BERLIN (dpa) — Die Politik strei­tet über die Gratis-Schnell­test in der Corona-Krise. Der Gesund­heits­mi­nis­ter will sie einschrän­ken. Es ist nicht das einzi­ge Thema mit Blick auf Corona, das für Diskus­sio­nen sorgt.

Die Frage, wie es mit den bislang breit verfüg­ba­ren kosten­lo­sen Corona-Schnell­tests weiter­ge­hen soll, spaltet auch die Ampel­ko­ali­ti­on. Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) will sie einschränken.

Die Grünen im Bundes­tag werben mit Blick auf den Herbst für weiter­hin flächen­de­ckend verfüg­ba­re Testan­ge­bo­te. «Die kosten­lo­sen Bürger­tests sind ein wirksa­mes Instru­ment, um den erfor­der­li­chen Überblick über das Infek­ti­ons­ge­sche­hen zu behal­ten», sagte der gesund­heits­po­li­ti­sche Sprecher der Grünen-Frakti­on im Bundes­tag, Janosch Dahmen, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die vom Bund finan­zier­ten Bürger­tests gibt es vorerst bis Ende Juni. Nach der bis dahin gelten­den Regeln haben alle ohne Anlass oder Sympto­me Anspruch auf mindes­tens einen Schnell­test pro Woche an Teststel­len durch geschul­tes Perso­nal und mit einer Bescheinigung.

Vorschlag: Test nur noch bei Symptomen

Lauter­bach hatte am Mittwoch vor der Gesund­heits­mi­nis­ter­kon­fe­renz in Magde­burg gesagt, in der Vergan­gen­heit seien Tests abgerech­net worden, die nicht durch­ge­führt wurden, und es seien Tests durch­ge­führt worden, die nicht notwen­dig gewesen seien. Nach einem Vorschlag des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums sollen nur noch Menschen mit Sympto­men für Gratis-Tests infra­ge kommen, dazu andere ausge­wähl­te Gruppen wie Klein­kin­der und Schwangere.

Der Frakti­ons­chef der Libera­len, Chris­ti­an Dürr, sagte der «Welt»: «Anlass­be­zo­ge­ne Testun­gen hält auch die FDP-Frakti­on weiter­hin für sinnvoll.» Wichtig sei, dass sich an den Kosten für die Bürger­tests auch die Länder betei­lig­ten. «Darüber müssen wir nun sprechen.»

Dahmen sagte, mit breit verfüg­ba­ren kosten­lo­sen Tests könnten Infek­ti­ons­ket­ten früh erkannt und unter­bro­chen werden. «Ohne Tests befin­den wir uns im Blind­flug.» Er warf Kriti­kern vor: «Das Gerede vom anlass­lo­sen Testen konstru­iert einen Mythos.» Niemand lasse sich gerne testen. Das allge­mei­ne Pande­mie­ri­si­ko sei ohnehin Anlass genug. «Wir dürfen einem wichti­gen Mittel wie den Tests keine unnöti­gen Hürden in den Weg stellen», sagte Dahmen. «Wir brauchen mit Blick auf den Herbst weiter­hin flächen­de­ckend verfüg­ba­re Testangebote.»

Sachsen-Anhalts Gesund­heits­mi­nis­te­rin Petra Grimm-Benne (SPD), die Vorsit­zen­de der Gesund­heits­mi­nis­ter­kon­fe­renz ist, verwies in Sachen Finan­zie­rung der Tests darauf, dass die Länder schon jetzt für Tests in Kitas und Schulen aufkä­men. Bayerns Ressort­chef Klaus Holet­schek (CSU) sagte, die Länder betei­lig­ten sich erst einmal nicht an weite­ren Kosten, das machten sie schon bei Impfzentren.

Die Gesund­heits­mi­nis­ter tagen noch bis zum Donners­tag in Magde­burg. Dabei geht es auch um gesetz­li­che Regelun­gen für den Herbst. Ergeb­nis­se der Beratun­gen sollen am Mittag vorge­stellt werden.

Anti-Corona-Medika­men­te sorgen für Diskussionen

Der Chef des Deutschen Hausärz­te­ver­bands, Ulrich Weigeldt, warnte unter­des­sen vor zu hohen Erwar­tun­gen an die Wirkung von Medika­men­ten gegen Corona. «Natür­lich ist es sehr erfreu­lich, dass Fortschrit­te bei der Entwick­lung wirkungs­vol­ler Medika­men­te gegen schwe­re Covid-Verläu­fe gemacht werden», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND). «Die Politik sollte aber nicht den Eindruck vermit­teln, dass die Ärztin­nen und Ärzte einfach nur mehr Anti-Corona-Medika­men­te verschrei­ben müssen und alles wird gut.»

Lauter­bach hatte kürzlich gesagt, es gebe sehr überzeu­gen­de Medika­men­te, die viel zu wenig einge­setzt würden. In Deutsch­land ist seit Febru­ar das Medika­ment Paxlo­vid auf dem Markt. Mit dem Mittel soll schwe­ren Verläu­fen entge­gen­ge­wirkt werden.

Weigeldt sagte: «Paxlo­vid kann für eine kleine Gruppe an Hochri­si­ko­pa­ti­en­tin­nen und Patien­ten sehr hilfreich sein, es ist jedoch kein «Gamech­an­ger» für die breite Bevöl­ke­rung.» Das Medika­ment habe eine Reihe an Wechsel­wir­kun­gen, müsse außer­dem bereits sehr früh in der Erkran­kung einge­nom­men werden.

«Einfach nur zu fordern, dass die Ärztin­nen und Ärzte den Rezept­block früher zücken sollten und wir haben die Pande­mie im Griff, wäre viel zu kurz gesprun­gen», sagte Weigeldt. Die Politik solle keine falschen Erwar­tun­gen wecken. «Die wirkungs­volls­te aller Maßnah­men ist und bleibt die Impfung.»