AALEN (dpa/lsw) — Jetzt geht die Arbeit der Gesund­heits­äm­ter in Sachen einrich­tungs­be­zo­ge­ne Impfpflicht richtig los. Deren Mitar­bei­ter müssen Tausen­den Impfgeg­nern auf den Zahn fühlen. Am Ende eines komple­xen Proze­de­re treffen sie eine schwie­ri­ge Entscheidung.

Im Zuge der Teilimpf­pflicht haben Pflege­hei­me, Klini­ken und ambulan­te Diens­te im Südwes­ten Tausen­de ungeimpf­te Mitar­bei­ter gemel­det. Nach Ablauf der Melde­pflicht Mitte der Woche beginnt für die Gesund­heits­äm­ter ein umfang­rei­ches Verfah­ren, dessen Ziel ein verbes­ser­ter Corona-Infek­ti­ons­schutz für vulnerable Gruppen in Einrich­tun­gen des Gesund­heits­we­sens ist. Dafür hat etwa das Landrats­amt im Ostalb­kreis einen Pool von bis zu 15 Beschäf­tig­ten vorge­se­hen. Sie sollen rund Tausend Fälle bearbei­ten, in denen weder ein Impf- oder Genesungs­nach­weis noch ein Attest vorge­legt wurden.

Während man in Aalen mit Bordmit­teln auskommt, hat das Stutt­gar­ter Gesund­heits­amt für das komple­xe Proze­de­re nicht nur intern Perso­nal verscho­ben, sondern auch kurzfris­tig beschäf­tig­te Mitar­bei­ten­de angestellt.

Nun werden alle Gemel­de­ten schrift­lich aufge­for­dert, dem Gesund­heits­amt einen Immuni­sie­rungs­nach­weis oder eine ärztli­che Befrei­ung vorzu­le­gen. Wird darauf­hin mitge­teilt, dass mit einer Impfse­rie bereits begon­nen worden ist, oder Impfbe­reit­schaft signa­li­siert, besteht zunächst Gelegen­heit, die Impfse­rie zu vervoll­stän­di­gen und entspre­chen­de Nachwei­se zu erbrin­gen. Bei Zweifeln kann eine ärztli­che Unter­su­chung angeord­net werden. Sollten keiner­lei Nachwei­se vorge­legt werden oder sich die Vorbe­hal­te gegen erbrach­ten Nachwei­se erhär­ten, können die Behör­den Betäti­gungs- oder Betre­tungs­ver­bo­te aussprechen.

Im Rhein-Neckar-Kreis haben 745 Einrich­tun­gen 3055 Beschäf­tig­tee gemel­det. «Das liegt etwas unter den von uns erwar­te­ten Zahlen», heißt es beim Landrats­amt. «Aller­dings hat das hohe Infek­ti­ons­ge­sche­hen der letzten Wochen sicher­lich zu einer deutli­chen Zunah­me der aktuell als “genesen” gelten­den Perso­nen geführt, die damit zumin­dest derzeit nicht unter die Melde­pflicht fallen», erklärt Spreche­rin Silke Hartmann. Kontrol­len etwa in Pflege­hei­men würden im Zug der mindes­tens einmal im Jahr vorge­se­he­nen Begehun­gen angekün­digt oder nicht angekün­digt vorge­nom­men. Ein IT-Programm mit den Daten der nicht gemel­de­ten Mitar­bei­ter erleich­te­re die Kontrol­le, ob tatsäch­lich für alle nicht gemel­de­ten Perso­nen Immuni­täts­nach­wei­se vorlie­gen oder einge­se­hen wurden.

Im Kreis Konstanz melde­ten mehr als 120 Einrich­tun­gen um die 800 Mitar­bei­ter. Meldun­gen wegen zweifel­haf­ter Attes­te habe es fast gar nicht gegeben. Beschäf­tig­te legten die Nachwei­se ärztli­cher Befrei­ung von der Impfpflicht aber dann häufi­ger vor, wenn sie zur Vorla­ge von Nachwei­sen aufge­for­dert werden. Bisher seien noch keine Stich­pro­ben vorge­se­hen. «Wir bearbei­ten derzeit die gemel­de­ten Fälle», heißt es im Landrats­amt. Den Gesamt­über­blick habe man nicht. «Wir haben keine Kennt­nis über die Existenz jegli­cher Einrich­tun­gen wie zum Beispiel Soloselbstständige.»

Der Landrat im Ostalb­kreis, Joachim Bläse, betont, dass bei der Entschei­dung, einem ungeimpf­ten Mitar­bei­ter die Tätig­keit zu unter­sa­gen, ein Ermes­sen besteht. «Das heißt, dass wir eine einzel­fall­be­zo­ge­ne Entschei­dung treffen und dabei alle maßgeb­li­chen Umstän­de berück­sich­ti­gen und gewich­ten müssen.» Deshalb werde auch dem Arbeit­ge­ber Gelegen­heit zur Stellung­nah­me gegeben. In jedem einzel­nen Fall würden der Infek­ti­ons­schutz einer­seits und die Versor­gungs­si­cher­heit der Bewoh­ner einer Einrich­tung oder der Patien­ten sowie die Funkti­ons­fä­hig­keit der jewei­li­gen Einrich­tung anderer­seits gegen­ein­an­der abgewogen.