OCHSENHAUSEN — Nach sieben Jahren im TTF-Dress wird Hugo Calder­ano den TTF Liebherr Ochsen­hau­sen ab der kommen­den Saison nicht mehr als Spieler zur Verfü­gung stehen.

Diese Entschei­dung fiel einver­nehm­lich und ist der beson­de­ren Situa­ti­on des 24-jähri­gen Brasi­lia­ners geschul­det, der in Ochsen­hau­sen zur Nummer sechs der Welt wurde. Calder­ano, längst nicht mehr nur in seinem Heimat­land ein Star, muss als einer der Topspie­ler der Welt aufgrund der neuen inter­na­tio­na­len Turnier­struk­tu­ren des Weltver­ban­des künftig über Monate bei inter­na­tio­na­len Spitzen­events vertre­ten sein, um seine Positi­on zu halten und seiner Leistungs­stär­ke entspre­chend zu verdie­nen. Dazu kommen Olympi­sche Spiele, Weltmeis­ter­schaf­ten, Weltcup, die großen Süd- und Paname­ri­ka-Turnie­re sowie Einsät­ze in der brasi­lia­ni­schen Natio­nal­mann­schaft. Somit wird er schon in diesem Jahr inter­na­tio­nal im Dauer­ein­satz sein und hätte nur für ganz wenige Bundes­li­ga­spie­le zur Verfü­gung stehen können.

Die Situa­ti­on wird zudem durch die unsiche­re Corona-Situa­ti­on verschärft, die weiter­hin länge­re Quaran­tä­ne­zei­ten vor und nach den inter­na­tio­na­len Events möglich erschei­nen lässt, sodass die betref­fen­den Topspie­ler noch länger ausfal­len. Es sind im Übrigen neue inter­na­tio­na­le Turnier­struk­tu­ren geschaf­fen worden, die – dem Spitzen­ten­nis mit seinen Grand-Slam-Turnie­ren nicht unähn­lich – sehr unglück­lich für das Mannschafts­tisch­ten­nis und die Profi­ver­ei­ne sind.

Nach reifli­cher Überle­gung: Sinnvol­ler Schritt für beide Seiten

Calder­ano hat seit Wochen überlegt, wie er es bewerk­stel­li­gen könnte, seinen zahlrei­chen inter­na­tio­na­len Verpflich­tun­gen nachzu­kom­men und gleich­zei­tig seinen Vertrag in Ochsen­hau­sen auch weiter­hin zum Nutzen der TTF zu erfül­len – er ist dem Verein eng verbun­den und möchte stets Bestleis­tun­gen für diesen erbrin­gen. Er hätte in Anbetracht der neuen inter­na­tio­na­len Turnier­si­tua­ti­on den TTF jedoch zumin­dest in der Saison 2021/22 nur äußerst begrenzt zur Verfü­gung stehen können. Die Unwäg­bar­kei­ten waren für beide Seiten einfach zu groß.

Zum Weltstar geformt: Acht erfolg­rei­che Jahre in Ochsenhausen

Als Hugo Calder­ano in Ochsen­hau­sen begann – er war zunächst ein Jahr Student im Liebherr Masters College (LMC) und trägt nun im siebten Jahr den TTF-Dress – stand er auf Positi­on 178 in der Weltrang­lis­te, in Ochsen­hau­sen wurde er zum Weltstar und hatte es bereits 2018 auf Positi­on sechs des inter­na­tio­na­len Rankings geschafft, wo er bis heute steht. Er wurde in Ochsen­hau­sen zum Tisch­ten­nis­star und erhielt hier durch die Toptrai­ner in Verein und College alle maßgeb­li­chen Impul­se für seine Entwicklung.

Der vielfa­che Paname­ri­ka- und Südame­ri­ka-Champi­on hat in Ochsen­hau­sen bis heute 106 Bundes­li­ga­mat­ches bestrit­ten, seine Bilanz lautet 74:32. Hinzu kommen eine Reihe von Spielen im Pokal und in der Champi­ons League, ebenfalls mit hoch positi­vem Ergeb­nis. Bereits in seiner ersten Bundes­li­ga­sai­son 2014/15 konnte er eine positi­ve Bilanz erzie­len, in der laufen­den Spiel­zeit zählt er aktuell mit 11:1 zu den vier besten Spielern der stärks­ten Liga Europas – bis Diens­tag war er sogar ungeschla­gen geblieben.

