HEIDELBERG (dpa/lsw) — Die Norma­li­tät kehrt in kleinen Schrit­ten zurück. Ein kühles Blondes im Biergar­ten und ein Schnit­zel im Restau­rant sind jetzt in einigen Regio­nen möglich, weite­re sollen folgen. Für die Gastro­no­mie beginnt bei aller Freude auch eine Zeit der Herausforderungen.

Nach dem lang ersehn­ten Start der Locke­run­gen der Corona-Aufla­gen in mehre­ren Regio­nen stehen in den kommen­den Tagen weite­re Städte und Kreise bereit, um die Beschrän­kun­gen für Kneipen, Hotels und Geschäf­te zu verrin­gern. Sollte die Virus­be­las­tung nicht weiter steigen, könnten Gastro­no­men, Hoteliers und Einzel­händ­ler als nächs­tes im Landkreis Böblin­gen die Türen öffnen und Gäste begrü­ßen. Auch die Städte Baden-Baden und Karls­ru­he sowie der Orten­au­kreis, der Rhein-Neckar-Kreis, der Boden­see­kreis und die Kreise Freuden­stadt, Tübin­gen, Karls­ru­he, Rastatt, Sigma­rin­gen und Reutlin­gen wären dann im Laufe der Woche nach langer Zwangs­pau­se an der Reihe.

Als Voraus­set­zung für diesen Schritt müssen in einer Stadt oder einem Landkreis die Corona-Zahlen an fünf Werkta­gen nachein­an­der unter einer Inzidenz von 100 Anste­ckun­gen pro 100 000 Einwoh­nern liegen. In diesen weniger vom Virus belas­te­ten Kreisen hatte das Land die Einschrän­kun­gen in der Gastro­no­mie, im Touris­mus und in der Freizeit erheb­lich gelockert. Überschrei­tet ein Kreis die Marke von 100 an drei Werkta­gen hinter­ein­an­der, müssen die Öffnungs­schrit­te aller­dings auch wieder zurück­ge­nom­men werden.

Endlich wieder einkau­fen, einla­den und ausschen­ken, das gilt in einigen Kreisen und Städten Baden-Württem­bergs bereits seit Samstag. Bei regne­ri­schem Wetter war die Öffnung von Restau­rants und Cafés in Heidel­berg aller­dings eher verhal­ten angelau­fen. Mehre­re Betrie­be waren noch geschlos­sen, andere gingen mit verrin­ger­ter Außen­be­stuh­lung an den Start. Mehr Menschen als sonst zu Pande­mie-Zeiten bummel­ten durch die Stadt, gedrän­gelt wurde aber keineswegs.

Oberbür­ger­meis­ter Eckart Würzner (partei­los) sagte zum Start in der Univer­si­täts­stadt: «Das ist eine tolle Perspek­ti­ve, aber auch eine riesi­ge Heraus­for­de­rung für Gastro­no­mie und Hotel­le­rie und eine große Verant­wor­tung für uns alle.»

Denn mit den Öffnungs­schrit­ten sind auch Schwie­rig­kei­ten verbun­den: Die Gastro­no­men müssen genügend Mitar­bei­ter für Küche und Service zurück­ho­len, um überhaupt öffnen zu können. Vor Corona hatten sich in Heidel­berg Studie­ren­de mit Kellnern ein Zubrot verdient; doch viele von ihnen sind wegen des rein digita­len Studi­ums wieder nach Hause gezogen und stehen nicht zur Verfü­gung. Andere Mitar­bei­ter haben sich in den Einzel­han­del verab­schie­det. Auch die Waren­be­stel­lung ist nicht einfach. Gäste müssten deshalb mit abgespeck­ten Speise­kar­ten rechnen.

Die Kontrol­le der für den Besuch von Restau­rants erfor­der­li­chen Nachwei­se über Schnell­test, Genesung oder Impfung könnte zudem schwie­rig werden. Als geimpft gelten nur Menschen, deren vollstän­di­ge Impfung mindes­tens zwei Wochen zurück liegt. Doch viele Menschen haben erst die erste Dosis bekom­men, nur beim Impfstoff Johnson & Johnson reicht eine Sprit­ze aus.

Heidel­berg gehört wie Freiburg sowie die Kreise Main-Tauber, Konstanz, Emmen­din­gen und Breis­gau-Hochschwarz­wald zu den Kommu­nen oder Regio­nen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 seit mehre­ren Tagen. Der Deutsche Hotel- und Gaststät­ten­ver­band warnte bereits vor einem «Landkreis-Hopping» wegen der unter­schied­li­chen Inziden­zen. Im Zollern­alb­kreis liegt der Wert noch bei 202,3 (Stand Sonntag).

Angesichts unter­schied­li­cher Öffnungs­schrit­te in Gastro­no­mie und Touris­mus­be­trie­ben fordern Wirte und Hoteliers rund um den Boden­see eine Anglei­chung der Regeln. In der Vierlän­der­re­gi­on seien die «derzeit bestehen­den und vonein­an­der abwei­chen­den Regelun­gen immer beson­ders heraus­for­dernd», sagte der Geschäfts­füh­rer der Inter­na­tio­na­len Boden­see Touris­mus GmbH, Jürgen Amman, in Konstanz. Die Regeln sollten unbedingt harmo­ni­siert werden. Entspre­chen­de Forde­run­gen kamen auch aus dem Allgäu.

Vor allem die Bindung an eine Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 löst auf deutscher Seite Kritik aus. Während eine baldi­ge Öffnung von Touris­mus und Gastro­no­mie damit in weiten Teilen des Allgäus und dem Boden­see­kreis unwahr­schein­lich scheint, sind Tages­aus­flü­ge nach Öster­reich und in die Schweiz wieder möglich. Mit einem negati­ven Corona-Test können sich zudem Urlaubs­rück­keh­rer aus den beiden Ländern bei der Einrei­se von der Quaran­tä­ne­pflicht befreien.

Öster­reich plant die Öffnung von Touris­mus­be­trie­ben am 19. Mai. In der Schweiz sind Hotels, Bergbah­nen und Außen­gas­tro­no­mie schon geöffnet.

Auch in Deutsch­lands größtem Freizeit-Park, dem Europa-Park in Rust, wird inten­siv geplant: Anders als erwar­tet darf der Vergnü­gungs­park bei weiter niedri­ger Inzidenz am Freitag (21. Mai) öffnen. Er ist Teil eines Modell­pro­jekts des Sozial­mi­nis­te­ri­ums unter Beglei­tung der Univer­si­tät Freiburg. Die baden-württem­ber­gi­sche Corona-Strate­gie sieht Öffnun­gen für Parks eigent­lich erst einige Wochen später vor. Am ersten Tag sollen zunächst nur 3000 Besucher, danach 10 000 einge­las­sen werden, sagte Parkchef Roland Mack der «Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung» (FAZ/Samstag). Erlaubt wären 20 000 Menschen. Durch Corona hat der Park nach Angaben Macks bislang einen Umsatz­ver­lust von mehr als 300 Millio­nen Euro erlitten.