STUTTGART (dpa/lsw) — Bei der Wahl zum türki­schen Präsi­den­ten geht es um die Entschei­dung. Und viele Türken in Baden-Württem­berg wollen ihr Recht wahrneh­men und diese Entschei­dung ein kleines bisschen beein­flus­sen. Der Andrang vor den Wahllo­ka­len in Stutt­gart und Karls­ru­he war zum Auftakt groß.

Die Stimm­ab­ga­be für die Stich­wahl um das türki­sche Präsi­den­ten­amt hat in Deutsch­land begon­nen. Auch in Baden-Württem­berg haben bereits am Samstag zahlrei­che Menschen ihre Stimme abgege­ben. Hunder­te reihten sich in die lange Schlan­ge vor dem Wahllo­kal im Stutt­gar­ter Stadt­teil Zuffen­hau­sen ein, auch in Karls­ru­he mussten Wählen­de teils mehre­re Stunden lange warten. Es sind zwei von mehre­ren Stand­or­ten in Deutsch­land, an denen türki­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge über den künfti­gen türki­schen Präsi­den­ten abstim­men können. Zwischen­fäl­le gab es nach Polizei­an­ga­ben nicht.

Bis zum 24. Mai sind die 1,5 Millio­nen Wahlbe­rech­tig­ten in ganz Deutsch­land dazu aufge­ru­fen, sich an den Urnen zwischen dem amtie­ren­den Präsi­den­ten Recep Tayyip Erdogan und seinem Heraus­for­de­rer Kemal Kilicda­ro­g­lu von der CHP zu entschei­den. Erdogan gilt vor der zweiten Runde im Inland wie im Ausland als Favorit, nachdem er die absolu­te Mehrheit in der ersten Runde am 14. Mai nur knapp verpasst hat.

Sein Vorsprung liegt auch an den Stimmen aus Deutsch­land: Beim ersten Wahlgang ging von insge­samt 3,4 Millio­nen wahlbe­rech­tig­ten Ausland­s­tür­ken zwar nur etwa die Hälfte zur Wahl. 57,7 Prozent davon stimm­ten aber für den amtie­ren­den Staats­chef. Kilicda­ro­g­lu kam auf knapp 40 Prozent der Stimmen. Auch in Deutsch­land gab nur etwa jeder zweite Wahlbe­rech­tig­te seine Stimme ab, 65 Prozent davon aber für Erdogan nach vorläu­fi­gen Zahlen. Bei den nun anste­hen­den Wahlen erwar­ten Beobach­ter ein ähnli­ches Wahlver­hal­ten der Wähler im Ausland. Die meisten der türki­schen Auslands­wäh­ler leben in Deutschland.

Heraus­for­de­rer Kilicda­ro­g­lu rief die Ausland­s­tür­ken eindring­lich zur Wahlbe­tei­li­gung auf. Die Stimme für die Stich­wahl abzuge­ben, sei «natio­na­le Pflicht» für die Bürger, wo immer sie auf der Welt seien, sagte Kemal in einer auf Twitter veröf­fent­lich­ten Anspra­che am Freitagabend.

Für die Türkei ist es die erste Stich­wahl über die Präsi­dent­schaft in ihrer Geschich­te. Im Inland sind rund 61 Millio­nen Menschen zur Wahl aufge­ru­fen. Dazu kommen rund 3,4 Millio­nen im Ausland leben­de Wahlbe­rech­tig­te. In Baden-Württem­berg leben laut Statis­ti­schem Landes­amt etwa 246.185 wahlbe­rech­tig­te Türken und Türkinnen.

Türken im Ausland konnten erstmals 2014 in eigens dafür einge­rich­te­ten Wahllo­ka­len abstim­men. Die Regelung geht auf Erdogan zurück. Sie sei eine der syste­ma­ti­schen Maßnah­men des heuti­gen Staats­chefs, die auf Migran­ten aus der Türkei und ihre im Ausland gebore­nen Kinder abzie­len, schreibt Sinem Adar für die Stiftung Wissen­schaft und Politik. Anders als die Opposi­ti­on mache Erdogan Politik für die Türken im Ausland, was sich an der Wahlur­ne für ihn auszah­le. In der Türkei wird die Möglich­keit der Wahl an der Urne im Ausland immer wieder kriti­siert, beson­ders von Oppositionellen.