BURGBERG IM ALLGÄU (dpa) — Was für eine Leistung! Triath­lon-Ass Jan Frode­no unter­bie­tet beim «Tri Battle Royale» im Allgäu seine Weltbest­zeit um fast eine Viertelstunde.

Jan Frode­no wankte und ließ sich zu Boden fallen, er schlug die Hände vors Gesicht und konnte es selbst nicht fassen.

Unter tosen­dem Beifall und dem lauten Bimmeln von Kuhglo­cken reckte er mit aller­letz­ter Kraft die Arme in den Himmel. Mit einer grandio­sen Leistung pulve­ri­sier­te der Triath­lon-Super­star seine eigene Weltbest­zeit über 3,8 Kilome­ter Schwim­men, 180,2 Kilome­ter Radfah­ren und 42,2 Kilome­ter Laufen und verschob die Grenzen in seiner Sport­art neu. «Was für ein Tag! Ich bin so glück­lich, obwohl ich so fertig bin», sagte Frode­no und rief erstmal nach einem Stuhl, auf den er sich setzen konnte.

«Selbst irgend­wie immer noch sprachlos»

Er absol­vier­te die Distanz am Sonntag im Allgäu trotz einer Schreck­se­kun­de mit einem Sturz auf der Laufstre­cke und «verpeil­ten Wechseln» in 7:27:53 Stunden. Im Duell mit Lionel Sanders blieb er als erster Mensch über diese Distanz unter sieben­ein­halb Stunden und unter­bot seine bishe­ri­ge Weltbest­zeit vor fünf Jahren und einem Tag in Roth um mehr als sieben Minuten (7:35:39). «Ich bin selbst irgend­wie immer noch sprach­los», sagte der dreima­li­ge Ironman-Weltmeis­ter, der auch den Strecken­re­kord beim Klassi­ker auf Hawaii hält.

Der Kanadi­er Sanders konnte mit dem rasan­ten Tempo, das Frode­no vom Start weg vorleg­te, nicht mithal­ten. Er kam bei dem spekta­ku­lä­ren «Tri Battle Royale» erst über eine Viertel­stun­de nach Frode­no in der immer noch Weltklas­se-Zeit von 7:43:32 Stunden ins Ziel. «Das ist etwas, was ich mein Leben lang nicht verges­sen werde», sagte er trotz des Rückstands und schlepp­te sich völlig erschöpft, barfuß und mit Bademan­tel in die Umklei­de­ka­bi­ne im Ziel in Burgberg.

«Kein Frode­no-Wetter» im Allgäu

Einen Monat vor seinem 40. Geburts­tag verlang­te Frode­no bei seiner unerbitt­li­chen Rekord­jagd sich selbst alles ab. Die Bedin­gun­gen hätten ungeach­tet der eigens ausge­wähl­ten super­schnel­len Strecke auch kaum schwe­rer sein können. Tempe­ra­tu­ren deutlich unter 20 Grad, dazu stunden­lan­ger Nieder­schlag. «Das war kein Frode­no-Wetter», sagte er.

Trocken war es fast nur, als Wärme-Liebha­ber Frode­no und Sanders sich auf den Weg zum Schwimm­start im Großen Alpsee machten. Auf einem Boot ging es raus auf einen Ponton. «Ich bin super­ner­vös, es ist surre­al, dass das jetzt passiert», hatte Frode­no vor dem Rennen gemeint.

Für das beein­dru­cken­de Panora­ma blieb den beiden Duellan­ten keine Zeit. Mit dem Start­schuss begann die wilde Jagd auf die Bestzeit, die Frode­no am 17. Juli 2016 aufge­stellt hatte. Wie zu erwar­ten, enteil­te er dem kanadi­schen Kontra­hen­ten gleich im Wasser. Vier Runden mussten geschwom­men werden, die Bojen waren so platziert, dass beide möglichst schnell um die Kurven kamen, zudem war eine Leine einen Meter unter Wasser gespannt zur besse­ren Orientierung.

Wechsel mit Schwierigkeiten

45:58 Minuten brauch­te Frode­no. 45:22 Minuten waren es in Roth gewesen. Sanders stieg satte fünf Minuten nach Frode­no aus dem Alpsee. Alles war auch für den ersten Wechsel perfekt vorbe­rei­tet, am Morgen hatten Frode­no und Sanders ihre High-Tech-Räder in den eigens angefer­tig­ten Boxen auf einem kleinen Podium abgestellt. Und dann das: Frode­no flutsch­te der Helm aus den Händen, das Visier flog in hohem Bogen durch die Luft. Ungläu­big hob Frode­no kurz die Arme, ehe er eiligst alles zusam­men­pack­te und auf sein Rad stieg.

Unter vier Stunden für die 180,2 Kilome­ter lange Radstre­cke — das war das Ziel. Eine Strecke wie unter Labor­be­din­gun­gen: Fast nur gerade­aus auf einer abgesperr­ten Bundes­stra­ße. Fünf Runden, eine spekta­ku­lä­re Steil­kur­ve beschleu­nig­te die Wenden. Mit gut 300 Watt Leistung raste Frode­no durch den mittler­wei­le hefti­gen Regen. Frode­nos Zeit auf dem Rad: 3:55:22 Stunden.

Er lag klar auf Weltbest­zeit­kurs, wieder aber dauer­te der Wechsel ein bisschen, weil er sich noch ein Polster aus dem Rennan­zug zuppel­te. Dann ging es los, ab auf den Marathon, der Regen wurde wieder stärker. Frode­no aber nicht schwä­cher, mit einer Herzfre­quenz von teilwei­se sogar unter 140 Schlä­gen und in der Minute und mit bis zu 15 Stunden­ki­lo­me­tern hämmer­te er über den 10,55 Kilome­ter langen Rundkurs.

Der Atem stock­te den Zuschaue­rin­nen und Zuschau­ern aber im Zielbe­reich, als Frode­no nach seiner ersten Runde dort auf dem klatsch­nas­sen Teppich ausrutsch­te. In der spani­schen Wahlhei­mat sorgten sich die Kinder bereits um das verspro­che­ne Spiel­zeug, berich­te­te Frode­nos aus dem sonni­gen Girona zugeschal­te­te Ehefrau Emma. Er selbst konnte es im Ziel dann auch mit Humor nehmen, nachdem ihm auf dem Rad die kühlen Tempe­ra­tu­ren doch zugesetzt hatten: «Da hat mir zum ersten Mal der Rücken nicht mehr wehge­tan, sondern die Hüfte».

Von Jens Marx, dpa