Die TTF Liebherr Ochsen­hau­sen bedan­ken sich schon jetzt bei Hugo Calder­ano ganz herzlich für alles, was er sport­lich geleis­tet und auch zwischen­mensch­lich gezeigt hat, und freuen sich, dass ein ganz enger Kontakt durch seinen Verbleib in der Trainings­grup­pe und dem LMC bestehen bleibt. Sie wünschen ihm größt­mög­li­che inter­na­tio­na­le Erfol­ge und werden ihn auf seinem Karrie­re­weg weiter fördern und unter­stüt­zen. Vielleicht führen die Wege ja auch im Mannschafts­tisch­ten­nis eines Tages wieder zusammen.

Pejino­vic: „Hugo ist Teil von uns und unserer Philosophie“

„Uns war bewusst, dass dieser Tag irgend­wann kommen würde“, sagt TTF-Präsi­dent Kristi­jan Pejino­vic. „Dennoch fällt es uns nicht leicht, dies bekannt zu geben, zu sehr sind wir mit Hugo und er mit uns verbun­den. Er ist Teil von uns und unserer Philo­so­phie, junge Topta­len­te zur Weltspit­ze zu bringen, und wurde durch unsere Trainer zum Weltstar geformt – was natür­lich ohne unsere zuver­läs­si­gen Partner, die uns auch im Zeichen von Corona treu zur Seite stehen, nicht möglich gewesen wäre. Auch sie haben Anteil an Hugos außer­ge­wöhn­li­chen Erfol­gen.“ Pejino­vic skizziert nochmals kurz die Proble­ma­tik: „Wir standen seit Wochen deswe­gen in ständi­gem Kontakt und haben hin und her überlegt, wie wir das Problem für beide Seiten vernünf­tig lösen können. So schwer es uns fällt, sind wir davon überzeugt, dass dieser Schritt der richti­ge ist. Durch die neuen inter­na­tio­na­len Turnier­for­ma­te mit Top-Antritts­gel­dern und die Unwäg­bar­kei­ten wegen Corona ist die Situa­ti­on sowohl für Hugo als auch für uns unkal­ku­lier­bar geworden.“

Doch das Kapitel Calder­ano, der alles versu­chen möchte, mit seinem Team die Play-offs und eventu­ell noch mehr zu errei­chen, ist in Ochsen­hau­sen damit ja gar nicht komplett beendet. „Wir freuen uns, dass er weiter bei uns in Ochsen­hau­sen sein wird und der auch mensch­lich hervor­ra­gen­de Kontakt bestehen bleibt“, betont Pejino­vic. „Hugo ist erst 24, vielleicht ergibt sich ja in den nächs­ten Jahren eine Gelegen­heit, dass er auch wieder in unserem Team spielen kann. So oder so wünschen wir Hugo alles erdenk­li­che Gute auf seinem weite­ren Karriereweg.“

Calder­ano: „Mein Herz wird immer für die TTF schlagen“

„Ich hatte eine ganz tolle Zeit in Ochsen­hau­sen seit 2014 und sie ist ja noch nicht zu Ende“, so Hugo Calder­ano. „Die TTF und das Liebherr Masters College haben mir sehr dabei gehol­fen, mich als Spieler und als Mensch zu entwi­ckeln. Mein Herz wird immer für die TTF schla­gen.“ Der Brasi­lia­ner, der inzwi­schen fast perfekt Deutsch spricht, erklärt: „Ich muss mich jetzt auf meine Karrie­re und die inter­na­tio­na­len Turnie­re fokus­sie­ren. Von daher denke ich, dass die Entschei­dung für mich und den Verein richtig ist. Ich werde weiter in Ochsen­hau­sen leben und trainie­ren, weil hier die optima­le Struk­tur gegeben ist und ich mich hier weiter verbes­sern kann.“ In der laufen­den Saison hat Calder­ano noch einiges mit den TTF vor: „Ich bin natür­lich bis zum letzten Match voll dabei und werde alles dafür geben, dass wir die Play-offs errei­chen. Und es wäre traum­haft, wenn ich mich vom Team mit einem Titel verab­schie­den könnte.“