LONDON (dpa) — Erst Kellne­rin­nen und Kellner, dann Lastwa­gen­fah­rer — und jetzt auch noch der Weihnachts­mann. Großbri­tan­ni­en fehlen, wieder einmal, essen­zi­el­le Arbeits­kräf­te. Über den Mangel in einer ungewöhn­li­chen Branche.

Hochsai­son für Santa Claus: Geschich­ten vorle­sen im Winter Wonder­land, Geschen­ke vertei­len im Kinder­gar­ten und dabei immer schön freund­lich und niemals in Eile sein.

Doch das ist in Großbri­tan­ni­en dieses Jahr gar nicht so einfach — denn der Bedarf ist riesig. Und es lässt sich auch gut damit verdie­nen. Die Stunden­löh­ne für profes­sio­nel­le Weihnachts­män­ner haben sich Medien­be­rich­ten zufol­ge teilwei­se mehr als verdreifacht.

Tages­löh­ne bis zu 800 Pfund

Der Grund: Die Santas fehlen. Auf der Jobsei­te Indeed etwa gibt es in diesen Wochen Hunder­te unbesetz­te Stellen. Gesucht werden Menschen, die bereit sind, sich tage- oder stunden­wei­se ins Weihnachts­kos­tüm zu werfen und all jene Aufga­ben zu überneh­men, die von Weihnachts­män­nern — oder in selte­ne­ren Fällen Weihnachts­frau­en — eben erwar­tet werden.

Es ist längst nicht die erste Berufs­grup­pe, bei der in Großbri­tan­ni­en dieses Jahr großer Mangel besteht. Im Spätsom­mer sorgten leere Super­markt­re­ga­le und ausge­trock­ne­te Tankstel­len für Schlag­zei­len, als Lastwa­gen­fah­rer fehlten, um Sprit und Waren von A nach B zu fahren. Auch Pubs und Bauern klagen über fehlen­des Personal.

Und nun also die Weihnachts­män­ner. «Santa und seine Helfer sind nicht immun gegen die Engpäs­se bei Saison­ar­bei­tern», sagte Jack Kenne­dy von Indeed kürzlich dem «Daily Star». Teilwei­se werden Tages­löh­ne von bis zu 800 Pfund (rund 936 Euro) geboten.

Der ungewöhn­li­che Santa-Engpass hängt eng mit der Pande­mie zusam­men. So waren es in der Vergan­gen­heit oft etwas ältere Männer, die die Rolle übernah­men — heute gehören sie zu den größten Risiko­grup­pen im Fall einer Corona-Infek­ti­on. Da der Weihnachts­mann-Job in den meisten Fällen mit vielen Kontak­ten einher­geht, dürften sich viele dagegen entscheiden.

Job-Exper­te Kenne­dy sieht außer­dem insge­samt weniger Nachfra­ge nach saiso­na­len Jobs. Da es derzeit in vielen Branchen Stellen­an­ge­bo­te gebe, gehör­ten die gelegent­li­chen Einsät­ze nicht zu den attrak­tivs­ten Optio­nen zum Geldverdienen.

Das Netzwerk Nextdoor, das Menschen online mit Nachbarn verbin­det, hat sich das Problem genau­er angeschaut. Eine Online-Umfra­ge unter 2000 briti­schen Erwach­se­nen, die das Meinungs­for­schungs­in­sti­tut Opini­um im Novem­ber durch­ge­führt hat, ergab, dass mehr als drei Viertel der Befrag­ten (78 Prozent) nicht damit rechnen, in diesem Jahr irgend­wo auf einen Weihnachts­mann zu treffen. Zumin­dest für einige fehlt damit etwas: Fast ein Drittel (31 Prozent) gaben an, enttäuscht zu sein, sollte ihre Weihnachts­zeit ganz ohne Santa auskom­men müssen.

Es werden freiwil­li­ge Helfer ausgebildet

Für das Netzwerk Grund genug, Abhil­fe zu schaf­fen: In mehre­ren Städten organi­sier­ten die Verant­wort­li­chen Santa-Trainings, wie Nextdoors Commu­ni­ty-Chefin Roisin O’Neill berich­te­te. «Darin lernen unsere Santa-Helfer alles, was sie brauchen, vom richti­gen “Ho, Ho, Ho” über Rentier-Namen, wie man sich verklei­det und schminkt, welche Wörter man verwen­det, wie man Kinder begrüßt, bis hin zu festli­chen Quiz-Spielen.» In London, Manches­ter, aber auch Wales und Schott­land bilde man so in diesen Wochen bis zu 100 freiwil­li­ge Helfer aus. «Die Reaktio­nen waren unglaub­lich», erzähl­te O’Neill.

Immer­hin: Jene profes­sio­nel­len Santas, die die weihnacht­li­che Arbeit auch in diesem Jahr verrich­ten, schei­nen trotz aller Hürden zufrie­den zu sein. Aus der Presse­stel­le von Rent-A-Santa heißt es auf Anfra­ge nur: «Grüße vom Nordpol-Haupt­sitz — es gibt nur einen Santa, und alles ist wunder­bar und sehr geschäftig.»

Von Laris­sa Schwe­des, dpa