BERLIN (dpa) — Deutsch­lands Gasspei­cher sind fast komplett gefüllt. Die Menge würde rechne­risch ausrei­chen, um den Bedarf von zwei Winter­mo­na­ten zu decken. Das reiche also bei weitem noch nicht aus, sagt ein Behördenchef.

Deutsch­lands Gasspei­cher sind zu mehr als 95 Prozent gefüllt. Binnen 24 Stunden stieg der Füllstand um 0,17 Punkte auf 95,14 Prozent, wie aus Angaben von Europas Gasin­fra­struk­tur-Betrei­bern hervorging.

Eine Bundes­ver­ord­nung schreibt vor, dass die Anlagen am 1. Novem­ber zu mindes­tens 95 Prozent gefüllt sein müssen. Dieser Wert ist nun insge­samt erreicht. Aller­dings sieht die Regelung vor, dass jeder Speicher diese Vorga­be einhält. Dies ist nicht der Fall: Manche Anlagen liegen deutlich darüber, andere deutlich darunter.

Mengen­mä­ßig reiche das einge­spei­cher­te Gas für ungefähr zwei kalte Winter­mo­na­te, sagte der Präsi­dent der Bundes­netz­agen­tur, Klaus Müller. «Die gut gefüll­ten Speicher werden uns im Winter helfen.» Zugleich beton­te der Behör­den­chef, dass die Speicher längst nicht für die ganze Heizpe­ri­ode ausreich­ten und zusätz­li­che Anstren­gun­gen nötig seien. «Um eine Gasnot­la­ge im Winter zu vermei­den, müssen zusätz­lich die angesto­ße­nen Projek­te zur Erhöhung der Gasim­por­te reali­siert werden.» Dabei bezog er sich auf neue Flüssig­gas-Termi­nals an Deutsch­lands Küste, die zum Jahres­wech­sel ihre Arbeit aufneh­men sollen.

Außer­dem müsse die Gasver­sor­gung auch in den Nachbar­staa­ten stabil bleiben, und der inlän­di­sche Gasver­brauch müsse um mindes­tens 20 Prozent sinken, sagte Müller. «Da kommt es auf jeden Einzel­nen an.»

Mit Blick auf den in der vergan­ge­nen Woche um 29 Prozent gesun­ke­nen Gasver­brauch bei Haushal­ten und kleine­ren Firmen fügte er hinzu, dass dies großteils am warmen Wetter gelegen habe und dass solche Einspa­run­gen auch in einem kalten Winter erfol­gen müssten.

Müller: Winter 2023/2024 könnte schwie­rig werden

Müller wies darauf hin, dass der Füllstand der Speicher am 1. Febru­ar noch mindes­tens 40 Prozent betra­gen müsse. Im Febru­ar und März könne es noch sehr kalt werden, und die Speicher müssten für den Winter 2023/2024 wieder aufge­füllt werden. «Das kann schwie­ri­ger werden angesichts der dann fehlen­den russi­schen Gasmen­gen, die uns in diesem Sommer bei der Befül­lung der Speicher noch sehr gehol­fen haben.»

Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck hatte sich bereits in dieser Woche zum 95-Prozent-Füllstand geäußert. Die Speicher seien mit Blick auf das ausblei­ben­de Gas aus Russland überra­schend gut gefüllt. «Das ist eine Leistung», sagte Habeck auf dem Maschi­nen­bau­gip­fel. «Aber diese Leistung wurde natür­lich teuer erkauft, weil die Bedin­gung dafür auch war, dass die Indus­trie ihre Produk­ti­on nicht nur gedros­selt hat, sondern teilwei­se einge­stellt hat.» So sollte es nicht sein. Habeck sprach von guten Chancen, über den Winter zu kommen. Bei einem hohen Gasver­brauch laufe Deutsch­land aber auf «schwie­ri­ge­re Zeiten und Diskus­sio­nen» zu.

Speicher­stand wird während Heizpe­ri­ode stark sinken

Sebas­ti­an Blesch­ke vom Gasspei­cher-Verband Ines äußer­te sich nur verhal­ten optimis­tisch. «Trotz gut gefüll­ter Gasspei­cher wird der Winter nach wie vor eine große Heraus­for­de­rung sein.» Impor­te über die neuen Flüssig­gas-Termi­nals und Einfuh­ren über bestehen­de Termi­nals in anderen EU-Staaten seien immens wichtig, sagte der Geschäfts­füh­rer des Verbandes.

Wie geht es nun mit den Speichern weiter? «Wenn es so warm ist wie bisher, sind weite­re Einspei­che­run­gen bis hin zu 100 Prozent möglich», sagte Blesch­ke. Es werde technisch aber anspruchs­vol­ler, die letzten Prozent­punk­te zu erreichen.

In der Heizpe­ri­ode werde der Speicher­stand wohl trotz aller Anstren­gun­gen stark sinken. Auf die Frage, wie lange das einge­spei­cher­te Gas in diesem Winter vermut­lich reichen werde, sagte Blesch­ke: «Aufgrund des Wegfalls russi­scher Gasim­por­te ist es denkbar, dass die Speicher schon Ende Febru­ar oder Anfang März sehr stark entleert sein werden.»

Gasspei­cher bilden Puffer

Die Speicher gleichen Schwan­kun­gen beim Gasver­brauch aus und bilden einen Puffer für den Gasmarkt. In den vergan­ge­nen Jahren wurden an kalten Winter­ta­gen bis zu 60 Prozent des Gasver­brauchs in Deutsch­land aus inlän­di­schen Speichern abgedeckt.

In den Monaten nach dem Beginn des Ukrai­ne-Krieges fuhr Russland seine Liefe­run­gen an Deutsch­land schritt­wei­se runter. In der deutschen Politik war von einem «Energie­krieg» die Rede. Derzeit bezieht die Bundes­re­pu­blik Gas aus Norwe­gen, Belgi­en, den Nieder­lan­den sowie im kleinen Rahmen aus der Schweiz, die den Brenn­stoff aus Itali­en weiter­schickt. Geför­dert wird das Gas, das in Deutsch­land genutzt wird, unter anderem in den Nieder­lan­den, Norwe­gen, den USA und im arabi­schen Raum.