Am Wochenende hat ein Labrador in Ulm sein schlafendes Frauchen ins Gesicht gebissen und schwer verletzt. Warum tut ein vermeintlich lieber Familienhund so etwas? Wir haben den Hundeexperten Peter Löser aus Fronhofen gefragt.
Wenn Hunde in Familien scheinbar aus dem Nichts zubeißen, wie gerade in Ulm geschehen, sind die Verzweiflung und auch die Fragezeichen groß. Die Ursachen können vielfältig sein und ohne die Beteiligten zu kennen, ist es kaum möglich, den Grund in diesem Fall zu finden. Doch gibt es allgemeine Gründe, die wir Therapeuten quasi als Checkliste im Kopf haben, um eine Ursache einzukreisen.
Als erstes schaue ich natürlich ob der Hund gesund ist: Die Palette der möglichen Ursachen für ein solches Verhalten reicht von Tumorerkrankungen, über nicht erkannte starke Schmerzzustände, hormonelle Erkrankungen u.v.m. Ohne gründlichen Gesundheits-Check würde ich als Hundepsychologe die Arbeit, auch in diesem Fall, gar nicht erst aufnehmen.
Als zweites nehme ich die Lebensumstände unter die Lupe: Zuwenig körperliche und geistige Auslastung, Misshandlungen, Rangfolge, zu viel Stress, die Liste die dazu führen können, einen schwierigen Hund zu haben ist lang.
Ein denkbares Szenario könnte sein, dass ein Hund, der sowieso schon Probleme macht und im oder am Bett mit dem Halter schläft, durch Träumen oder unabsichtliches Berühren einen Angriff oder Zurechtweisung auslöst.
Wenn Hunderassen, die man zu den sog. Familienhunderassen zählt, zubeißen, ist das Erstaunen meist groß. Genau darin liegt aber der Fehler. Ein Hund ist erstmal ein Hund. Unabhängig seiner Rasse. Und alle Hunde können im Problemfall ihre Zähne benutzen, um Dinge klarzustellen, sich zu verteidigen, zu jagen oder Ressourcen zu sichern.
Dabei spielt es für betroffene Menschen keine Rolle, ob ein Hund mehr oder weniger Beißkraft hat. Dass es Hunderassen gibt, die innerfamiliär ein besseres Sozialverhalten haben sollen als andere Rassen, ist eine verkaufsfördernde Argumentation von Züchtern.
Alle Hunderassen sind sehr familien- und rudelsozial. Sie reagieren dementsprechend auch sensibel auf falschen Umgang im Zusammenleben mit ihrer Familie. Oft nach außen und immer wieder auch innerfamiliär. Ich hoffe, die Halterin erholt sich schnell und die Umstände können in diesem Falle aufgeklärt werden.
Abschließend kann man sagen, dass Hundehalter auch immer im Hinterkopf behalten sollten, dass bei all dem Tollen was Hunde leisten, sie mit einem wehrhaften Tier zusammenleben. Dieses benötigt Lebensumstände, die an jahrtausendealte Rudelgesetze und Verhaltensweisen angelehnt sein sollten. Die Kenntnisse darüber wie über Körpersprache, Ausdrucksverhalten und Krankheiten von Hunden, hilft Haltern, sich anbahnende Probleme frühzeitig erkennen zu können.