HAMBURG/PALM SPRINGS (dpa) — «Ich habe mir eine Karrie­re aufge­baut, durch die Filme, die ich nicht gemacht habe», sagte Hardy Krüger einmal. Dem Schau­spie­ler gelang, was nur wenige seiner deutschen Kolle­gen geschafft haben.

Auf der Leinwand war er Großwild­jä­ger und Offizier, Natur­bur­sche und Sonny­boy — unter den deutschen Schau­spie­lern einer der wenigen Weltstars.

Der Blonde mit den blauen Augen und dem markan­ten Gesicht stand in Holly­wood mit Kolle­gen wie James Stewart, Claudia Cardi­na­le oder Sean Connery vor der Kamera. Er drehte mit Regis­seu­ren wie Stanley Kubrick, Richard Atten­bo­rough und Laurence Olivi­er. Erst legte Hardy Krüger eine rasan­te Karrie­re im Nachkriegs­deutsch­land hin, dann war er als «German Hero» und Frauen­schwarm ein inter­na­tio­nal gernge­se­he­ner Leinwand­held. Im Alter von 93 Jahren starb er am Mittwoch in seiner Wahlhei­mat Palm Springs, wie seine Agentur unter Berufung auf seine Ehefrau am Donners­tag mitteilte.

«Eberhard Glücks­pilz kommt nach Holly­wood» — so hatte es der als Franz Eberhard August Krüger gebore­ne Berli­ner mal rückbli­ckend beschrie­ben. Ein «wunder­schö­nes Leben» habe er gehabt, fand er selbst und blieb bis ins hohe Alter «neugie­rig und hungrig» auf noch mehr. Auch wenn er die Haupt­stadt immer wieder als sein wirkli­ches Zuhau­se («Meine Heimat ist Berlin, hier will ich auch beerdigt werden») bezeich­ne­te, pendel­te er lange Zeit seines Lebens zwischen Hamburg und Kalifor­ni­en. Der «Welten­bumm­ler» war er nicht nur im Fernse­hen, für das Krüger als Autor, Regis­seur und Haupt­dar­stel­ler der gleich­na­mi­gen Reihe spekta­ku­lä­re Gegen­den besuchte.

Mit 15 Jahren zum ersten Mal vor der Kamera

Hinaus in die Welt ging es für den jungen Hardy, bei Kriegs­en­de gerade 17 Jahre alt, schon früh: Im Alter von 15 Jahren war der Sohn Hitler-begeis­ter­ter Eltern für den NS-Film «Junge Adler» entdeckt worden, nach dem Krieg versuch­te er in Hamburg sein Glück als Schau­spie­ler. Ihm gelang eine Karrie­re auf deutschen Bühnen und als ewiger Sonny­boy in deutschen Unter­hal­tungs­fil­men. Aber er paukte auch fleißig Englisch-Vokabeln und arbei­te­te an seinem deutschen Akzent. Als er in der briti­schen Produk­ti­on «Einer kam durch» (1956) die Haupt­rol­le als deutscher Flieger­of­fi­zier Franz von Werra übernahm, schaff­te er auch inter­na­tio­nal den Durchbruch.

In der engli­schen Presse wurde Krüger zum Botschaf­ter seines Landes und in Holly­wood öffne­ten sich die Türen. Krüger drehte mit John Wayne («Hatari!», 1962) und mit James Stewart und Peter Finch («Der Flug des Phoenix», 1965). In rund 75 Filmen war er Haupt­dar­stel­ler, neben Abenteu­er­rol­len oft auch aufrech­te Offiziers­fi­gu­ren darun­ter. Zu einem Freund wurde ihm der franzö­si­sche Chanson­nier Charles Aznavour seit dem gemein­sa­men Antikriegs­film «Taxi nach Tobruk» (1960). «Auf Hardy kann man sich bedin­gungs­los verlas­sen», sagte Aznavour mal. Auch mit Cathe­ri­ne Deneuve, Yul Brynner, Orson Welles und Richard Burton stand Krüger vor der Kamera.

1963 erhielt die franzö­si­sche Produk­ti­on «Sonnta­ge mit Sybill» einen Oscar — «dass ihr Haupt­dar­stel­ler Hardy Krüger nicht nominiert war, lag an Holly­woods damali­ger notori­scher Scheu vor auslän­di­schen Schau­spie­lern», schrieb die «Frank­fur­ter Allge­mei­ne Zeitung», als sie ihn zum 80. Geburts­tag würdig­te. Sie erinner­te auch an die Frage, die Krüger in seiner Karrie­re immer wieder gestellt wurde: «Sind Sie Deutscher?» Sein «arisches» Ausse­hen hätte dem Schau­spie­ler zum Verhäng­nis werden können, habe Holly­wood ihm doch immer wieder Nazi-Rollen angetra­gen — aber «Krüger wende­te sie zu Charakterstudien».

