CARBIS BAY (dpa) — Es ist der erste Gipfel nach Trump: Mit Joe Biden wollen Merkel und Co. bei der inter­na­tio­na­len Zusam­men­ar­beit wieder stärker zusam­men­rü­cken. Corona, Klima und die Weltwirt­schaft sind die großen Herausforderungen.

Nach Jahren der Krise ziehen die USA und ihr neuer Präsi­dent Joe Biden mit den anderen führen­den westli­chen Demokra­tien wieder an einem Strang.

Am Freitag kamen die Staats- und Regie­rungs­chefs der G7 zu ihren Gipfel im südeng­li­schen Cornwall zusam­men, bei dem sie den Kampf gegen die Corona-Pande­mie mit der Spende von einer Milli­ar­de Impfstoff­do­sen entschei­dend voran­brin­gen wollen. Kanzle­rin Angela Merkel sagte bei ihrem Eintref­fen, Biden «reprä­sen­tiert das Bekennt­nis zum Multi­la­te­ra­lis­mus, das uns in den letzten Jahren gefehlt hat». Die «Ameri­ka zuerst»-Politik von Bidens Vorgän­ger Donald Trump hatte die G7 an den Rand der Spaltung gebracht.

Jetzt will die Gruppe in eine neue Ära starten und gestärkt aus der Krise hervor­ge­hen. Eine Einigung auf Impfstoff-Hilfen für die ganze Welt soll ein starkes Zeichen für den neuen Zusam­men­halt sein. Wie genau das Ziel von einer Milli­ar­de Impfstoff­do­sen erreicht werden soll, war am Freitag aber noch nicht ganz klar. Die USA haben schon 500 Millio­nen Impfdo­sen zugesagt, Großbri­tan­ni­en 100 Millio­nen. Eine Zusage Deutsch­lands fehlt noch. Trotz­dem bezeich­ne­te Biden das Vorha­ben bereits als «histo­risch».

UN-General­se­kre­tär António Guter­res begrüß­te die Impfspen­den-Initia­ti­ve zwar, mahnte aber deutlich mehr Einsatz an. «Eine Milli­ar­de ist sehr willkom­men. Aber offen­sicht­lich benöti­gen wir mehr als das», sagte er am Rande des Gipfels. Es gelte, schnell zu handeln und so viele Menschen weltweit wie möglich zu schüt­zen, bevor das Virus immun gegen Impfstof­fe werde, sagte Guter­res. Nötig sei ein globa­ler Impfplan. «Wir sind im Krieg mit dem Virus.»

Am Freitag­abend kamen die Staats- und Regie­rungs­chefs mit Queen Eliza­beth II., ihrem Sohn und Thron­fol­ger Prinz Charles und seiner Gattin Herzo­gin Camil­la sowie Enkel Prinz William und Ehefrau Herzo­gin Kate zu einem Empfang im Ökopark Eden Project zusam­men, einem botani­schen Garten gut 50 Kilome­ter vom Gipfel­ho­tel in Carbis Bay entfernt. Prinz Charles würdig­te dabei den Einsatz der G7 für den Klima­schutz. Der Kampf gegen die Corona-Krise zeige, wie erfolg­reich die Welt sei, wenn sie gemein­sam hande­le. Eine solche Zusam­men­ar­beit sei auch gegen die Klima­kri­se nötig, sagte Charles, der sich seit Jahrzehn­ten für den Umwelt­schutz einsetzt.

Am Samstag nehmen auch die Gastlän­der Indien, Austra­li­en, Südko­rea und Südafri­ka an den Beratun­gen teil — die indische Delega­ti­on wegen der angespann­ten Corona-Lage dort aber nur virtu­ell. Auf der Agenda des dreitä­gi­gen Gipfels steht auch die gewal­ti­ge Heraus­for­de­rung, die Weltwirt­schaft nach der größten Pande­mie in einem Jahrhun­dert wieder in Schwung zu bringen. Zudem geht es um den Kampf gegen den Klima­wan­del und den Umgang mit autori­tä­ren Staaten wie China und Russland, mit denen sich die westli­chen Demokra­tien zuneh­mend in einem Wettstreit der Syste­me sehen. Zur Gruppe der Sieben (G7) gehören die USA, Deutsch­land, Kanada, Großbri­tan­ni­en, Frank­reich, Itali­en und Japan. Auch die EU nimmt an ihren Treffen teil.

Bereits vor Beginn des Gipfels hatten Biden und Johnson ihre Impfstoff­zu­sa­gen gemacht. Merkel hält sich dagegen noch mit konkre­ten Angaben zum Beitrag Deutsch­lands zum Milli­ar­den-Ziel zurück. Sie verweist auf die Ausfuhr von schon mehr als 200 Millio­nen Dosen durch die EU. Deutsch­land stelle zudem rund eine Milli­ar­de Euro für das inter­na­tio­na­le Programm Covax bereit, was Geld für den Kauf von weite­ren etwa 200 Millio­nen Impfdo­sen entspre­che. Zudem verwies sie auf die Zusage, dass Deutsch­land bis Jahres­en­de 30 Millio­nen Dosen zur Verfü­gung stellen wolle.

Trotz­dem zeigte Merkel sich nach ihrer Ankunft in Cornwall demons­tra­tiv optimis­tisch. «Ich hoffe, dass wir hier sehr gute Ergeb­nis­se errei­chen, um zu zeigen: Wir denken nicht nur an uns, sondern wir denken auch an dieje­ni­gen, die noch keine Chance haben, geimpft zu werden» — vor allem in den Ländern Afrikas, aber auch in anderen Ländern. Zudem gehe es darum, wie man die Weltwirt­schaft wieder ankur­beln könne.

Am Rande des Gipfels wurde bekannt, dass die Kanzle­rin am 15. Juli nach mehr als drei Jahren erstmals wieder im Weißen Haus in Washing­ton empfan­gen wird. Es wurde erwar­tet, dass sie sich bereits am Wochen­en­de mit Biden erstmals seit dessen Amtsan­tritt zu einem persön­li­chen Gespräch treffen wird.

Für Biden ist es der erste große Gipfel und die erste Auslands­rei­se seit Amtsan­tritt. Für Merkel ist es der 15. und letzte G7-Gipfel. Den nächs­ten Gipfel 2022 in Deutsch­land wird schon ihr Nachfol­ger oder ihre Nachfol­ge­rin ausrichten.