Nach zweiein­halb Monaten Corona-Lockdown dürfen Friseu­re wieder öffnen. Die ersten lockten schon mitten in der Nacht Kunden mit Wuschel­köp­fen und außer Form gerate­nen Frisu­ren in ihre Salons.

DORTMUND (dpa) — Es ist unmög­lich zu sagen, für wen die Erlösung am Montag kurz nach Mitter­nacht größer scheint: Für die Kunden, die nach Monaten ohne Friseur­be­such keine Minute länger auf einen Haarschnitt warten wollten. Oder für den Dortmun­der Friseur Marco Trapani.

Trapa­ni kann endlich wieder die Schere klappern und die Haarschnei­de­ma­schi­ne surren lassen. Wie seine Kolle­gen in anderen Bundes­län­dern musste auch er Mitte Dezem­ber seinen Salon zusper­ren, das zweite Mal in diesem Corona-Jahr. «Mitten im Weihnachts­ge­schäft. Das war schon ein Schlag in die Magen­gru­be», erinnert sich der 52-Jähri­ge. Aber an diesem ersten Tag im März, der vor wenigen Minuten erst begon­nen hat, strahlt er mit seinen Kunden um die Wette.

Zwei Frauen und vier Männer sind es, die einen der frühest­mög­li­chen Termi­ne ergat­tert haben: Um 0.01 Uhr lässt Trapa­ni die Konfet­ti-Kanonen knallen und wieder Leben in den Salon kehren. Nun trägt er schon der ersten Stamm­kun­din frische Strähn­chen­far­be auf. «Es wird höchs­te Zeit», sagt Sonia Leesberg. Sie betreibt ein Modege­schäft im Sauer­land — und rührt im Lockdown mit Fotos in den Sozia­len Medien die Werbe­trom­mel für ihre Ware. «Da will man natür­lich gut ausse­hen», sagt sie.

«Endlich kommt wieder Form rein», seufzt Markus Prand­zioch erleich­tert, als sich Trapa­ni wenig später seinem streich­holz­lan­gen Haar widmet. Für Prand­zioch ist der frische Schnitt an diesem Tag buchstäb­lich ein Geschenk: Er hat seit eben Geburts­tag — und daher «wohl am meisten gedrän­gelt, zu den ersten Kunden zu gehören», wie er sagt. Zwar habe seine Frau zwischen­zeit­lich mal die Matte gestutzt, aber nun sei er erleich­tert, dass sich wieder ein Profi kümme­re. Trapa­ni wuschelt, setzt die Schere an, wuschelt, blickt prüfend: «Sagen wir mal so: Deine Frau hat nicht so viel kaputt gemacht, als dass man es nicht retten könnte.»

Alle tragen vorschrifts­mä­ßig Maske — und auch die anderen Standards der Hygie­ne­kon­zep­te vom Hände­des­in­fi­zie­ren bis zum Abstand-Halten zu anderen Kunden kennt man aus der Zeit des ersten Lockdowns. An der Tür zu Trapa­nis Salon wirbt inzwi­schen außer­dem ein Aufkle­ber für höhere Sicher­heit durch eine Luftfilteranlage.

Seit klar war, dass die Friseu­re ab dem 1. März wieder losle­gen dürfen, habe das Telefon kaum still­ge­stan­den, berich­tet Rezep­tio­nist Mirko Konisch. «Der ganze März ist ausge­bucht», sagt er. Bundes­weit ist aus der Branche Ähnli­ches zu hören. Um dem Kunden­an­drang gerecht zu werden, wollen viele Betrie­be täglich länger und auch montags öffnen, hieß es vorab von den Fachver­bän­den. Einige wie Trapa­ni zelebrier­ten die Wieder­eröff­nung mit einer Nacht­schicht. Die Verlus­te der vergan­ge­nen Monate können solche Kunden­bin­dungs-Aktio­nen jedoch nicht wettma­chen, sagt der Dortmun­der Salon-Betrei­ber. Niemand könne zudem wissen, ob noch ein weite­rer Lockdown folge und wie die Kunden sich verhalten.

Morgens ab neun Uhr werden jeden­falls die nächs­ten Kunden bedient. Deswe­gen ist in der Nacht nach gut zwei Stunden Schich­ten­de. Sonia Leesberg mit ihren frischen blonden Strähn­chen und zu Wellen gedreh­ten Haaren ist auch fertig gestylt. Dass sie bis zu den Ohren lächelt, als sie das Ergeb­nis im Spiegel betrach­tet, ist trotz FFP2-Maske zu sehen. «Ich fühle mich wunder­bar. Ich könnte glatt ausge­hen», sagt sie und zuckt mit den Schul­tern. Sie wird warten müssen. Die Friseu­re haben Vorrang vor Restau­rants und Bars.