Nach seinem bitte­ren K.o. bei der Tour de France hat sich Primoz Roglic mit dem Gesamt­sieg bei der Vuelta zurück­ge­mel­det. Beim Showdown in den Bergen kommt es zum Sekun­den-Krimi. Auf der letzten Etappe gibt es einen deutschen Sieg mit Mini-Vorsprung.

Der Sprint­star aus der Pfalz holte sich mit einem wuchti­gen Sprint und minima­lem Vorsprung den Sieg auf der Schluss­etap­pe der Vuelta und gehör­te damit neben Gesamt­sie­ger Roglic zu den Protago­nis­ten auf den Straßen in Madrid. Der Slowe­ne holte sich nach einem packen­den Showdown am Samstag wie im Vorjahr den Vuelta-Triumph, nachdem er ein bitte­res Déjà-vu gerade noch abgewen­det hatte.

Entspre­chend gelöst war Roglic auf der Triumph­fahrt in der spani­schen Haupt­stadt. Bevor die Sprin­ter zum Zug kamen, wurden wie bei der Tour de France zu Beginn der komplett flachen Schluss­etap­pe bereits die Sieger­fo­tos geschos­sen. Arm in Arm mit dem Gesamt­zwei­ten Richard Carapaz und dem Dritten Hugh Carthy radel­te Roglic an der Spitze des Feldes. «Das ist sehr beson­ders. Wir haben ein großes Ding geschafft. Ich bin stolz auf meine Leistung», sagte Roglic, der nach Zielein­fahrt sein Rad in die Höhe stemmte.

Für solche Jubel­sze­nen fehlte Acker­mann die Kraft. Nach einem langen Sprint setzte sich Acker­mann in einer Milli­me­ter-Entschei­dung vor dem Iren Sam Bennett und seinem deutschen Lands­mann Max Kanter durch. «Ich war mir nicht sicher, dass ich gewon­nen habe. Ich bin so glück­lich. Meine Teamkol­le­gen haben mich super in Positi­on gebracht», sagte Ackermann.

Am Vortag hatte sich der frühe­re Skisprin­ger Roglic einen großen Kampf mit Carapaz um den Gesamt­sieg gelie­fert. «Ich hatte nicht immer alles unter Kontrol­le, aber ich habe meine Aufga­be erledigt. Ich habe nicht daran gezwei­felt», versi­cher­te Roglic. Sieben Wochen nach dem bitte­ren K.o. bei der Tour de France, als er am vorletz­ten Tag den schein­bar siche­ren Gesamt­sieg aus der Hand gegeben und das Gelbe Trikot im Einzel­zeit­fah­ren an seinen jungen Lands­mann Tadej Pogacar verlo­ren hatte, war die Welt wieder in Ordnung. Dieses Mal war er beim «großen Kampf» im Skige­biet Sierra Bejar Covatil­la nicht unter dem großen Druck eingebrochen.

Für einen Moment sah es aber so aus, als ob die bösen Geister Roglic wieder einho­len würden. Drei Kilome­ter vor dem Ziel attackier­te Carapaz, der Mann aus Ecuador fuhr Sekun­de um Sekun­de heraus. Zwischen­zeit­lich wies das virtu­el­le Gesamt­klas­se­ment nur noch 17 Sekun­den Vorsprung für Roglic aus. Doch diesmal zeigte Tony Martins Teamkol­le­ge keine Nerven. Mit einem Vorsprung von 24 Sekun­den wurde Roglic am Sonntag in Madrid geehrt.

Auch Chris Froome durfte vor der Schluss­etap­pe noch einmal auf das Podest klettern. Der vierma­li­ge Tour-de-France-Sieger bekam die Trophäe für seinen Gesamt­sieg 2011 überreicht. Dem Briten war der Sieg im vergan­ge­nen Jahr mit acht Jahren Verspä­tung zugespro­chen worden, nachdem der ursprüng­li­che Sieger Juan José Cobo wegen Abnor­ma­li­tä­ten im Biolo­gi­schen Pass disqua­li­fi­ziert wurde. «Das war ein wenig surre­al, die Trophäe jetzt zu bekom­men. Die Vuelta 2011 war der Wende­punkt in meiner Karrie­re. Danach hatte ich das Selbst­ver­trau­en, die Gesamt­wer­tung bei großen Rundfahr­ten in Angriff zu nehmen», sagte Froome.

In diesem Jahr spiel­te der Brite keine Rolle. Mit mehr als dreiein­halb Stunden wurde er in der Gesamt­wer­tung gelis­tet. Für Froome ging am Samstag eine Ära zu Ende. Es war sein letztes Rennen für den Ineos-Rennstall (vormals Sky). Im nächs­ten Jahr fährt er für das Team Israel Start-Up Nation.

Roglic hatte seinen knappen Vorsprung bei der Spani­en-Rundfahrt auch den 48 Bonus­se­kun­den zu verdan­ken, die er auf sechs Etappen einsam­mel­te. Ein schlech­tes Gewis­sen hatte er dabei nicht. «Wenn du gewinnst, schaust du am Ende nicht darauf, wie du es geschafft hast. Jeder hat die gleiche Chance, die Bonus­se­kun­den zu holen. Ich habe sie genom­men.» Mit vier Etappen­sie­gen und drei zweiten Plätzen hat sich der Mann aus Trbovlje das Rote Trikot aber auch verdient. Roglic wird die Saison als Weltrang­lis­ten­ers­ter beenden. Zwölf Saison­sie­ge, darun­ter auch der Triumph beim Klassi­ker Lüttich-Basto­gne-Lüttich dokumen­tie­ren ein heraus­ra­gen­des Jahr.

Dass in Zeiten von Corona die Radsport-Saison bis auf wenige Ausnah­men überhaupt durch­ge­zo­gen werden konnte, wertet Roglic als großen Gewinn: «Bei dem Zustand, in der die Welt ist, können wir glück­lich sein, dass wir Rennen fahren dürfen.»