mit­tel­rechts­ver­stö­ßen und damit der Gefähr­dung der Verbrau­cher hinter­her­zu­lau­fen”. Der stell­ver­tre­ten­de Vorsit­zen­de des Verbands der Lebens­mit­tel­kon­trol­leu­re, Maik Maschke, mahnte, eine “Verrin­ge­rung der Kontroll­häu­fig­keit” dürfe nicht aufgrund der “Kassen­la­ge der öffent­li­chen Hand” erfolgen.

vzbv-Chef Klaus Müller beton­te, eine funktio­nie­ren­de und perso­nell gut ausge­stat­te­te Lebens­mit­tel­über­wa­chung sei für siche­re Lebens­mit­tel unerläss­lich. Klöck­ners Vorschlag dagegen “könnte die Arbeit der Lebens­mit­tel­über­wa­chung schwä­chen und ist somit das falsche Signal”. Eine Verlän­ge­rung der Inter­val­le zwischen den Kontrol­len schaf­fe zwar mehr Flexi­bi­li­tät für die Überwa­chung. Müller warnte jedoch davor, die Länder könnten die selte­ne­ren planmä­ßi­gen Kontrol­len nutzen, um Perso­nal abzubauen.

Das Landwirt­schafts­mi­nis­te­ri­um vertei­dig­te die Reform. Diese werde “nicht weniger, sondern deutlich mehr Kontrol­len jährlich in Deutsch­land” zur Folge haben, sagte ein Sprecher. Die stärke­re Fokus­sie­rung auf proble­ma­ti­sche Betrie­be sei ledig­lich eine Ergän­zung der Regel­kon­trol­len. Betrie­be mit entspre­chend hohem Risiko können und sollen demnach weiter­hin arbeits­täg­lich kontrol­liert werden.

Das Bundes­ka­bi­nett hatte Klöck­ners Neufas­sung der sogenann­ten Allge­mei­nen Verwal­tungs­vor­schrift Rahmen-Überwa­chung Ende Juli verab­schie­det. Laut Landwirt­schafts­mi­nis­te­ri­um setzt der Bund damit den Rahmen für wirksa­me­re und bundes­ein­heit­li­che Lebens­mit­tel­kon­trol­len, für die die Länder zustän­dig sind. Sie müssen der Vorschrift im Bundes­rat noch zustim­men. Laut Foodwatch könnte es im Bundes­rat bereits am 18. Septem­ber zur Abstim­mung kommen.

Wie oft die Behör­den einen Lebens­mit­tel­be­trieb besuchen und wie viele Lebens­mit­tel­kon­trol­leu­re die Ämter einstel­len, orien­tiert sich an der Risiko­ein­stu­fung dieser Unter­neh­men. Sie werden nach Betriebs­art und nach vorhe­ri­gen Kontroll­ergeb­nis­sen einge­stuft. So wird eine Metzge­rei häufi­ger kontrol­liert als ein Kiosk und ein immer wieder wegen Hygie­ne­män­geln auffäl­li­ger Betrieb häufi­ger als ein Vorzeigeunternehmen.

Mit der Verord­nung soll laut Klöck­ner sicher­ge­stellt werden, dass “Problem­be­trie­be” öfter kontrol­liert werden. Die Länder sollen nach ihrem Wunsch gleich­zei­tig sicher­stel­len, dass die anderen Lebens­mit­tel­un­ter­neh­men auch weiter­hin “in angemes­se­nem Umfang” überprüft werden.