STUTTGART/MANNHEIM (dpa/lsw) — Vesper­kir­chen wurden in diesem Winter dringen­der denn je benötigt. Im Südwes­ten verzeich­ne­ten fast alle mehr Zulauf als vor Corona. In der Vesper­kir­che geht es aber nicht nur ums Essen.

Ein warmes Essen in Gemein­schaft genie­ßen — dieses Angebot der Vesper­kir­chen im Südwes­ten wird in Zeiten von steigen­den Lebens­mit­tel- und Energie­prei­sen verstärkt angenom­men. So gibt die Stutt­gar­ter Leonhards­kir­che täglich 700 Essen aus. Das seien 100 mehr als im Vorjahr, sagte Diako­nie­pfar­re­rin Gabrie­le Ehrmann, Leite­rin der Vesper­kir­che, in einer Zwischen­bi­lanz der bis 4. März dauern­den Aktion. Auch in Karls­ru­he und Mannheim wurde mehr Zulauf verzeich­net. Die seit Anfang Januar laufen­den Angebo­te dort gehen am Sonntag zu Ende.

Für das Mahl zahlt in Mannheim jeder so viel, wie er kann. Über 18.000 Essen gaben viele ehren­amt­li­che Helfer in den vier Wochen aus. In Karls­ru­he war das Essen prinzi­pi­ell gratis und in Stutt­gart wurde um mindes­tens einen Euro pro Gast gebeten. Die Vesper­kir­che selbst zahlt für jede Mahlzeit über fünf Euro an den Lieferanten.

«Viele Gäste finden Obst und Gemüse zu teuer», hat die Stutt­gar­ter Pfarre­rin Ehrmann beobach­tet. Zu den Besuchern gehör­ten zahlrei­che Menschen, die in irgend­ei­ner Weise angeschla­gen oder krank seien oder kleine Renten bezie­hen würden. «Ein ganz großes Thema ist die Einsam­keit», berich­tet Ehrmann. Die Gesprä­che beim und nach dem Essen würden nach der coronabe­ding­ten Umstel­lung auf Essen zum Mitneh­men sehr genos­sen. Derzeit werden noch 200 Essen pro Tag nach Hause mitgenommen.

Neben dem Essen seien auch die kosten­lo­sen Termi­ne bei Tier‑, Zahn- und Allge­mein­ärz­ten sowie Fußpfle­gern sehr beliebt, erzählt Ehrmann. Solche Dienst­leis­tun­gen waren auch in Karls­ru­he der Renner. Auch in der Kleider­kam­mer hätten sich viele Besucher einge­deckt. Die Karls­ru­her Pfarre­rin Lara Pflaum­baum berich­tet von mehr Zukunfts­ängs­ten der Gäste der Johan­nis-Kirche: «Sie wissen nicht mehr, wie sie ihr Leben finan­zie­ren sollen.»