MAINZ (dpa) — Eine Telegram-Chatgrup­pe soll mit Anschlä­gen einen Black­out und «bürger­kriegs­ähn­li­che Zustän­de» geplant haben, sowie etwa eine Entfüh­rung von Gesund­heits­mi­nis­ter Lauter­bach. Ermitt­ler vermu­ten in der Gruppe sogenann­te Reichs­bür­ger und Gegner der Coronapolitik.

Mitglie­der einer Chatgrup­pe im Kurznach­rich­ten­dienst Telegram sollen in Deutsch­land Spreng­stoff­an­schlä­ge und Entfüh­run­gen geplant haben — etwa von Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD). Nun gingen Ermitt­ler unter der Feder­füh­rung der General­staats­an­walt­schaft Koblenz und des Landes­kri­mi­nal­am­tes (LKA) Rhein­land-Pfalz in einer ganzen Reihe von Bundes­län­dern gegen sie vor, wie sie am Donners­tag in Mainz berichteten.

Ermit­telt wird den Angaben zufol­ge gegen zwölf Perso­nen aus der Chatgrup­pe. Sie sollen vorge­habt haben, Einrich­tun­gen der Strom­ver­sor­gung zu zerstö­ren, um so einen bundes­wei­ten Strom­aus­fall auszu­lö­sen. Im Visier sollen Strom­lei­tun­gen und Umspann­wer­ke gewesen sein. «Damit sollten nach der Vorstel­lung der Beschul­dig­ten bürger­kriegs­ähn­li­che Zustän­de verur­sacht und schließ­lich das demokra­ti­sche System in Deutsch­land gestürzt werden», hieß es in einer Mittei­lung von General­staats­an­walt­schaft und LKA. Die Ermitt­lun­gen gegen die Gruppe liefen seit Oktober vergan­ge­nen Jahres.

Außer­dem soll die «Entfüh­rung bekann­ter Perso­nen des öffent­li­chen Lebens» Bestand­teil der Pläne der Gruppe gewesen sein. Nament­lich genannt als ein Ziel wurde von den Ermitt­lern Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach. «Manchen Covid-Leugnern geht es nicht um den Kampf gegen Impfun­gen oder Corona-Aufla­gen. Sie kämpfen gegen unsere demokra­ti­sche Grund­ord­nung», sagte Lauter­bach der «Bild am Sonntag». «Damit werden sie aber keinen Erfolg haben. Ich lasse mich dadurch nicht beirren, sondern setze mich weiter für die gesam­te Bevöl­ke­rung ein. Dieses Beispiel zeigt die Zerris­sen­heit unserer Gesell­schaft. Diese Spaltung zu überwin­den und Vertrau­en zurück­zu­ge­win­nen, bleibt Ziel meiner Politik.»

Der SPD-Politi­ker hatte wieder­holt von Drohun­gen gegen ihn berich­tet. Anfang März, nachdem der öster­rei­chi­sche Gesund­heits­mi­nis­ter Wolfgang Mückstein (Grüne) unter anderem wegen ständi­ger Anfein­dun­gen zurück­ge­tre­ten war, schrieb der Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter bei Twitter: «Es ist eine Schan­de, dass er durch Drohun­gen aus dem Amt gedrängt wurde. Auch ich werde rund um die Uhr bewacht und kenne diese Belas­tung.» Im vergan­ge­nen Herbst hatte Lauter­bach geschrie­ben: «Seit Tagen wird im Netz erneut dazu aufge­ru­fen, mich zu erschla­gen. Es ist absolut inakzep­ta­bel, dass so etwas nicht sofort gelöscht werden muss.»

Im Zuge der Ermitt­lun­gen gegen die Chatgrup­pe wurden den Angaben zufol­ge am Mittwoch 20 Objek­te in Rhein­land-Pfalz, Baden-Württem­berg, Branden­burg, Bayern, Nieder­sach­sen, Nordrhein-Westfa­len, Sachsen, Schles­wig-Holstein und Thürin­gen durch­sucht. Die meisten Aktio­nen gab es mit fünf in Rhein­land-Pfalz, jeweils drei waren es in Bayern und Nieder­sach­sen. Im Einsatz waren rund 270 Beamtin­nen und Beamte, darun­ter Spezi­al­ein­hei­ten. Sicher­ge­stellt wurden etwa Waffen, Muniti­on, Bargeld, Goldbar­ren und Silber­mün­zen. Vier Beschul­dig­te seien festge­nom­men worden, gegen sie seien Haftbe­feh­le beantragt worden.

Beschul­digt werden demnach Deutsche im Alter von 55, 54, 50, 42 und 41 Jahren, vorge­wor­fen werden ihnen die Vorbe­rei­tung einer schwe­ren staats­ge­fähr­den­den Gewalt­tat und Verstö­ße gegen das Waffen- und Kriegs­waf­fen­kon­troll­ge­setz. Zuzuord­nen seien die Perso­nen der Corona-Protest­sze­ne und der Reichs­bür­ger­be­we­gung. Diese Kombi­na­ti­on sei das Beson­de­re an dieser Gruppe, sagte LKA-Präsi­dent Johan­nes Kunz. Die Haupt­ver­däch­ti­gen sollen ein 55-Jähri­ger aus dem rhein­land-pfälzi­schen Neustadt/Weinstraße sowie aus Branden­burg sein. Der 55-Jähri­ge wurde demnach bei der Vorbe­rei­tung einer Waffen­über­ga­be festgenommen.