MARXZELL (dpa) — Für einen schönen Garten wird man künftig tiefer in die Tasche greifen müssen: Infla­ti­on und Liefer­eng­päs­se machen auch vor dieser Branche keinen Halt. Der Nachfra­ge schadet das kaum.

Die Folgen des Ukrai­ne-Kriegs machen sich bis in den heimi­schen Garten bemerk­bar. Weil einige Bestand­tei­le von Dünge- und Pflan­zen­schutz­mit­teln vorran­gig aus der Ukrai­ne und Russland kommen, steigen die Preise deutlich, wie Anna Hackstein, Geschäfts­füh­re­rin des Indus­trie­ver­bands Garten, sagt. Da der Dünger Blumen­er­de beigemischt wird, sei diese genau­so von Preis­stei­ge­run­gen betrof­fen. Hinzu kämen auch beim Thema Garten höhere Energie­prei­se. Die Verar­bei­tung von Holzfa­ser­pro­duk­ten als Alter­na­ti­ve zu Torf etwa ist Hackstein zufol­ge sehr energie­in­ten­siv. «Da war die Lage vorher schon angespannt, jetzt ist sie noch angespannter.»

Zudem beein­flus­sen unter­bro­che­ne oder einge­schränk­te Liefer­ket­ten die Garten­bran­che: Viele Unter­neh­men bezögen zumin­dest Teile für Möbel, Grills und andere Geräte aus Asien, sagt Hackstein. Manche produ­zier­ten komplett dort. «Die sind immens betroffen.»

Zwei Euro mehr für den Kubik­me­ter Pflanzenerde

Noch sind manche Anstie­ge moderat: Bei Corthum kostet der Kubik­me­ter Pflan­zen­er­de 58 Euro netto ab Werk, 2 Euro mehr als vergan­ge­nes Jahr. Das Unter­neh­men aus Marxzell im Nordschwarz­wald belie­fert Garten- und Landschafts­bau­er sowie Händler wie Garten­cen­ter vor allem im Süddeutsch­land. Kunden können auch am Werk Produk­te wie Pflan­zen­er­de und Rinden­mulch kaufen. Die Preis­lis­ten gelten eigent­lich ein Jahr lang, wie Geschäfts­füh­rer Nick Burkhardt sagt. Zum ersten Mal hätten sie nun inner­halb des Jahres einzel­ne Preise angeho­ben. «Und nächs­tes Jahr müssen wir vielleicht etwas stärker anpassen.»

Auch Burkhardt verweist auf den Dünger. «Der ist extrem teuer gewor­den», sagt er. Organi­scher Dünger, den Corthum zu den Erden gibt, sei zeitwei­se überhaupt nicht liefer­bar gewesen. Gestie­ge­ne Sprit­prei­se wirken sich auf den Lkw-Fuhrpark aus. Und auch Folie für die Verpa­ckung sei bis zu 40 Prozent teurer gewor­den, sagt Burkhardt.

Der Handels­ver­band Heimwer­ken, Bauen und Garten spricht von einer wesent­lich höheren Zahl an Preis­er­hö­hun­gen. Auch spüre die Branche eine gewis­se Zurück­hal­tung der Verbrau­cher — gerade im Vergleich zu den beiden Corona-Jahren, in denen viele ihren Garten auf Vorder­mann brach­ten und kräftig inves­tier­ten. «Die haben uns die Bude einge­rannt, wortwört­lich», sagt Corthum-Geschäfts­füh­rer Burkhardt.

Allein die Bau- und Heimwer­ker­märk­te in Deutsch­land erziel­ten im vergan­ge­nen Jahr einen Brutto­um­satz von mehr als 24 Milli­ar­den Euro. Nach einem starken Anstieg im ersten Corona-Jahr war die Tendenz in vielen Segmen­ten 2021 aller­dings eher rückläufig.

«Jetzt schei­nen die Menschen eher abzuwar­ten, wie sich die Lage entwi­ckelt», sagt Verbands­spre­cher Jörn Brüning­holt. «Was kommt auf uns zu bei Heizkos­ten, beim Tanken, bei Lebens­mit­teln?» Die Leute seien vorsich­ti­ger gewor­den, ist sein Eindruck. «Im Augen­blick hat keiner so richtig Lust zu investieren.»

Aller­dings seien Hochbee­te nun sehr gefragt, sagt Brüning­holt — durch­aus auch hochwer­ti­ge. Sie würden sogar auf Balko­ne gebaut, auf dass sich die Menschen mit Tomaten, Radies­chen, Salat und Co. selbst versor­gen. «Aber das rettet so ein Jahr nicht.»

Die Renais­sance des Nutzgarten

Dennoch glauben die Branchen­ver­tre­ter, dass der Garten weiter ein wichti­ges Thema bei den Deutschen bleibt. Der Nutzgar­ten erlebe eine Renais­sance, sagt Gardena-Sprecher Heribert Wettels. Anders als früher sei das auch bei 20-Jähri­gen ein riesi­ges Thema. «Selbst wenn es nur ein Balkon ist, auf dem sie was pflan­zen.» Deutsch­land habe sich auch noch nicht so sehr mit dem Thema Wasser und Wasser­knapp­heit ausein­an­der­ge­setzt. «Das kommt jetzt und es kommt schnell.»

Aller­dings ist der Garten­boom aus Sicht des Ulmer Unter­neh­mens nicht nur der Corona-Pande­mie zu verdan­ken. «Das Thema Garten ist seit Jahren Trend», sagt Wettels. Erstmals knack­te Gardena im vergan­ge­nen Jahr die Milli­ar­den­schwel­le beim Umsatz. Damit habe sich dieser in den vergan­ge­nen sechs Jahren verdop­pelt. Und im ersten Quartal 2022 betra­ge das Plus fünf Prozent. «Die Nachfra­ge ist ungebrochen.»

Vom Garten als Zufluchts­ort spricht Verbands­spre­cher Brüning­holt. Hackstein wieder­um verweist darauf, dass manche Menschen es gerade in Krisen­zei­ten zu Hause schön haben wollten. «Wir gönnen uns was, dazu gehören auch schöne Pflan­zen.» In den Corona-Lockdowns sei der Garten mehr oder weniger alter­na­tiv­los gewesen, sagt sie — räumt aber ein, diesen Sommer würden sicher wieder mehr Menschen im Urlaub verreisen.

Auch Corthum-Geschäfts­füh­rer Burkhardt ist zuver­sicht­lich, dass Erde und Rinden­mulch weiter gekauft werden. «Die Landschafts­gärt­ner haben immer noch volle Bücher», sagt er. Nur wegen der Corona-Krise und des Ukrai­ne-Kriegs werde der Bau ja nicht einge­stellt. Insbe­son­de­re wollten viele Städte den Klima­schutz voran­trei­ben und sich für die Zukunft anpas­sen — da seien neue Pflan­zen ein wichti­ges Thema.

Von Marco Krefting, dpa