Vom Lausbub zum Charakterdarsteller

Mit seiner Rollen­aus­wahl schaff­te er es, das negati­ve Klischee des «hässli­chen Deutschen» auf der Leinwand zu überwin­den. Und ihm gelang der Sprung vom ewigen Lausbub mit Strah­le­au­gen aus locke­ren Publi­kums­schla­gern wie «Das Mädchen aus der Südsee» (1950) zum ernst­zu­neh­men­den Charak­ter­dar­stel­ler wie in Helmut Käutners moder­ner «Hamlet»-Version «Der Rest ist Schwei­gen» (1959). «Ich habe mir eine Karrie­re aufge­baut, durch die Filme, die ich nicht gemacht habe», sagte er selbst. Er habe sehr sorgfäl­tig ausge­wählt, mit welchen Filme­ma­chern er arbei­te — «dadurch war ich in der Nähe der besten Regisseure».

Doch als aus dem Weltstar im Fernse­hen der «Welten­bumm­ler» wurde, brach die inter­na­tio­na­le Karrie­re ab. «Sie können nicht ungestraft von Holly­wood zehn Jahre lang wegblei­ben», sagte Krüger später. Gemeint war jene Zeit, als er mit persön­li­chen Reise­ta­ge­bü­chern das Fernseh­pu­bli­kum faszi­nier­te: Im TV erzähl­te er von 1987 bis 1995 für die ARD als «Welten­bumm­ler» von seinen Reisen. Außer­dem schrieb der begeis­ter­te Hobby-Flieger das Buch «Eine Farm in Afrika». Krüger, der die «Hatari!»-Farm gekauft hatte, lebte lange in Tansa­nia und ging mit seiner «Momel­la Game Lodge» bitter pleite.

An die «Hatari!»-Dreharbeiten mit John Wayne erinner­te er auch gern mit einer Anekdo­te in einem seiner Bücher: «Bottoms up!» — mit diesem Trink­spruch proste­te Wayne ihm damals zu. Dabei war Krüger vor ihm gewarnt worden: «Trink niemals mit dem Mann. Und rede mit ihm nicht über Politik.» Doch als er ihm gegen­über­stand, kündig­te Wayne sofort an: «Kid, wir heben nachher einen an der Bar.» Krüger konnte sich noch mit drei Löffeln Maisöl präpa­rie­ren und den «Brandy. Franzö­sisch. Dreistö­ckig» auf einen Doppel­ten herun­ter­han­deln, bevor es ernst wurde — und schließ­lich der junge Deutsche den US-Star unter den Tisch trank.

Drei Ehen

Seinen Memoi­ren «Wander­jah­re» folgten weite­re Bücher wie «Zarte Blume Hoffnung», nach langer Pause war er 2011 auch wieder in einem TV-Drama («Famili­en­ge­heim­nis­se») zu sehen. Dreimal war Krüger verhei­ra­tet, seit 1978 mit Anita Krüger. Zwei seiner drei Kinder traten als Schau­spie­ler in seine Fußstapfen.

Krüger selbst engagier­te sich derweil für ein anderes Projekt: Wenige Tage vor seinem 85. Geburts­tag starte­te er eine Initia­ti­ve gegen rechte Gewalt. Bei ihm waren es die Schau­spie­ler Hans Söhnker und Albert Florath, die seine Ansich­ten radikal verän­der­ten. «In einem halben Jahr haben sie es geschafft, aus dem Adolf-Hitler-Schüler einen Anti-Nazi zu machen», sagte er damals bei der Vorstel­lung des Projek­tes in Hamburg. Auch in seinem letzten Buch, «Was das Leben sich erlaubt — Mein Deutsch­land und ich», nimmt er sich des Themas erneut an und erzählt von seinem Aufwach­sen in NS-Deutschland.

Seine damali­gen Co-Autoren sowie Agenten, Olaf Köhne und Peter Käffer­lein, schrie­ben in der Mittei­lung zum Tod Krügers am Donners­tag: «Der Schau­spie­ler, Schrift­stel­ler und Welten­bumm­ler engagier­te sich zeitle­bens gegen das Verges­sen der Naziver­bre­chen. Der Kampf gegen Rassis­mus und die Aufklä­rung der Jugend waren sein persön­li­ches Lebens­werk. Seine Herzens­wär­me, seine Lebens­freu­de und sein unerschüt­ter­li­cher Gerech­tig­keits­sinn werden ihn unver­ges­sen machen.»

Von Dorit Koch, dpa