BIBERACH – Die Stadt Biberach wird in den kommenden Jahren immer mehr Dachflächen von öffentlichen Gebäuden mit Photovoltaikanlagen bestücken. Jetzt ist mit der Vorstellung einer 620 Quadratmeter großen Anlage auf der Wilhelm-Leger-Halle offiziell mit der Umsetzung begonnen worden. Das habe eine große Signalwirkung, sagte Oberbürgermeister Norbert Zeidler.
Der Anstoß dazu kam von OB Zeidler: In seiner Haushaltsrede 2020 sprach er von einem „30-Dächer-Programm“, das in den nächsten Jahren verwirklicht werden soll. Und der Gemeinderat hat das im Juli 2020 beschlossen und er wird bei künftigen Neubauten verstärkt darauf achten, dass solche Anlagen berücksichtigt werden. Die Anlage auf der Leger-Halle hat eine Leistung von 126 kWpeak und erzeugt seit Juli 2021 Strom, der großteils in der Sporthalle und der Dollinger-Realschule genutzt wird.
Bisher war es üblich, dass die Stadt Dachflächen für die Nutzung von PV-Anlagen vermietet hatte. Wegen der stark rückläufigen Einspeisevergütungen ist das inzwischen allerdings keine Option mehr, sagte Robert Walz vom Gebäudemanagement. Deshalb nutzt die Stadt jetzt eigene Dachflächen für Stromerzeugung – auch als einen nicht unerheblichen Beitrag zur Energiewende. Der Betrieb der Anlage wird fernüberwacht; sie kostet 210 000 Euro.
Für Planung und Ausführung bei der Stadt waren Wolfgang Föhr und Robert Walz zuständig, als Planungsbüro fungierte das E‑Planwerk aus Altshausen. Die Herausforderung für Planer und Stadt war die Größe der Anlage mit über 100 kWpeak. Das machte eine Abschaltvorrichtung und eine TÜV-Abnahme notwendig, erklärte OB Zeidler. Außerdem werde der Strom direkt vermarktet, was auch für die Kämmerei Neuland in steuerrechtlicher Hinsicht sei. Ziel der Anlage ist eine Stromerzeugung pro Jahr von 136 000 Kilowattstunden (eine kWh kostet derzeit brutto 26 Cent). Damit kann der Strombezug um 104 000 kWh reduziert werden; Einspeisung und Vergütung machen 32 000 kWh jährlich aus.
Oberbürgermeister Zeidler betonte, dass es nicht bei dieser Anlage bleibt. Vielmehr werden in den nächsten Jahren weitere installiert, um sein „30-Dächer-Programm zur PV-Nutzung“ zu erfüllen. Auf dem Dach der Braith-Schule (20 kW), der Mali-Turnhalle (99 kW), des Dorfgemeinschaftshauses Rißegg (27 kW), auf den Kindergärten Sandgrabenstraße (29 kW) und Hauderboschen (29 kW) sollen Anlagen installiert werden; das sind in der Summe rund 200 kW. Und auch auf den Dächern der Grundschule Rißegg (27 kW) und der Mehrzweckhalle Mettenberg (78 kW) sind Anlagen vorgesehen. Für das Feuerwehrgebäude Biberach läuft momentan die Ausschreibung (266 KW). Und mehrere Dachflächen der Gymnasien sollen ebenfalls Photovoltaikanlagen erhalten.
Baubürgermeister Christian Kuhlmann rückte die Anlagen in einen größeren Zusammenhang: Sie seien ein wichtiger Baustein bei der CO2-Einsparung in der Stadt und sie passten bestens in das EEA-Konzept der Stadt. „Damit kommen wir dem Goldstandard, den wir nächstes Jahr anstreben, einen Schritt näher.“ (siehe Infokasten)
European Energy Award
Beim European Energy Award (EEA) handelt es sich um ein Qualitätsmanagement für die kommunale Energie- und Klimaschutzpolitik, das mit einer Zertifizierung, dem Award, verbunden ist. Dabei werden Maßnahmen initiiert und umgesetzt, die dazu beitragen, dass weniger Energie benötigt, erneuerbare Energieträger vermehrt genutzt und alle Ressourcen möglichst effizient eingesetzt werden. Die Stadt Biberach engagiert sich seit 2010 gemeinsam mit der e.wa riss in diesem Prozess. Im Juli 2014 erfolgte die erste Zertifizierung, die mit 65 Prozent der erreichbaren Punkte erfolgreich abgeschlossen wurde. Seit Anfang 2017 nimmt die Stadt auch an einem interkommunalen Vergleich mit den Städten Ulm, Friedrichshafen, Ravensburg und Bad Waldsee teil, der ausgewählte Indikatoren aus dem EEA-Prozess miteinander vergleicht. Konkrete Maßnahmen der Stadt sind zum Beispiel: Laufende Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED; Aufbau einer „Mobilitätszentrale“ am Bahnhof; Umstellung der städtischen Fahrzeugflotte auf Elektromobilität; Maßnahmen zur Temporeduktion innerstädtisch; Erstellung eines quartiersbezogenen Gebäudeenergiekatasters zur Erstellung einer energieeffizienten Planung und regenerativen Deckung des Wärmebedarfs über ein Fernwärmenetz. Die Zertifizierung für den Gold-Standard steht Mitte 2022 an und die Stadt ist nach Einschätzung der Energieagentur auf einem guten Weg.